Über „Das geheime Turmzimmer“ von Laura Andersen bin ich bei Neyasha gestolpert, die den Roman als „Eine sehr schöne Mischung aus „ bezeichnet und mich so neugierig auf die Geschichte gemacht hat. Erzählt wird die Geschichte zum größten Teil aus der Perspektive von Carragh Ryan, einer Bibliothekarin, die die Privatbibliothek der Familie Gallagher katalogisieren soll, bevor die Familie ihr Anwesen Deeprath Castle inklusive der darin befindlichen Bibliothek dem National Trust überschreiben wird. Aber man wirft auch immer wieder durch die Augen von Lord Aidan Gallagher, seiner (inzwischen verstorbenen) Mutter Lily und Inspector Sibéal McKenna sowie vLon ady Jenny Gallagher und Evan Chase, der im Jahr 1880 Jenny geheiratet hatte, einen Blick auf die aktuellen und vergangenen Ereignisse rund um Deeprath.
Ich mochte, dass die Handlung in „Das geheime Turmzimmer“ auf drei Zeitebenen spielt. Auf der einen Seite bekommt man Stück für Stück erzählt, wie sich Jenny und Evan kennengelernt haben und wie damals die Situation in Deeprath war, andererseits lernt man durch Carragh die aktuellen Gallagher-Familienmitglieder kennen und erfährt, wie sehr die Familie durch den gewaltsamen Tod von Lily und ihrem Mann Cillian, der vor zwanzig Jahren passierte, zerrüttet wurde. Und zuletzt gibt es noch Passagen, in denen Lily im Jahr 1992 von ihrer Suche nach einem Familiengeheimnis erzählt. Diese verschiedenen Ebenen und Perspektiven sorgen für eine spannende und sehr unterhaltsame Geschichte, auch weil die vielen Figuren einem schnell ans Herz wachsen und man ihnen (selbst wenn man schon weiß, dass ihr Leben nicht glücklich endete) nur das Beste wünscht. Mir gefielen auch die vielen Schilderungen der Region rund um Deeprath Castle und die Beschreibungen des Gebäudes, das eine wunderbare Kulisse für eine solche Geschichte voller Geheimnisse, Dramen, Geister und Stromausfälle bildet.
Zwei Kritikpunkte habe ich allerdings an der Geschichte, wobei ich den einen der Autorin problemlos verzeihen kann, während mir der andere eine Wendung zu viel brachte. Das Zuviel bezieht sich dabei auf eine Beziehung, die Carragh zu einem der Familienmitglieder hat (und damit meine ich nicht Aidan). Die Handlung hätte sehr gut ohne diese Extra-Entwicklung funktioniert, die keinen Mehrwert für die Geschichte gebracht hat, sondern mir vor allem das Gefühl gab, Laura Andersen hätte damit die Auflösung all der Geheimnisse künstlich verzögert. Was mich zum zweiten Punkt bringt: Das Motiv und die Identität der Person, die für den Tod von Lily und ihrem Mann Cillian verantwortlich war. Beides lässt sich relativ früh erahnen, was ich grundsätzlich nicht schlimm finde, denn in vielen Krimis geht es ja mehr um die Frage, wie der Täter gestellt wird, als um die Frage, wer der Täter überhaupt ist. Ich hätte mir aber schon gewünscht, dass Laura Andersen am Ende die eine oder andere Wendung weniger eingebaut hätte, weil all diese Extraszenen für mich zu Lasten der Spannung gingen. Trotzdem habe ich mich insgesamt mit „Das geheime Turmzimmer“ gut unterhalten gefühlt und hatte Spaß dabei, die vielen verschiedenen Charaktere besser kennenzulernen und mir Gedanken über die Familie Gallagher und ihre Geheimnisse zu machen.
Es freut mich, dass dir das Buch alles in allem gefallen hat! Bei der einen Wendung stimme ich dir zu, das war mir auch zuviel und das hat noch nicht mal wirklich in die Geschichte gepasst.
Die Auflösung hat mich dann auch nicht mehr überrascht – hier hätte tatsächlich eine zusätzliche Wendung gut getan (wobei mich das weniger gestört hat).
Was ich ja bei dem Buch richtig schön fand, waren die Bibliotheksszenen. Gerade im Hinblick darauf war ich vorher eher skeptisch, da ich Bibliotheken/Archive und die Arbeit darin oft sehr oberflächlich oder klischeehaft dargestellt finde. Aber das war hier zum Glück nicht der Fall und ich hatte mit diesen Szenen eine ziemliche Freude.
Ich fand es wirklich nett und unterhaltsam und mit der relativen Vorhersehbarkeit der Auflösung konnte ich auch gut leben, weil der Rest so angenehm geschrieben war.
Grundsätzlich fand ich auch die Landschaftsbeschreibungen und das Anwesen an sich sehr schön – gerade weil es nicht perfekt erhalten war, sondern mit Spuren von Verfall beschrieben wurde. Und ja, die Bibliotheksszenen waren auch schön in ihrer Mischung aus realistischer Arbeit und Freude an den verschiedenen Entdeckungen, die die Protagonistin da machen konnte. 🙂
Ja, ich mochte diese Beschreibungen der Umgebung auch sehr gern. Die haben wohl auch dazu beigetragen, dass man so gut in das Buch hineintauchen konnte.