Hier und da konnte man aus meinen Rezensionen ja schon rauslesen, dass ich in den letzten Jahren nicht so ganz glücklich mit den aktuellen Kriminalromanen war. Inzwischen bin ich schon froh, wenn ich einen richtig unterhaltsamen Roman erwische und erwarte schon gar nicht mehr, dass es spannend sein könnte oder ich von der Auflösung am Ende überrascht sein werde. Im Gegenzug ärgere ich mich umso mehr, wenn ich über Autoren stolpere, die ekelerregende Darstellungen auf die Spitze treiben, weil sie – im besten Fall – denken, dass das für Spannung sorgt, oder – im schlimmsten Fall – wissen, dass das Verkaufszahlen bringt.
Das alles hat dafür gesorgt, dass ich immer kritischer an die Romane herangehe, die mit einem fetten „Thriller“ auf den Markt kommen. Und während ich eben beim Frühstück die ersten 100 Seiten von gelesen von „Erbarmen“ gelesen habe hat eine kleine zynische Stimme in meinem Hinterkopf eine Liste abgehakt mit den Dingen, die zu einem skandinavischen Kriminalroman wohl einfach dazugehören:
– Erstklassiger, aber desillusionierter Ermittler? Vorhanden!
– Hat der Ermittler vor kurzem ein traumatisches Erlebnis gehabt? Jupp!
– Ist die Ehe des Ermittlers kaputt? Natürlich!
– Seltsame Mitbewohner oder Nachbarn (keine unbedingt erforderliche Zutat, aber gern verwendet)? Ja, gibt es!
– Hat er Ärger mit Kollegen/dem Vorgesetzten? Auch den Punkt können wir abhaken!
Ich hätte bestimmt noch mehr Dinge gefunden, aber dann kam Assad! Hafez el-Assad ist die Hilfskraft des Kriminalbeamten Carl Mørck und eigentlich soll er nur für Ordnung und Sauberkeit sorgen, doch dafür ist er zu fleißig, zu intelligent und zu integer. Auch bei dieser Figur hat der Autor ein paar Klischees ausgepackt, diese aber so liebevoll verwendet, dass ich darüber hinwegsehen kann. Im Moment finde ich Assad großartig! Ich würde ihn sehr gern engagieren – jetzt sofort und auf der Stelle! Ich bin mir sicher, er hätte im Nu meinen Garten, meinen Haushalt, meine Katzen und meine Arbeit im Griff – oder er würde zumindest dafür sorgen, dass ich diese Dinge besser im Griff hätte. 😉
Es ist nicht so, dass ich nicht neugierig darauf bin, was der Politikerin Merete Lynggaard genau zugestoßen ist, wer der oder die Täter sind oder ob und wie Carl Mørck eine Spur in diesem alten Fall findet, aber jetzt gerade freue ich mich vor allem auf weitere Szenen mit Assad.
Ich kenne den Roman nicht, aber ich hoffe,
a) daß Assad diesen Thriller unbeschadet übersteht und
b) daß im nächsten Roman dann Assad die Hauptfigur ist 🙂
Huhu Winterkatze!
Ja, mit Assad kommt ein richtig frischer Wind in die Bude.
Ich finde auch die Gespräche zwischen Carl und ihm einfach nur köstlich. Und ab diesem Zeitpunkt hat mir der Thriller ein tolles Lesevergnügen bereitet. Meine Meinung zu "Erbarmen" kennst du ja. 😉 Hast du "Schändung" schon gelesen?
Zu dem Punkt ekelerregend:
Ich denke auch, das manche Autoren es hier und da auf die Spitze treiben. Ein Krimi kann auch, ohne das viel Blut fließt gut sein. Manchmal ist weniger mehr, wobei es immer noch spannend bleiben kann, was wiederum auf das Gesamtpaket ankommt. Sprache, Schreibstil, Charaktere und Handlung etc.
LG Tanja – Wünsche dir ein schönes Wochenende! ;O)
Eigentlich aber doch ein Jammer, dass eine Nebenfigur ein Buch aus der Masse herausheben muss. Wo sind nur die überzeugenden Protagonisten geblieben?
*denkt gerade daran, ob der Romantitel auch Programm sein könnte hinsichtlich des Hauptkommissars und ob es eine "Bibel" für nordische Krimischreiber gibt*
@Natira: Er hat überlebt, aber Assad ist ja auch "nur" jemand, der das Büro organisieren soll. 😉 Und ich denke schon, dass es bei dem Team Carl und Assad bleiben wird – ich muss zugeben, dass ich mich noch nicht mit den weiteren Büchern des Autors auseinander gesetzt habe.
@Tanja: Jupp, das Team Carl-Assad hat mir im Laufe des Buches immer besser gefallen. Sehr schön fand ich auch, dass Carl seinen Chef um einen Kellerplan gebeten hat … 😀 "Schändung" habe ich mir jetzt mal bei der Bibliothek vormerken lassen, da ich "Erbarmen" doch recht unterhaltsam fand. 🙂 Allerdings fand ich die Geschichte nicht so spannend – nach 200 Seiten habe ich meinen Mann erzählt, was ich für die Lösung halte und siehe da, ich hatte recht. 😉 Aber der Schluss hat mich angerührt und dafür bekommt der Autor einen Pluspunkt von mir. *g*
Ich persönlich finde in der Regel Bücher ohne großes Blutvergießen sogar deutlich spannender, da sich die Autoren dann mehr auf die Handlung als auf ekelhafte Szenen konzentrieren müssen. Aber es gibt ja anscheinend genügend Leser, denen Blut und Eingeweide reichen, damit sie von einem Buch begeistert sind …
@Irina: Recht hast du! Aber man wird ja inzwischen schon für Keinigkeiten dankbar … Und Assad bietet noch Potenzial für weitere Entwicklungen. Wenn ich morgen mal etwas Ruhe habe, schreibe ich eine Kritik zu "Erbarmen". 🙂
@Natira (2): Ich habe oft genug das Gefühl, dass es zumindest eine Checkliste für nordische Krimischreiber gibt (die auch gern von deutschen Autoren eingehalten wird). Der Punkt "Protagonist wird in den Keller abgeschoben" wurde in diesem Buch übrigens auch erfüllt. 😉
Ich lese vermutlich nicht genug Krimis, um das endgültig beurteilen zu können 🙂
@Winterkatze – Ja, irgendwie denkst du ähnlich wie ich. Wer mir leid tat in dem Buch, war besonders der Bruder von Merethe. Mit "Schändung" werde ich so lange abwarten, bis du es gelesen hast. 😉 Grins! Momentan warte ich auf "Oktoberfest". Allerdings hab ich momentan so viele Bücher in meinem SuB welchen ich Vorrang gewähren muss. Besonders den Rezensionsexemplaren. Welches ist eigentlich dein Lieblingskrimi, oder Autor? PS: Danke für deine lieben Zeilen auf meinem Blog! Ich hab mich tierisch gefreut. LG
@Tanja: Gern geschehen – ich hatte ja gesagt, dass ich mich bei dir noch einmal zu "Erbarmen" äußere. 🙂
Ja, Meretes Bruder fand ich auch interessant gestaltet! Ohje, du willst mit "Schändung" noch warten, bis ich es gelesen habe? Hast du meinen SuB gesehen, soll ich dir mal meine Vormerk- und Ausleihliste der Bibliothek zeigen? *g*
Ui, mein Lieblingskrimi oder Autor? Das ist sehr schwer zu sagen. Es gibt so viele verschieden Krimiarten und eigentlich lese ich sie alle immer wieder. Wobei ich mich eher von den harten Thrillern enttäuscht fühle, als von den unterhaltsamen Gesellschaftskrimis – da ist meine Erwartungshaltung eben auch eine andere. 😉 Es gibt ein paar Autoren, die ich seit Jahren immer wieder lese und auch bei einem re-read neu genießen kann, dazu gehören z.B. Deborah Crombie oder Dick Francis.
Hm, vielleicht sollte ich da mal mit etwas Ruhe einen langen Beitrag zu schreiben. Auch wenn das wohl einfacher geht, wenn ich wieder Zugriff auf meine Bücher habe (also nach dem Lottogewinn, der die Regale finanziert, die ich brauche, um die Bücher aus den Umzugkartons zu befreien >seufz<).