„Der Mann, der kein Mörder war“ von Michael Hjorth und Hans Rosenfeld war eine Empfehlung von Tine, die sehr begeistert von dem Roman war und ihn sehr spannend fand. Da ich ja immer auf der Suche nach neuen Autoren bin und regelmäßig versuche, meine Vorurteile gegenüber skandinavischen Krimis abzubauen, hatte ich mir das Buch in der Bibliothek vormerken lassen. Hauptfigur der Geschichte ist der Psychologe Sebastian Bergman und leider muss ich sagen, dass mir der Roman ohne diesen Charakter deutlich besser gefallen hätte – keine gute Voraussetzung, um eine Geschichte zu genießen.
Theoretisch dreht sich die Handlung um den Mord an einem Schüler, der – Tage, nachdem er von seiner Mutter als vermisst gemeldet wurde – mit 22 Stichen im Rücken und fehlendem Herzen in einem Waldstück bei Västerås gefunden wird. Da die örtliche Polizei schon Mist gebaut hatte, weil die Vermisstenmeldung erst verschleppt und dann nicht ernst genommen wurde, und zusätzlich der verantwortliche Polizist auch noch seinen Suchtrupp verlassen hat, so dass die – unangebrachterweise von ihm rekrutierten – jugendlichen Pfadfinder die Leiche fanden, wird das Team von Kommissar Höglund aus Stockholm gerufen, um die Ermittlungen zu übernehmen.
Neben den Ereignissen rund um die Aufnahme der Ermittlungen bekommt man als Leser noch mit, wie der Psychologe Sebastian Bergman nach Västerås reist, um nach dem Tod seiner Mutter sein Elternhaus zu verkaufen. Dass sein Verhältnis zu seinen Eltern nicht gut war, steht von Anfang an fest, ebenso, dass er seit Jahrzehnten nicht mehr im Västerås war. Außerdem bekommt man schnell mit, dass Sebastian Frau und Kind bei einem tragischen Ereignis verloren hat und dass er grundsätzlich ein ziemlicher Mistkerl ist. Im Laufe der Zeit treffen Sebastian und Torkel Höglund aufeinander, und der Kommissar erklärt sich bereit, Sebastian an den Ermittlungen in dem Mordfall teilhaben zu lassen, da er früher mit dem Psychologen befreundet war, während dieser noch für die Polizei gearbeitet hatte. Sebastian hingegen hat ganz eigene Gründe, warum er wieder mit Torkel zusammenarbeiten möchte.
Erst einmal muss ich sagen, dass ich bei vielen skandinavischen Krimis den Eindruck habe, dass der Fall und sein Opfer nicht relevant sind. Es wird den Polizisten und ihren persönlichen Problemen so viel Raum zugesprochen, dass alles andere kaum noch Gewicht hat. Hier hätte mich das nicht so gestört, weil ich das Team rund um Torkel Hörlund eigentlich recht sympathisch und stimmig fand. Außerdem waren die Ermittlungen nicht einfach durchzuführen, da das Opfer kaum Außenkontakte hatte und durch die örtliche Polizei so einige Probleme verursacht wurden. Hätte der Roman also nur aus diesen Elementen bestanden, hätte ich mich ganz gut unterhalten gefühlt, ohne aber das Bedürfnis zu haben, die Reihe weiter zu verfolgen.
Die Figur des Sebastian Bergman hingegen hat dafür gesorgt, dass ich mich ständig beim Lesen geärgert habe. Ich kann mit unhöflichen und destruktiven Charakteren leben, wenn ich das Gefühl habe, dass es der Geschichte zuträglich ist und das Verhalten eine stimmige Ursache hat. Aber je mehr ich über Sebastian erfuhr, desto unerträglicher fand ich sein Arschloch-Verhalten. Dazu kamen dann noch die entsetzlich ausgelutschte Geschichte mit seiner Familientragödie und die vorhersehbare Wendung zu einer persönlichen Sache am Ende des Romans (okay, da hätte es zwei mögliche Auflösungen gegeben, aber überraschend war da nichts) und das führte dazu, dass ich mich nach der letzten Seite fragte, wieso diese Figur überhaupt so viele Fans gefunden hat. Ich habe nichts gegen kaputte Typen, die können wirklich reizvoll sein, aber wenn ein Charakter so konstruiert-kaputt gestaltet wird, dann empfinde ich ihn nur als Belastung für eine Geschichte.
Nachdem also Michael Hjorth und Hans Rosenfeldt mich nicht überzeugen konnten, greife ich in den nächsten Tagen lieber wieder zu Lotte und Søren Hammer und hoffe, dass der zweite Teil um Kommissar Konrad Simonsen mich dafür gut unterhalten kann.
Oh nein, Sebastian und du seid wirklilch so gar keine Freunde :O
Es ist ja total faszinierend, dass ich deine Gedanken wirklich nachvollziehen kann und trotzdem sooo begeistert von dem Buch war. Es war wirklich seit langem wieder ein Buch, das mich an die Seiten GEFESSELT hat!!!
Sebastian war mir einfach zu viel, zu konstruiert (von dem Wort komme ich nicht weg, wenn es um diese Figur geht), zu unangenehm, einfach nur um unangenehm zu sein, zu destruktiv – und dann noch die Sache am Ende … Ne, wir sind keine Freunde. 😀
Ich finde es auch faszinierend, dass du so begeistert warst. Vielleicht musst du mir das noch mal in Ruhe erklären. 😉
Ne, ich kann da nämlich nichts erklären. Ich konnte das Buch nicht aus der Hand legen und habe endlich, endlich mal wieder bis tief in die Nacht hinein gelesen. Beim zweiten Teil war es noch extremer: Ich habe gelesen, bis mir die Augen zugefallen sind, bin nachts aufgewacht, habe ein paar Stündchen weiter gelesen, wieder etwas geschlafen und am Morgen dann direkt wieder weiter gelesen. Die Bücher üben einen totalen Sog auf mich aus, ohne dass ich in Worte fassen kann, wieso.
Dazu fällt mir nichts anderes ein als "faszinierend" – du darfst dir dabei Mister Spocks hochgezogene Augenbraue vorstellen. 😉
Schade, dass Dir das Buch nicht gefallen hat. Ich hatte es als Hörbuch und fand es interessant, vielleicht sogar wegen des muffeligen,stoffeligen Hauptdarstellers.
Mit Kommissar Simonson werde ich mich dann jetzt mal bekannt machen.
Grüße von Aly mit den Katzen an Dich und die Katzen
@Aly: Wenn er nur muffelig und stoffelig gewesen wäre (und ich gehe mal davon aus, dass du Sebastian Bergman meinst), dann hätte ich es auch unterhaltsamer gefunden. 😉
Ich hoffe, dass dir Simonsen und sein Team dir spannende Lesestunden bereiten werden! 🙂