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Charlotte Trümpler: Agatha Christie und der Orient – Kriminalistik und Archäologie

Ich hatte das große Glück und konnte durch die örtliche Bibliothek dieses Buch ausleihen, sonst wäre ich wohl nicht so schnell darüber gestolpert. In ihren autobiografischen Werken („Meine gute alte Zeit“ und „Erinnerung an glückliche Tage“) hatte Agatha Christie viel über die Ausgrabungen ihres Mannes Max Mallowan geschrieben und darüber, wieviel Freude es ihr immer bereitet hatte, dass sie dabei sein durfte.

Dabei hat die Autorin ihren eigenen Anteil an seiner Arbeit immer recht nebensächlich beschrieben. Viel mehr als „ich bekam eine Dunkelkammer zugewiesen“, „Elfenbeinschnitzereien lassen sich hervorragend mit meiner Gesichtscreme reinigen“ und „ich bin fasziniert von Keramik“ bekommt man von ihr direkt nicht erzählt. Nur zwischen den Zeilen kann man lesen, wie viel sie zu den Ausgrabungen beigetragen hat – und dies alles, obwohl sie „nebenbei“ weiterhin an ihren Romanen schrieb.

„Agatha Christie und der Orient“ ist als Begleitmaterial zu einer Ausstellung über die Autorin und ihre Arbeit bei den Ausgrabungen ihres Mannes entstanden und wurde vom Scherz Verlag veröffentlicht. Leider ist das Buch nur noch gebraucht zu bekommen, dabei möchte ich es eigentlich jedem ans Herz legen, der sich für die Person Agatha Christies und für Archäologie interessiert. Denn hier bekommt man Einblick in die Ausgrabungen Max Mallowans und in das Leben an einem solchen Ausgrabungsplatz. Das Buch zeigt Bilder von den verschiedenen Orten (und was mir besonders gefiel: Es gibt auch sehr viele Bilder von Agatha Christie bei den Ausgrabungen – was bei der scheuen Autorin ja nun doch ein Glücksfall ist).

Verschiedene Autoren berichten von der Bedeutung der Entdeckungen Max Mallowans für die Archäologie, extrahieren aus den Büchern des Ehepaares Agathas Anteil an diesem Werk ihres Mannes (so hat sie definitiv finanzielle Unterstützung geleistet, hat die Arbeiter medizinisch versorgt, hat Keramiken wieder zusammengesetzt, Elfenbein gereinigt, die Fundstücke fotografiert und für das Wohl aller Beteiligten gesorgt, in dem sie ihre Fantasie nutzte, um zum Beispiel Eclairs mit Büffelmilchsahne zu servieren, damit es den Briten in der Fremde nicht an dem gewohnten Luxus fehlt *g*).

Sehr schön fand ich es auch die Eindrücke von Joan Oates zu lesen, die mit der Autorin befreundet war und sich an so manchen gemeinsamen Einkaufsbummel über den Bazar erinnerte. Auch wird auf den Einfluss ihrer Erlebnisse im Nahen Osten auf ihre Arbeit als Kriminalschriftstellerin hingewiesen, denn nicht nur in „Rächende Geister“ (ein Krimi, der während der 11. Dynastie in Theben spielt und bei dem ihr ein Kollege ihres Mannes bei der Recherche geholfen hatte), sondern auch einige der modernen Titel sind davon sehr geprägt worden. Ich werde nach dieser Lektüre einige Agatha-Christie-Krimis auf jeden Fall mit anderen Augen betrachten.

Dabei habe ich gar nicht mal so viel neues erfahren, wenn man von dem archäologischen Anteil des Buches absieht (ich finde das zwar interessant, beschränke mich da aber normalerweise auf Romane, die in diesem Umfeld spielen 😉 ), aber ich habe eine neue Sicht auf einige Dinge bekommen  – und ich habe die Fotos genossen! So viele alte Abbildungen von den Ausgrabungen, von den Landschaften und von den Menschen. Fotos von Agatha Christie, die zeigen, wie sie die Ausgrabungen wahrgenommen hat, was ihr damals ins Auge gefallen ist und was für sie so wichtig war, dass sie es trotz der hohen Materialkosten abgelichtet hat. Aber auch Bilder, die die Autorin zeigen, wie sie entspannt auf einem Hügel spazieren geht, wie sie neugierig in ein Ausgrabungsloch späht und wie sie mit den anderen in der Wüste an einer Teetafel sitzt. Wer von euch die Möglichkeit hat, der sollte auf jeden Fall einen Blick in das Buch werfen – und wenn er dabei nur die Fotos betrachtet!