Leslye Penelope: The Monsters We Defy

Ich muss zugeben, dass es vor allem das Cover war, das ursprünglich meine Aufmerksamkeit auf diesen Roman gezogen hatte. Aber der Klappentext von „The Monsters We Defy“ mit seinem Versprechen von einer „magical heist“-Handlung reizte mich dann ebenso sehr, weshalb ich den Roman unbedingt vorbestellen musste. Bevor ich auf die Geschichte eingehe, möchte ich noch erwähnen, dass sich Leslye Penelope für ihre Protagonistin von einem Zeitungsartikel über Clara „Carrie“ Minor Johnson inspirieren ließ. Carrie wurde aufgrund eines Vorfalles während des Summer Riot im Jahr 1919 in Washington, D.C. wegen der Tötung eines weißen Polizisten verurteilt, um dann zwei Jahre später überraschenderweise bei einem erneuten Verfahren freigesprochen zu werden. Auch bei den Nebenfiguren (wie zum Beispeil Carlas Mitbewohnerin Zelda) hat die Autorinnen Informationen einfließen lassen, über die sie während ihrer Recherchen gestolpert ist, außerdem sorgt die Erwähnung diverser historischer Persönlichkeiten und Ereignisse dafür, dass sich die Geschichte – trotz aller fantastischen Elemente – überraschend real anfühlt.

Wie „Carrie“ Johnson hat auch die Protagonstin Clara Johnson, aus deren Perspektive wir den größten Teil der Handlung in „The Monsters We Defy“ verfolgen, zwei Jahre im Gefängnis verbracht, was dazu gesorgt hat, dass sie eine Art zweifelhafte Berühmtheit innerhalb der Schwarzen Bevölkerung von Washington erlangt hat. Dazu kommt, dass Clara mit einer besonderen Gabe geboren wurde und von klein auf mit Geistern und anderen übernatürlichen Wesen wie zum Beispiel den „Enigmas“ kommunizieren kann. Diese Gabe nutzt sie, um für verzweifelte Personen mit den Enigmas in Kontakt zu treten und ihnen bei ihren Verhandlungen mit diesen Wesenheiten beizustehen. So ist es auch die Enigma, die Clara unter dem Namen „The Empress“ kennt, die sie anruft, um herauszufinden, was mit all den Schwarzen Personen passiert ist, die in den letzten Wochen verschwunden sind – und die ihr im Gegenzug den Auftrag gibt, einen verfluchten Ring von der Hand der mächtigsten Schwarzen Frau der Stadt zu stehlen. Um diesen Diebstahl durchführen zu können, benötigt Clara allerdings die Hilfe von anderen Personen, die – ebenso wie sie selbst – von einem Enigma mit einem Charm (und dem dazugehörigen Fluch) belegt wurden.

Es gibt eine Menge, was ich an „The Monsters We Defy“ mochte, wobei ich auch zugeben  muss, dass mich die Geschichte nicht so sehr packte, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen wollte. Ich habe stattdessen die verschiedenen Lesepausen genutzt, um über die diversen Handlungselemente und all die Informationen zum Leben Schwarzer Personen in den 1920er Jahren in Washington nachzudenken. Leslye Penelope zeichnet mit ihrem Roman ein sich realistisch anfühlendes Bild von dieser Zeit, in der für viele Schwarze Personen die Sklaverei gerade mal eine bis zwei Generationen her ist. Der Erste Weltkrieg hat seine Spuren hinterlassen und die Prohibition beeinflusst selbst den Alltag derjenigen, die kein Geld für Alkohol haben. Dabei wird in dem Roman immer wieder deutlich, dass es auch innerhalb der Schwarzen Bevölkerung so einiges an Unterdrückung und Aufstiege auf Kosten Schwächerer gibt, während gleichzeitig alle tagtäglich Rassismus erfahren und auf der Hut sein müssen vor dem wieder aufblühenden Ku-Klux-Klan.

Neben diesem spannenden Einblick in die 1920er Jahre gibt es noch sehr viele unterschiedliche fantastische (amerikanisch-)afrikanische Elemente, die von der Erwähnung von Hoodoo bis zur Geschichte von Königin Makeda und König Salomo reichen. Ich mochte dabei vor allem, wie präsent Geister und die anderen übernatürlichen Wesenheiten im Leben von Clara sind und wie sehr ihr besonderes Talent sie geprägt hat. All dies erklärt auch sehr gut die Stärken und Schwächen, die dieser Charakter aufweist. Ich habe Claras Perspektive gern verfolgt und es ausnahmsweise sogar gern gelesen, wenn sie sich selbst das Leben schwer machte, weil das von Leslye Penelope wirklich stimmig beschrieben wurde. Gerade weil Claras Persönlichkeit so eine widersprüchlich wirkende Mischung aus Hilfsbereitschaft und Misstrauen aufweist, ist es schön zu verfolgen, wie sie im Laufe der Geschichte lernt, den anderen Personen zu vertrauen, die sie für die Durchführung des Diebstahls benötigt.

Ich mochte es auch sehr, wie die Autorin immer wieder Claras Perspektive verließ, um einem die anderen Figuren und ihre Geschichten vorzustellen. Das sind die einzigen Momente, in denen ich als Leserin mehr über die gesamte Situation wusste als die Protagonistin, während alles rund um den Diebstahl aus Claras Sicht erzählt wird, was dafür sorgte, dass ich beim Lesen immer wieder überrascht wurde. Selbst für eine Wendung am Ende der Geschichte, die aufgrund eines besonderen Talents eines von Claras Komplizen relativ vorhersehbar war, wurde von Leslye Penelope so gut eingebaut, dass ich mich davon gut unterhalten gefühlt habe, statt darüber irritiert zu sein, dass dieses Element die einzige Lösung für ein Gelingen der ganzen Aktion darstellte. Insgesamt habe ich das Lesen von „The Monsters We Defy“ sehr genossen und bin nun neugierig auf die anderen Romane der Autorin. Allerdings gehören die bisher erschienenen Bücher von Leslye Penelope nicht ebenfalls in den Bereich der „Historical Fantasy“, sondern es sind High-Fantasy-Geschichten, und das Genre lese ich eigentlich kaum noch. Aber ich denke, ich werde mir zumindest die Leseprobe von „Song of Blood & Stone“ anschauen, um zu prüfen, ob mir da die Erzählweise von L. Penelope ebenso zusagt.

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