Julia Quinn: Penelopes pikantes Geheimnis

„Penelopes pikantes Geheimnis“ ist das vierte der Bridgerton-Bücher von Julia Quinn und handelt von Colin, dem drittältesten Sohn der Familie Bridgerton, und Penelope Featherington, einer Freundin seiner jüngere Schwester Eloise. Bevor ich auf den Inhalt eingehe, muss ich mich (mal wieder) über den deutschen Verlag beschweren. Sowohl der Titel (der im englischen einfach nur „Romancing Mr. Bridgerton“ lautet), als auch der Klappentext verraten den Knackpunkt der Geschichte. Wirklich sehr geschickt …

Die Handlung spielt im Jahr 1824 und zwölf Jahre zuvor erlebte Penelope Featherington ihre erste Saison. Da sie kaum siebzehn Jahre alt war, hätte sich ihre Mutter noch etwas Zeit damit lassen können, vor allem, da Penelope damals nicht nur recht reizlos war, sondern auch noch gut 12 Kilo Babyspeck zuviel auf den Hüften hatte. Bei all diesen Minuspunkten half es auch nicht, dass das Mädchen extrem schüchtern und unbeholfen im Umgang mit anderen Menschen war – und von ihrer Mutter ständig in gelbe Kleider gesteckt wurde, obwohl diese Farbe ihr so gar nicht stand.

Eine Saison nach der anderen stand Penelope also am Rand der Tanzfläche, versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr es sie kränkte, dass sie so wenig beachtet wurde und fand nur Trost in ihrer Freundschaft zu Eloise Bridgerton. Diese hingegen schätzte die Intelligenz und den Humor ihrer Freundin – und da Eloise keine Lust hatte einen ihrer vielen Anbeter zu heiraten, planten die beiden Mädchen zusammen in einem netten Häuschen in Bath alt zu werden, sobald ihr Status als „alte Jungfer“ von der Gesellschaft akzeptiert wurde. Doch bis zu diesem Zeitpunkt spielt die inzwischen 28jährige Penelope auf Bällen die Anstandsdame für ihre jüngere Schwester und ist heilfroh, dass sie sich zu den anderen „älteren“ Frauen zurückziehen darf und nicht mehr am Rande der Tanzfläche auf einen Kavalier warten muss.

Und doch gibt es einen Tanzpartner, der ihr Herz höher schlagen lässt: Colin Bridgerton, der ältere Bruder ihrer Freundin Eloise. In diesen hatte sich Penelope schon vor vielen Jahren verliebt und das Gefühl hatte sich im Laufe der Zeit nur vertieft. Obwohl ihr bewusst war, dass er ihr gegenüber nur genauso freundlich war, wie zu allen anderen Freundinnen seiner Schwestern, genießt sie seine kleinen Aufmerksamkeiten und die Höflichkeit, mit der er sie bei jedem Ball um einen Tanz bat (auch wenn beide wussten, dass er von seiner Mutter geschickt wurde, der das Mädchen am Rande der Tanzfläche leid tat). Auch Colin war – trotz seiner 33 Jahre und den diversen Verkupplungsversuchen seiner Mutter – noch nicht verheiratet und es war allgemein bekannt, dass er regelmäßig auf ausgedehnte Reisen ging, wenn seine Familie zu offensiv versuchte, ihn mit einer Ehefrau zu versorgen.

Zu Beginn dieser Geschichte war Colin gerade erst wieder nach London zurückgekehrt, um auf dem Geburtstagsball seiner Mutter anwesend zu sein. Was weder er noch irgendein anderer Ballbesucher ahnt, ist, dass die ältere – und als exzentrisch verrufene – Lady Danbury gerade auf diesem Ball beschließt, dass sie eine hohe Belohnung für denjenigen aussetzt, der ihr die Identität der geheimnisvollen Lady Whistledown verrät. Denn sie ist es leid, dass sich jeder darüber beklagt, wie langweilig diese Saison doch sei und erhofft sich durch die Jagd nach der beliebten, aber anonym schreibenden, Klatschkolumnistin gute Unterhaltung. Und während sich die feine Gesellschaft gegenseitig verdächtigt, all die pikanten Details, die mit spitzer Feder niedergeschrieben wurden, verfasst zu haben, kommen sich Colin und Penelope näher.

Auch dieses Bridgerton-Buch hat mich wieder wunderbar unterhalten. Obwohl die Geschichte nicht so zauberhaft ist, wie die Aschenputtel-Variante in „Wie verführt man einen Lord?“ und weder Penelope noch Colin so … hm … herausragend sind, wie die anderen Charaktere der Bridgerton-Reihe, mag ich die beiden einfach. Ich finde es bewundernswert mit wieviel Haltung Penelope durch’s Leben geht, wie sie auf einen ruhigen Lebensabend mit der Freundin hofft und versucht etwas Befriedigung in den kleinen glücklichen Momenten in ihren langweiligen Alltag zu finden. Colin hingegen ist keine so dramatische Gestalt wie seine älteren Brüder oder Simon Basset, der mit Colins Schwester Daphne verheiratet ist, aber ein netter Kerl, der es leid ist, dass alle Welt in ihm nur „einen Bridgerton“ und kein Individuum sieht. Für Penelope sind seine „Probleme“ nur Jammern auf hohem Niveau und doch erkennt sie, dass es für ihn fast genauso schlimm ist, dass er kein Aufgabe im Leben hat, wie für sie, dass keiner von ihr mehr als das eher reizlose Äußere wahrnimmt.

Auch wenn mich diese Geschichte nicht so mitgerissen hat, wie es die anderen Bücher taten, so fand ich es doch sehr angenehm mal so ein normales Pärchen verfolgen zu dürfen. Zu sehen wie Colin so nach und nach entdeckt, dass hinter Penelopes unauffälligem Äußeren (wobei sie sich auch da deutlich gemausert hat, seitdem nicht mehr ihre Mutter ihre Kleidung aussucht) ein scharfer Verstand und ein wunderbarer Humor stecken, hat mir gefallen. Ebenso wie Penelopes Einsicht, dass der jahrelang angehimmelte Colin auch nur ein ganz normaler Mann mit Ecken und Kanten – und nicht gerade wenigen Schwächen ist. Sie liebt ihn trotzdem, auch wenn sie anfangs befürchten muss, dass er nicht alle Seiten an ihr respektiert.

Ein wenig schade ist es, dass der restlichen Bridgerton-Familie dieses Mal eine recht kleine Rolle zugebilligt wurde. Colin wohnt eigentlich nicht mehr zuhause und so ist es kein Wunder, dass seine Mutter und seine Geschwister in diesem Roman nur „Gastrollen“ übernehmen. Aber stattdessen habe ich mich über all den Szenen mit der eigenwilligen Lady Danbury gefreut. Niemand will freiwillig etwas mit dieser resoluten Dame zu tun haben und die gesamte Londoner Gesellschaft hat regelrecht Angst vor ihr und ihren spitzen Bemerkungen. Doch da sie Penelope ins Herz geschlossen hat, gibt es viele wunderbare Momente mit diesen beiden Figuren, die mir mindestens ebenso viel Freude bereitet haben, wie die Liebesgeschichte zwischen Penelope und Colin.

13 Kommentare

  1. Ich fand den 4. Band bis jetzt am schwächsten, hab ich auch kürzlich in meiner Rezi geschrieben. Und dass der Klappentext schon das Geheimnis verrät ist ja wirklich ziemlich bescheuert. Allerdings fand ich auch, wie du, die Szenen mit Lady Danbury sehr amüsant.
    Auch wenn dieses Buch nicht ganz so toll war, lese ich die Serie ganz sicher weiter, immerhin wartet Eloise eh schon in meinem Regal *gg*

  2. Ich fand den vierten Band zum damaligen Zeitpunkt zwar nett, aber auch am schwächsten (er wurde später von Hyacinths Buch abgelöst). Interessanterweise ist Penelopes Geschichte nach wie vor der Lieblingsband vieler Bridgerton-Fans.

  3. @Evi: Ich glaube, deine Rezension ist der Grund, warum meine so lang geworden ist. 😉 Über den Klappentext kann ich mich auch aufregen, aber das ist etwas, was ich weder der Autorin, noch der eigentlichen Geschichte anlasten möchte. Und wenn man dieses Wissen nicht hätte, dann würde doch die ganze Zeit ein Verdacht im Raum schweben – und so einige der Dialoge und Ballszenen deutlich amüsanter wirken lassen. Und obwohl "Penelopes pikantes Geheimnis" nicht so spritzig geschrieben ist, wie die anderen Romane, so finde ich dieses Buch gerade wegen der mangelnde Aufregnung so nett und unterhaltsam. Bei der Eloise gibt es hingegen wieder wunderbare Personenkonstellationen, aber dafür war ich von der Beziehung zwischen ihr und ihrem potenziellen Ehemann nicht ganz so entzückt. 😉 Nun, du wirst ja bald selber herausfinden, ob dir die Eloise besser gefällt. ;D

    @Natira: Diese Bücher sind so schön geschrieben, das macht wirklich Spaß! 🙂

    @Irina: Ein bisschen kann ich es verstehen, dass Penelope von vielen so gemocht wird. Sie ist eben keine Frau, die jemanden auf Anhieb aufgrund ihres Aussehens oder ihrer charismatischen Persönlichkeit überzeugt. Um bis zu ihren Vorzügen vorzudringen, muss man sich schon die Mühe machen und sie wirklich kennenlernen. Ich finde, dass das eine angenehme Abwechslung ist zu all den hinreißenden Schönheiten. 😉

  4. Ich hasse es, wenn der Klappentext und/ oder Titel schon alles verraten. Dann bin ich als Leser immer total irritiert!

  5. @Soleil: Vor allem fällt mir das immer wieder bei deutschen Ausgaben auf – warum bekommen es die amerikanischen Originalverlage soviel besser auf die Reihe dem Leser die Vorfreude nicht zu nehmen? Das ist doch wirklich mal eine interessante Frage …

  6. Ich versteh nach wie vor nicht, wieso Mira diesen Titel und Klappentext verbrochen hat. Das Buch ist ja zuvor schon bei Cora in der Historical-Gold-Reihe erschienen, und da hieß es noch "Wer ist Lady Whistledown" und der Klappentext lautete:

    "Aufregung in Londons feiner Gesellschaft: Wer ist die geheimnisvolle Lady Whistledown, die den Adel mit bissigen Artikeln attackiert? Und was fasziniert den umschwärmten Weltenbummler Colin Brigderton nur an der zurückhaltenden Penelope? Selbst Colin weiß darauf noch keine Antwort, fühlt nur, dass er dem Charme dieser unerwartet heißblütigen Frau mehr und mehr erliegt. Doch bevor er der Freundin seiner Schwester seiner Liebe gestehen kann, kommt es zu einem Skandal um Lady Whistledown, der die zarten Bande zwischen Colin und Penelope zu zerstören droht…"

    Hätten sie mal besser zusammen mit dem Buch übernommen …

  7. @Irina: Ja, das hätten sie wirklich übernehmen sollen! Dann wären auch die Hinweise auf Eloise viel stimmiger gewesen. 😉

  8. Meine Rezension ist der Grund warum deine so lange geworden ist? Ich geb´s zu, ich hab mich bei Penelope + Colin wirklich kurz gehalten. Aber anscheinend ist das so rübergekommen, als ob ich die Schuld für meine nicht so gute Bewertung dem Klappentext gebe, oder? Dafür kann die Autorin ja wirklich nix.
    Aber es stimmt natürlich schon, wenn man das "Geheimnis" nicht vorher wüßte, wären auch die Anspielungen auf Eloise interessant und würden die Geschichte spannend machen. So waren für mich die Tintenflecke lediglich Anspielungen auf das nächste Buch 😉
    Trotzdem fand ich das Buch insgesamt nicht so gut: Zu wenig Bridgertons im Einsatz, zu wenig Witz, zu wenig Prickeln. Auch wenn Penelope wirklich eine tolle Frau ist, ich mochte sie ja schon in den anderen Büchern. Auch Colin mochte ich von Anfang an (als Verbündeter von Daphne im 1. Buch zB.)
    Und die Liebeserklärung von Colin, die ist ja ach sooo romantisch *seufz*, die wertet das Ganze natürlich schon auf 😉

  9. @Evi: Bei Lesen deiner Rezi ist mir aufgefallen, wie viele kleine Dinge mir an "Penelopes pikantes Geheimnis" (blöder Titel) Freude gemacht haben. Irgendwie wollte ich die alle in meine Rezi reinpacken!

    Das Buch unterscheidet sich einfach sehr von den Vorgängern – bei Eloise ist mir das noch mehr aufgefallen 😉 -, aber das macht es ja nun nicht schlecht. Nur anders …

    Uuund ist dir eigentlich aufgefallen, dass ich dieses Mal sogar auf einen Georgette-Heyer-Vergleich verzichtet habe? *stolz ist* 😉

  10. Tatsächlich, du hast auf Frau Heyer verzichtet *gg*
    Und du hast natürlich recht, es sind ein paar kleine Dinge, die an dem Buch schon liebenswert sind. (Ich hab es ja auch nicht gänzlich schlechtgemacht, oder?)
    Wir sollten einen Brief an MIRA schreiben, dass sie mit dem Klappentext das Lesevergnügen erheblich beeinträchtigen!

  11. Das sollte man vielleicht mal machen, aber bei mir bleibt es in der Regel bei dem Vorhaben – einen Brief bekommen ich nie zustande, weil es immer soviele wichtigere Dinge zu schreiben gibt. 😉

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