Nachdem mir „The Last Duchess“ von Laura Powell im Januar so gut gefallen hatte, habe ich mir zeitnah zum Erscheinungsdatum die Fortsetzung „The Lost Island“ besorgt und gelesen. Obwohl die Protagonistin Pattern nach ihren Abenteuern im ersten Band der Serie finanziell gut abgesichert ist und sich keine Gedanken mehr über ihren Platz in der Gesellschaft machen müsste, hat sie sich dem „Silver Service“ verpflichtet. Der Silver Service ist eine Ermittlungsagentur, die sich darauf spezialisiert hat, ihre Mitarbeiter als Bedienstete einzuschleusen, um verdächtige Vorfälle mit vermutlich magischem Hintergrund zu lösen. Ihr erster Auftrag führt Pattern als drittes Hausmädchen in den Haushalt von Lady Cecily Hawk, wo sie herausfinden soll, was im vergangenen Jahr auf dem Besitz der Lady mit dem Mündel von Sir Whitby passiert ist und warum sich keiner der damals anwesenden Gäste an Details zu ihrem Aufenthalt erinnern kann.
Ich hatte Pattern ja schon in „The Last Duchess“ ins Herz geschlossen, aber in „The Lost Island“ gefiel sie mir noch besser. Hier ist sie nicht nur selbstbewusst bezüglich ihrer Fähigkeiten als Dienstmädchen, sondern sie wird auch gut ausgerüstet und bewaffnet mit vielen wertvollen Informationen auf ihren ersten Fall im Auftrag des Silver Service angesetzt. Nach all den Abenteuern in Elffinheim ist Pattern bereit für weitere magische Auseinandersetzungen, denn egal, wie anstrengend ihre Tage als drittes Hausmädchen bei Lady Hawk sind, sie freut sich über die neue Herausforderung und all die ungewöhnlichen Dinge, denen sie auf der verlorenen Insel begegnen wird. Dabei ist es Pattern durchaus bewusst, dass ihre Tätigkeit gefährlich ist und dass auf ihren Schultern die Verantwortung für die Sicherheit der gesamten Gesellschaft liegt. Am Ende dauert es dann doch eine ganze Weile, bis Pattern dahinterkommt, was auf der Insel schiefläuft und auf welche Weise die Magie der Lady Hawk funktioniert. Schließlich wäre es nicht so unterhaltsam zu lesen, wenn Pattern problemlos mit all den Herausforderungen umgehen könnte. Doch glücklicherweise steht ihr einer ihrer neuen Kollege zur Seite, der sich ebensowenig von der Magie der Insel einwickeln lässt wie sie.
Neben Patterns Entwicklung, den üblichen Beschreibungen des Dienstbotenalltags in einem solch herrschaftlichen Haus und all den kleinen zwischenmenschlichen Elementen, die nun einmal dazugehören, wenn so viele Personen auf so begrenztem Raum zusammenarbeiten müssen, hat mich vor allem die Insel fasziniert. Von Anfang an steht fest, dass Cull Island keine normale felsige Insel vor der walisischen Küste sein kann. Nicht nur gibt es ungewöhnlich viele südländische Fruchtbäume auf der Insel, sondern auch die Jahreszeiten scheinen ein wenig durcheinander zu sein, so dass man auf der einen Seite blühende Schneeglöckchen und auf der anderen Seite reife Zitrusfrüchte pflücken kann. Auch nimmt sich Laura Powell viel Zeit, um die Landschaft und die Gartengestaltung – inklusive all der ungewöhnlichen Statuen – zu beschreiben, was einen nur noch neugieriger darauf macht, hinter das Geheimnis der Insel und ihrer Besitzerin zu kommen.
Obwohl ich schon früh einen Verdacht hatte, wohin der eine oder andere vermisste Verehrer von Lady Hawks Tochter verschwunden war, hat mich der Einfallsreichtum der Autorin am Ende doch überrascht. Nach dem eher dezenten Einsatz von Magie im ersten Band greift Laura Powell in „The Lost Island“ tief in die Mythologie-Kiste und erschafft eine Geschichte voller Verzauberungen und klassischer Herausforderungen, die ich einfach nur wundervoll, amüsant und spannend zu lesen fand. Ich hoffe sehr, dass Pattern noch so einige Aufträge für den Silver Service annimmt und dabei ebenso unterhaltsame Abenteuer erlebt wie in diesem Teil der Reihe.