„Im Sommer der Mörder“ von Oliver Bottini ist der zweite Kriminalroman rund um die Polizistin Louise Bonì – und ich muss zugeben, dass ich ganz froh bin, dass ich den ersten Band nicht in der Bibliothek gefunden habe. Denn wenn ich all den Rückblenden glauben darf, dann gab es einige persönliche Probleme für die Protagonistin im ersten Band inklusive des Eingeständnisses, dass sie seit drei Jahren Alkoholikerin ist und etwas dagegen tun muss. Mir fällt es leichter, mich mit einem Charakter anzufreunden, der den Entzug schon hinter sich hat, auch wenn der tagtägliche Kampf gegen die Sucht bleibt.
Die Handlung beginnt in diesem Roman relativ harmlos mit dem Brand eines alten Holzschuppens, in dem ein Bauer nur noch ein paar Heureste lagert. Doch kaum scheint die Freiwillige Feuerwehr den Brand gelöscht zu haben, kommt es zu einer unerklärlichen Explosion und einem Todesfall. Wenig später finden die Ermittler heraus, dass in einem versteckten Keller unter dem Schuppen große Mengen Waffen gelagert wurden – was natürlich zu der Frage führt, wie die Waffen überhaupt an diesen Ort kommen konnten.
Für Louise Bonì ist die Arbeit bei der Soko, die sich um den Waffenfund kümmert, der erste Einsatz nach einer verletzungs- und entzugsbedingten Auszeit und so muss sie nicht nur einen neuen Platz in einem eigentlich vertrauten Umfeld finden, sondern sich auch von Anfang an mit dem Kompetenzgerangel zwischen den verschiedenen Dezernaten und Behörden herumschlagen. Wobei sie eigentlich nur indirekt die Folgen dieser Auseinandersetzungen mitbekommt, wenn sie mal wieder gezügelt wird, weil angeblich eine andere Abteilung zuständig ist oder eine andere Dienststelle den ganzen Einsatz übernehmen soll.
Auch werden die Ermittler von dem überraschend großen Interesse von Politikern, BKA und anderen Institutionen überrascht. So kommen Louise Bonì und ihre Kollegen irritierend schnell an Informationen, die andeuten, dass der Waffenfund mit Neonazis in Verbindung steht, während andere Hinweise auf Terroristen und das ehemalige Jugoslawien verweisen. So groß Oliver Bottini seinen Fall rund um die versteckten Waffen in dem alten Holzschuppen aufgebaut hat, so ruhig erzählt er seine Geschichte auch. Der Autor konzentriert sich ebenso auf Louise Bonìs Privatleben wie auf die Darstellung einer (relativ) realistischen Polizeiarbeit. So bekommt man als Leser auch mit, wie lästig die täglichen Besprechungen während der Ermittlungen sind, wie viele Kleinigkeiten den Arbeitsalltag beherrschen (und erschweren) und wie schwierig es sein kann, wenn eine Gruppe unterschiedlicher Menschen unter Druck an einem Fall arbeitet.
Wenn man mal davon absieht, dass mir Louise ein bisschen zu sehr über ihr – vergangenes und zukünftiges – Liebesleben nachdenkt und verflixt oft erwähnt wird, dass diverse Männer ihr auf den Busen starren, fand ich diese fast schon gemächliche und detailverliebte Erzählweise sehr angenehm. Oliver Bottini mischt reale Ereignisse mit fiktiven Elementen und zeichnet so ein erschreckendes, aber (gerade angesichts der Ereignisse in den vergangenen Monaten) wohl auch realistisches Bild davon, wie nah Terror und Gewalt unserem Alltag inzwischen sind. Dabei beschreibt er die verschiedenen Charaktere so genau und – selbst in ihrem teils widersprüchlichem Handeln – so stimmig, dass man ihnen ihr Verhalten und ihre Motive abnimmt.
Ich würde jetzt nicht behaupten, dass der Autor für mich eine umwerfende Neuentdeckung gewesen ist. Aber ich habe mich sehr darüber gefreut, dass ich mal einen so gut geschriebenen und großen Teils wirklich überzeugenden Kriminalroman in die Hände bekommen habe. Und wenn ich in der Bibliothek noch weitere Bände rund um Louise Bonì finde, werde ich sie mir vermutlich auch ausleihen.