„Sieben verdammt lange Tage“ von Jonathan Tropper hockt schon sehr lange auf meinem SuB, aber so richtig habe ich mich nie in der Stimmung für das Buch gefühlt. Umso erfreuter habe ich zugegriffen, als mir Natira das Hörbuch als Leihgabe angeboten hat. Grundsätzlich mag ich diese Art von Familiengeschichten sehr – vielleicht, weil mir meine Familie im Vergleich den Foxmans gleich sehr viel normaler vorkommt. Aber nach dem Hören dieses Hörbuchs, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ich eine Protagonistin benötige, um mich mich wohlzufühlen. Und sei es nur, weil ich dann nicht ständig mit dem fehlenden Sexleben der Hauptfigur und seinen Gedanken und Reaktionen auf jedes einigermaßen attraktive weibliche Wesen konfrontiert werde.
Aber vielleicht sollte ich erst einmal ein paar Worte zur Handlung verlieren. In „Sieben verdammt lange Tage“ dreht sich die Handlung um Judd, der vor ein paar Wochen herausgefunden hat, dass seine Frau Jen ihn mit seinem Chef betrügt. Pikanterweise hat er Jen prompt an ihrem Geburtstag mit ihrem Liebhaber in in ihrem Ehebett erwischt, als er sie früher von der Arbeit kam, um sie mit einer Torte zu überraschen. Die Torte mitsamt den brennenden Kerzen landete dann im Hintern des Chefs und das war es dann mit Judds Ehe. Kurz darauf stirbt Judds Vater, der schon längere Zeit krank war, und um den letzten Wunsch des Toten zu erfüllen, sollen Judd und seine drei Geschwister – wie es sich nach dem traditionellen jüdischen Glauben gehört – sieben Tage Schiwa sitzen.
Während dieser sieben Tage, in denen sich die Mitglieder der Familie Foxman kaum aus dem Weg gehen können, kommen viele Gefühle hoch, die seit Jahren von allen totgeschwiegen wurden, und alte und aktuelle Konflikte lassen sich nicht länger ignorieren. Während Judds ältere Schwester Wendy von ihrem vielbeschäftigen Ehemann Barry mit den drei kleinen Kindern ständig allein gelassen wird und ihrem Jugendfreund hinterhertrauert, wirft sein Bruder Paul ihm vor, dass er seinetwegen nicht aufs College gehen konnte. Außerdem ist Paul mit Judds Ex-Freundin Alice verheiratet und die beiden versuchen seit Jahren vergeblich Kinder zu bekommen, während Judds Frau Jen gerade festgestellt hat, dass sie schwanger ist. Einzig Phillip, der jüngste der Foxman-Geschwister, scheint unbelastet durchs Leben zu gehen, doch natürlich trügt der Anschein.
Wie schon erwähnt, mochte ich die Familienszenen in dieser Geschichte. Die Liebe zwischen den Geschwistern ist ebenso greifbar wie all die größeren und kleineren Verletzungen, die sie sich gegenseitig – mal mehr, mal weniger absichtlich – zugefügt haben. Auch das Verhältnis zu den Eltern ist nicht ganz ungetrübt und so langsam wird Judd und seinen Geschwistern klar, dass sie ihren Vater verloren haben und keine Gelegenheit mehr haben werden, um ihm näher zu kommen. Was ich nicht mochte – und ich muss zugeben, dass ich grundsätzlich ein Problem damit habe – ist die … ähm … sexuelle Bedürftigkeit von Judd. Seit der Trennung von Jen hat er mit keiner Frau mehr geschlafen (wobei im Laufe der Geschichte klar wird, dass der letzte Sex keine drei Monate her ist) und ist so „bedürftig“, dass er anscheinend an nichts anderen mehr denken kann. Ständig betrachtet und beurteilt er Busen, Beine und Hintern und das hinterlässt bei mir einen ziemlich fiesen Nachgeschmack …
Der Sprecher, Andreas Pietschmann, liefert solide Arbeit. Ich fand seine Lesung passend und unterhaltsam und er verlieh den einzelnen Charakteren einen ausreichenden Wiedererkennungswert. Dass die Frauenstimmen immer mal wieder etwas unnatürlich klangen, fällt nicht so schwer ins Gewicht, da er bei diesen Passagen nicht so extrem die Stimme verstellte wie manch anderer Sprecher – da kann ich das verzeihen. Allerdings muss ich auch zugeben, dass ich jetzt weder die Stimme von Andreas Pietschmann, noch seine Leistung so herausstechend fand, dass er für mich einen Wiedererkennungswert besitzt.