Über „Carbonel“ von Barbara Sleigh bin ich vor vielen Jahren bei Kiya gestolpert, und da der Titel nicht nur sehr lange auf meiner Wunschliste saß, sondern dann auch noch über ein Jahr auf meinem SuB lag, habe ich nun das Problem, dass ich den dritten Carbonel-Band nicht mehr bestellen kann. Dabei gefiel mir der erste Teil rund um Rosemary, ihren neu gewonnenen Freund John und den König der Katzen so gut, dass ich gern noch mehr Abenteuer mit den dreien lesen würde. Die Geschichte beginnt damit, dass die zehnjährige Rosemary sich überlegt, dass sie in ihren Sommerferien mit Putzen Geld verdienen könnte. Doch dafür benötigt sie erst einmal die notwendigen Utensilien, und so kauft sie auf einem Gebrauchtmarkt von einer etwas wunderlichen alten Frau einen Besen.
Da die Dame auch noch günstig einen schwarzen Kater abzugeben hatte und Rosemary schon immer eine Katze wollte, nimmt sie diesen auch noch mit, ohne zu wissen, dass sie damit in Besitz eines Hexenbesens und des passenden Hexenkaters gekommen ist. Doch Carbonel ist mehr als nur ein einfacher Hexenkater. Er ist ein Prinz der Katzen, der als Kätzchen von der Hexe gestohlen und verflucht wurde. Erst wenn der Fluch gebrochen ist, kann er den Thron seines verstorbenen Vaters in Besitz nehmen und über die Katzen von London herrschen. Natürlich erklärt sich Rosemary bereit, alles dafür zu tun, dass Carbonels Fluch gebrochen wird. Dies führt dazu, dass sie in den kommenden Wochen quer durch London unterwegs ist, um die notwendigen Dinge für den Zauber aufzutreiben. Doch diese Aufgabe ist nicht so einfach, und so ist es nur gut, dass Rosemary in ihrem neu gefundenen Freund John jemanden hat, der mit ihr gemeinsam Informationen sammelt und Abenteuer erlebt.
Die Geschichte wurde von Barbara Sleigh das erste Mal 1955 veröffentlicht, und natürlich merkt man der Handlung ihr Alter auch an. Barbara und John müssen zu Fuß, mit dem Bus oder mit dem – leider ziemlich altersschwachen – Hexenbesen all ihre Wege hinter sich bringen. Und um überhaupt den ganzen Tag unterwegs sein zu können, benötigen sie die Erlaubnis von Johns Tante und Rosemarys Mutter. So verstreicht zwischen den verschiedenen Unternehmungen immer wieder Zeit, und es gibt Tage, an denen die beiden Kinder einfach nur gemeinsam im Garten von Johns Tante spielen, weil sie eben diese Erlaubnis nicht bekommen haben. Das sorgt dafür, dass „Carbonel“ eher ruhig erzählt wird, aber gerade das habe ich sehr gemocht. Ich habe eine Schwäche für altmodische britische Kinderbücher voller Magie und Alltagsszenen, und genau das habe ich hier gefunden. Ich mochte all die fantastischen Elemente ebenso sehr wie die eher alltäglichen Momente, mir gefielen die verschiedenen Charaktere, und ich fand es großartig, dass Carbonel arrogant und fordernd ist und wenig Verständnis für die begrenzten Möglichkeiten eines zehnjährigen Mädchens hat.
Es gab beim Lesen immer wieder Punkte, die mich an die Mary-Poppins-Romane von P.L. Travers oder an die Geschichten von Edith Nesbit erinnert haben, die ich als Kind so geliebt habe. Dabei hatte ich jedoch nie das Gefühl, dass Barbara Sleigh sich von diesen Autorinnen hat inspirieren lassen. „Carbonel“ ist eine ganz eigene Geschichte mit einer wunderbar warmherzigen Atmosphäre, vielen amüsanten Wendungen und (Neben-)Charakteren, die ich wirklich mochte. Für diejenigen, die nun auch Lust auf „Carbonel“ bekommen haben, aber nicht auf Englisch lesen mögen: 2013 ist eine deutsche Ausgabe mit dem Titel „Carbonel – König der Katzen“ bei Ravensburger erschienen und auch wenn das Buch nur noch gebraucht zu bekommen ist, so scheint das Angebot an günstigen und gut erhaltenen Exemplaren gar nicht so gering zu sein.