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Jessica Kremser: Frau Maier sieht Gespenster

Nach „Frau Maier fischt im Trüben“ und „Frau Maier hört das Gras wachsen“ ist „Frau Maier sieht Gespenster“ von Jessica Kremser der dritte Krimi rund um die ältere Putzfrau. Obwohl sich am Ende des zweiten Bandes angedeutet hat, dass Frau Maier in Zukunft vielleicht weniger allein wäre, hat sich an ihrer privaten Situation in der Zwischenzeit kaum etwas geändert. Sie trauert immer noch ihrer Jugendliebe, dem Fischer-Karli, hinterher, und Elfriede Gruber ist die einzige Person, die sie als eine Freundin bezeichnen würde. Immerhin ist es schön zu sehen, dass sie auch Elfriede sehr ans Herz gewachsen ist und auch der Psychologe Frank Schöning kümmert sich weiter um die alte Dame.

Er ist es auch, bei dem sie – wenn auch nicht ganz freiwillig – durchblicken lässt, dass ihre neue Stelle im Schloss auf der Insel im Chiemsee sie etwas nervös macht. Frau Maier verrät ihm allerdings, dass sie nicht nur die Aussicht auf den neuen Arbeitsplatz so unruhig macht, sondern auch die Tatsache, dass sie sich verfolgt fühlt. Seit einem Kirchenbesuch hört sie eine Stimme, die ihren Namen ruft, obwohl kein Mensch zu sehen ist. Kurz darauf sieht sie auch noch Bewegungen in den Spiegeln im Schloss, ohne dass eine Person zu sehen oder hören ist. Wenig später stolpert Frau Maier über die Leiche eines der Angestellten – und schon steckt sie wieder mittendrin in einer Mordermittlung.

Mir hat dieser dritte Band wieder besser gefallen als der zweite Teil. Frau Maier hört und sieht zwar Gespenster und es gibt immer noch einige Sachen, die ihr Angst machen, aber trotzdem spürt man wieder mehr von der alten Unerschütterlichkeit, die sie in „Frau Maier fischt im Trüben“ so ausgezeichnet hat. Ihre Neugier ist definitiv größer als ihre Angst und so geht sie stetig ihren Weg und steckt ihre Nase auch in Ecken, die eigentlich für sie verboten sind. Es hat mir gefallen zu sehen, wie Frau Maier an ihrem neuen Arbeitsplatz Menschen kennenlernt und Freundschaften schließt – und ebenso hat es mir gefallen mitzuerleben, wie andere Personen Frau Maier wahrnehmen. Obwohl sie immer noch scheu und unsicher ist, wenn es um andere Menschen geht, entwickelt sich Frau Maier in dieser Hinsicht immer weiter und behält dabei doch ihren ganz eigenen Charakter.

Noch schöner ist es, dass Frau Maier endlich – mit über sechzig Jahren – in Kauzing angekommen zu sein scheint. Natürlich macht das die vorhergehenden Jahre nicht ungeschehen, aber ich mochte es, wie sie so langsam entdeckte, wie sehr ihr nicht nur ihr Häuschen und der See Heimat sind, sondern auch der kleine Ort (und sogar seine Bewohner). So geht es in „Frau Maier sieht Gespenster“ zwar schon fast zu sehr darum Ängste zu bekämpfen, aber eben auch darum Vergangenes abzuschließen und sich auf die Dinge zu konzentrieren, die vor einem liegen und die man genießen mag.

Auch den Kriminalfall fand ich in diesem Band besser als im Vorgänger. Aber vielleicht lag das auch daran, dass es so viele verschiedene Aspekte gab, auf die ich mich beim Lesen konzentrieren konnte, dass ich dieses Mal nicht so kritisch mit der Handlung umging. Außerdem war bei diesem Fall ein anderer Polizist für die Ermittlungen verantwortlich, was dafür sorgte, dass all die unangenehmen Szenen wegfielen, in denen Frau Maier vorgeworfen wird, dass sie verwirrt oder eine Wichtigtuerin ist. So habe ich mich beim Lesen wieder gut unterhalten gefühlt, ich habe geschmunzelt, gebangt und mich gefreut – und genau so muss es sein, wenn Frau Maier einen Fall löst.

Jessica Kremser: Frau Maier hört das Gras wachsen

„Frau Maier hört das Gras wachsen“ ist der zweite Roman von Jessica Maier rund um die rüstige Putzfrau Frau Maier. Seit dem Ereignissen in „Frau Maier fischt im Trüben“ ist etwas Zeit vergangen und es hat sich einiges verändert. So denkt die alte Dame zum Beispiel immer noch an ihren Fischer-Karli, aber getroffen hat sie den Mann in all den Monaten nicht mehr. Schließlich macht es keinen Sinn einem Mann hinterherzutrauern, der seit Jahrzehnten mit einer anderen Frau verheiratet ist. Dafür bekommt Frau Maier regelmäßig Besuch von dem Polizeipsychologen Frank Schön und Elfriede Gruber, die ihr inzwischen eine gute Freundin geworden ist.

Elfriede ist es auch, die Frau Maier einen Job als Putzfrau im schicken Kurhotel Bergblick verschafft hat, nachdem eines der Zimmermädchen kurzfristig ausgefallen ist. Zum ersten Mal in ihrem Leben hat Frau Maier Menschen, mit denen sie befreundet ist, und eine Anstellung, die genügend Geld abwirft, dass sie sogar jeden Monat ein bisschen sparen kann. Auf der anderen Seite leidet sie immer noch unter den lebensgefährlichen Ereignissen rund um den von ihr entdeckten Mord – und die Ängste, die sie seitdem begleiten, haben Frau Maier sehr erschüttert.

Deshalb ärgert sie sich auch sehr über ihre eigene Unsicherheit, als sie eines nachts in einem leerstehenden Haus am See den Schein einer Taschenlampe sieht und sich nicht traut nach dem Rechten zu sehen. So ist ihr dieser Moment noch sehr präsent, als sie am nächsten Tag im Hotel erfährt, dass Simone Lenz, eine im Hotel abgestiegende Frau, mitsamt ihrer zehnjährigen Tochter Vivien vermisst wird. Kurz darauf steht fest, dass die labile Frau tot ist, während ihre Tochter weiterhin verschwunden bleibt.

Mir hat auch dieser Band um Frau Maier wieder gut gefallen, aber ich muss gestehen, dass ich an ihr eine gewisse Unerschütterlichkeit vermisst habe, die ihre Ermittlungen in „Frau Maier fischt im Trüben“ geprägt haben. Frau Maier ist immer noch neugierig und hat das Gefühl, dass sie Dinge unternehmen und herausfinden kann, auf die die Polizei nicht kommt (oder nicht tun könnte), aber dabei ist sie häufig sehr unsicher und ängstlich. Auf der anderen Seite ist es schön zu sehen, wie sehr es Frau Maier genießt, dass sie nun Freunde hat und täglich Kontakt mit Menschen, die ihr wohlgesonnen zu sein scheinen. Das ist ein ganz neues und kostbares Erlebnis für die alte Frau und sorgt dafür, dass sie anfängt auf Menschen zuzugehen.

Ich fand es einfach rührend wie sehr Frau Maier zum Beispiel die Kaffee- und Plaudermomente in der Hotelküche genießt oder wie aufgeregt sie ist, als sie eine Kollegen zuhause besucht. Oft genug sorgt ihre Unerfahrenheit im Umgang mit anderen auch dafür, dass sie Anspielungen nicht versteht oder unnötige Gedanken über geführte Gespräche macht, aber auch das fand ich ganz bezaubernd zu verfolgen. So wird deutlich, dass die Ereignisse aus dem ersten Band in ihr sehr viel angestoßen und nicht nur ungeahnte Ängste gebracht haben, sondern auch positive Entwicklungen in ihrem Leben. Das ist es auch, was diesen Roman für mich zu so einer Wohlfühlgeschichte gemacht hatte (vor allem, da ich den Fall stellenweise etwas sehr durchsichtig fand) und dafür sorgt, dass ich wohl in absehbarer Zeit auch den dritten Roman von Frau Maier besorgen und lesen werde. Ich habe diese Figur, ihre kleinen Eigenarten und ihre Liebe zum See wirklich in mein Herz geschlossen.

Jessica Kremser: Frau Maier fischt im Trüben

In letzter Zeit bin ich an Romanen, die nach deutschem Regionalkrimi klangen, eher vorbeigegangen. Irgendwie hatte ich davon ein paar zu viel und so langsam kam das Gefühl auf, dass immer mehr auf „Humor“ gesetzt wird statt auf Regionalität oder gar eine stimmige Kriminalgeschichte. Trotzdem hat mich die Inhaltsbeschreibung von „Frau Maier fischt im Trüben“ nicht so recht losgelassen, obwohl das Buch vom Verlag als „Chiemgau-Krimi“ bezeichnet wird. Und ich bin ehrlich froh, dass ich meine Vorurteile lange genug überwunden habe, um mit Frau Maier auf Mörderjagd zu gehen.

„Frau Maier fischt im Trüben“ von Jessica Kremser ist ein wunderbar leiser Krimi, bei dem es mir beim Lesen weniger um die Identität des Täters ging als um die Protagonistin. Frau Maier lebt seit ihrer Kindheit in dem kleinen Ort Kauzing am Chiemsee. Obwohl sie auch mit über sechzig Jahren immer noch die „Zugezogene“ ist und kaum Kontakte im Ort hat, ist sie dort fest verwurzelt. Als Putzfrau hat sie ein sehr bescheidenes Auskommen und wenn sie nicht eine Hütte am Seeufer von ihren Eltern geerbt hätte, so würde sie trotz ihres wenig anspruchsvollen Lebensstils nicht zurechtkommen.

Es gibt eigentlich nur vier Dinge, an denen ihr Herz hängt: Elvis, gutes Essen, ihre Katze und der Chiemsee. Den See beobachtet sie nun schon seit vielen Jahrzehnten, so auch an dem Morgen, an dem sie und ihre Katze am Ufer einer Leiche finden. Da Frau Maier kein Telefon in ihrem abgelegenen Häuschen hat, läuft sie in den Ort, um die Polizei zu rufen – und in der Zwischenzeit verschwindet die Tote. Für die Behörden steht so schnell fest, dass sie es mit einer verwirrten alten Frau zu tun haben, die ihnen Ärger macht, um etwas Aufmerksamkeit zu bekommen.

So sieht sich Frau Maier gezwungen zu beweisen, dass sie wirklich eine Leiche gefunden hat – vor allem, da sie die Tote auch erkannt hatte und sich nun fragt, warum jemand die Frau ermordet haben könnte. Um den Mörder, der ihr Nacht für Nacht mit boshaften Streichen Angst einflößen will, zu finden, nutzt Frau Maier nicht nur die Quellen, die ihr als Putzfrau zur Verfügung stehen. Sie erkennt auch wie nützlich es nun ist, dass sie ihr Leben lang eine Beobachterin am Rande der Ortsgemeinschaft war und wie viel Wissen sie auf diese Weise über ihre Nachbarn gesammelt hat.

Mir persönlich hat das Eintauchen in Frau Maiers Welt richtig gut getan und ich hatte die einsame Frau schon nach wenigen Seiten ins Herz geschlossen. Frau Maier ist durch und durch bodenständig, hat ihre täglichen Rituale, liebt die Natur (vor allem den See vor ihrer Tür) und geht jedes Problem wunderbar sachlich an. Einzig ihre Gefühle für den – schon lange mit einer anderen verheirateten – Fischer-Karli und ihre Leidenschaft für Elvis verrät, dass auch sie in ihrem Leben Träume und Wünsche hatte, die sie aber tief in ihrem Herzen verschließen musste.

Stück für Stück erfährt man als Leser mehr über Frau Maier und während sich die Situation zwischen ihr und dem Mörder immer weiter zuspitzt, verändert sich die alte Frau unmerklich. Hatte sie ihr ganzes Leben lang versucht keine Aufmerksamkeit zu erregen, so muss sie nun bewirken, dass man sie wahrnimmt und ihre Aussagen ernst nimmt. Die Suche nach dem Mörder und den Hintergründen der Tat sorgt dafür, dass auch ihre Sicht auf ihre Person ändert und dass sie Fähigkeiten an sich entdeckt, die sie sich nie zugetraut hätte.

Dabei wird Frau Maier – ebenso wie die Figuren in ihrer Umgebung – angenehm realistisch beschrieben. Sie ist eine alte Frau mit Zipperlein, leichten Gewichtsproblemen und Angewohnheiten, die nur schwer abzulegen sind. Mal musste ich beim Lesen an meine Großmutter denken, mal an eine alte Nachbarin und so gut wie nie kam mir eine Szene überzogen oder künstlich vor. Auch die Ortsgemeinschaft wird von der Autorin stimmig dargestellt. Anfangs kam es mir zwar etwas extrem vor, dass Frau Maier nach all den Jahren so wenig Kontakt gefunden hatte, aber durch ihre Persönlichkeit und die Zeit, in der sie und ihre Eltern an den Chiemsee gezogen waren, ließ sich auch das ganz gut erklären.

Einzig das Motiv des Täters hat mir nicht so gut gefallen (hach, jetzt würde ich wirklich gern mal spoilern), aber damit konnte ich leben, weil ich diese leise und unterhaltsame Geschichte rund um Frau Maier so genossen habe.