Da ich immer wieder gern für mich neue Krimiautorinnen ausprobiere, habe ich mir vor Kurzem „Das Manuskript“ von Marianne Macdonald geschnappt, als Irina das Buch (und die Fortsetzung) loswerden wollte. Die Geschichte dreht sich um die Antiquarin Dido Hoare, die vor einigen Jahren mit ihrem damaligen Mann Davey einen Laden in London eröffnete, um wertige gebrauchte Bücher, Drucke und ähnliches zu verkaufen. Inzwischen ist Dido geschieden und versucht allein, das Geschäft am Laufen zu halten, was nicht gerade einfach ist, da sie auch regelmäßig übers Land fahren muss, um bei Haushaltsauflösungen und ähnlichen Anlässen neue Ware für ihren Laden zu ergattern.
Nach einer solchen Fahrt wird sie eines Nachts von einem anderem Wagen verfolgt und bedrängt. Wenig später erhält ihr Vater Barnabas einen Drohbrief, der andeutet, dass dieser Vorfall mit dem Auto nur ein Anfang war. Als dann noch das Antiquariat von Unbekannten auf den Kopf gestellt wird, ohne dass dabei etwas Nennenswertes gestohlen wird, weiß Dido gar nicht mehr, was sie von all den Vorfällen halten soll. Für Barnabas hingegen steht fest, dass hinter diesen Ereignissen Didos Ex-Mann Davey stecken muss, denn der hat schon immer gern für Unruhe gesorgt.
Ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, was ich von dieser Geschichte halten soll. Auf der einen Seite habe ich das Gefühl, dass die Protagonistin, ihr Vater und der ermittelnde Polizist den diversen Vorfällen nur hinterherrennen, was zwar etwas unbefriedigend ist, aber sich immerhin realistisch anfühlte, weil keiner von ihnen eine Ahnung hat, wieso all die Dinge passieren. Auf der anderen Seite finde ich den Fall an sich – mitsamt der „verbrecherischen“ Hintergründe – nicht besonders glaubwürdig und fast etwas zu groß für einen Roman, der sich um eine relativ unbedeutende Antiquarin dreht.
Auch mit Dido selbst hatte ich das eine oder andere Problem. Angeblich ist sie längst über ihren Ex-Mann hinweg und hasst ihn, weil er sie betrogen und immer wieder hintergangen hat, auf der anderen Seite braucht es nach gerade mal zwei Jahren Trennung (in denen sich die beiden nicht gesehen haben) nur zwei Essenseinladungen, damit sie wieder mit ihm im Bett landet. Und das, obwohl sie ebenfalls vermutet, dass Davey irgendetwas im Schilde führt und dass das für sie nichts Gutes bedeuten kann. Dabei gelingt es Marianne Macdonald nicht, Davey so charmant darzustellen, dass ich es glaubwürdig finde, dass sich ein Mensch nach dem anderen von ihm über den Tisch ziehen lässt. Noch ärgerlicher wird es, als Dido wenig später nach gerade mal einem Tag Bekanntschaft dem ermittelnden Polizisten näher kommt (wobei man das als Leser erst im Nachhinein erfährt). Aber darüber sollte ich mich nach all den anderen „Kriminalromanen“, in denen die „Beziehung“ zwischen Protagonistin und Ermittler nach genau dem gleichen zügigen Schema abläuft, vermutlich gar nicht mehr ärgern.
Ein weitere Punkt, der mich an Dido gestört hat, war ihre Arbeitsmoral. Irgendwie hatte ich beim Lesen das Gefühl, dass sie es immer nur zufällig geschafft hat, ab und an ihren Laden zu öffnen. Selbst wenn sie morgens „aus Pflichtgefühl“ ihr Geschäft geöffnet hat, dann überkam sie doch regelmäßig die Unlust, Müdigkeit oder einfach nur das Bedürfnis, irgendwo hinzugehen, und schon war das Antiquariat wieder geschlossen. Da ist es mir dann auch egal, ob ständig erwähnt wird oder nicht, dass Dido unglaublich pleite ist, ich kann mir beim besten Wille nicht vorstellen, dass irgendjemand mit diesem Verhalten irgendein Geschäft fünf Jahre über Wasser halten und auch noch davon leben kann. Selbst wenn die Stammkunden an die unregelmäßigen Öffnungszeiten gewöhnt sein sollten und trotzdem immer wieder vorbeikommen, obwohl sie ständig vor verschlossener Tür stehen, dürfte das wohl nicht für ausreichenden Gewinn für ein Geschäft reichen.
Irgendwie werde ich mit diesem Buch immer unzufriedener, je länger ich über die Geschichte und die Figuren nachdenke. Dabei war das Lesen an sich schon nett. Ich konnte den Roman zwar locker aus der Hand legen und hatte nicht gerade das große Bedürfnis weiterzulesen, aber wenn ich die Nase reinsteckte, dann war es irgendwie unterhaltsam und all die Kritikpunkte haben mich nicht so sehr aufgeregt, dass ich ständig versucht war, das Buch aus der Hand zu pfeffern (oder gar meinem armen Mann die ganze Zeit zu erzählen, wie doof das alles doch ist *g*). Da ich den zweiten Band auch noch habe, werde ich den vermutlich auch noch lesen. Aber wenn in der Fortsetzung die Handlungen der Figuren für mich nicht stimmiger dargestellt werden, dann wandern die beiden Bände wohl in den Bücherschrank. Vielleicht findet sie dort jemand, dem sie mehr Vergnügen bereiten.
Oohjeohje.. Dein armer Mann. Ich frage mich gerade, warum Du das Buch nicht wirklich zur Seite pfefferst und punkt. Musst Du gar aus beruflichen Gründen weiterlesen, liebe Winterkatze? Das habe ich mich noch gar nicht gefragt ;)) Ganz liebe Wochenendgrüße, Nicole
Ich fürchte, mein armer Mann ist schon daran gewöhnt, dass ich ihm ständig von meinen Büchern erzähle. Manchmal schimpfe ich, manchmal bin ich vollkommen begeistert – nur von den durchschnittlichen Titeln bekommt er wenig mit. 😉
Nein, dieses Mal musste ich nicht aus beruflichen Gründen weiterlesen, auch wenn es grundsätzlich nicht schadet, wenn ich so viele Autoren wie möglich kenne. Dieses Mal fand ich das Buch nur beim Lesen selber nicht so schlimm wie beim Darübernachdenken nach dem Lesen. 😉