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Marie Brennan: A Natural History of Dragons – A Memoir by Lady Trent

Bislang kannte ich von Marie Brennan nur die beiden Romane „Doppelgänger“ und „Hexenkrieger“, die mir wirklich gut gefallen haben (auch wenn man eigentlich die Inhaltsangabe des zweiten Bandes auf gar keinen Fall lesen sollte, wenn man den ersten Teil noch unvoreingenommen genießen möchte). Aber obwohl ich die Bücher gut fand, habe ich mich nicht aktiv nach weiteren Romanen der Autorin umgeschaut und bin nur durch Zufall vor einiger Zeit mehr als einem Jahr über „A Natural History of Dragons“ gestolpert.

Die Geschichte wird erzählt von der berühmten Drachenforscherin Lady Isabella Trent, die in diesem Band von ihrer Kindheit und ihren Anfängen als Naturwissenschaftlerin berichtet. Als einziges Mädchen wuchs Isabella mit fünf Brüdern auf – und entwickelte auch dementsprechend jungenhafte Interessen, obwohl ihre Mutter alles daran setzte ihre Tochter zur Dame zu erziehen. Aber erst als es zu einem gefährlichen Vorfall kam, konnte sich Isabellas Mutter durchsetzen. Obwohl sich das Mädchen alle Mühe gab, ihre Leidenschaft für die Erforschung von Drachen und die Naturwissenschaft zu unterdrücken, bemerkte ihr Vater wie unglücklich sie war – und gab ihr für ihre erste Saison einen wirklich guten Rat auf den Weg (den ich hier nicht verrate, um nicht eine der schönsten Momente in diesem Buch zu verderben). Einige Jahre später ergibt sich für Isabella die Möglichkeit an einer Expedition teilzunehmen, obwohl sich dies für eine Dame (jener Zeit) in keinster Weise gehört.

Marie Brennan hat für ihre Geschichte eine Welt erschaffen, die in vielen Elementen an unsere Welt erinnert. So würde ich behaupten, dass Isabella in eine Art europäischen Land (vielleicht sogar England) aufwächst, das von der technischen Entwicklung her ungefähr dem Stand Mitte des 19. Jahrhunderts entspricht – allerdings gibt es dort im Gegensatz zu unserer Welt Drachen und drachenähnliche Geschöpfe, die zu Zeit von Isabellas Kindheit noch relativ unerforscht sind. So verweist die Erzählerin immer wieder drauf, dass damals bestimmte Wissenschaftler noch von dieser oder jener Annahme ausgingen, dass diese Mutmaßungen aber inzwischen durch vielfältige und intensive Forschungen widerlegt wurden.

Sehr schön finde ich bei diesem Bericht, dass es kein reiner Forschungs- oder Reisebericht ist, sondern die Lebenserinnerung einer alten Frau, die selber entscheidet, welche Schwerpunkte sie setzt. So überspringt die Erzählerin die langweiligeren Stellen, ist an manchen Punkten distanzierter oder objektiver, als sie es direkt nach Erleben der Ereignisse gewesen wäre oder fügt Nebenbemerkungen ein, die dem Leser erklären, warum manche Sachen zu ihrer Zeit noch unerhört oder ungewöhnlich waren. Ich mag diese Art eine Geschichte zu erzählen sehr und ich mag die Protagonisten inklusive der wertenden Nebenbemerkungen, mit denen sie ihr eigenes früheres Verhalten kommentiert. Stellenweise erinnert sie mich an eine jüngere (und höflichere) Amelia Peabody – und überraschenderweise gibt es sogar eine Art „Krimianteil“ in der Geschichte. 😉

Auch habe ich es sehr genossen, dass die Hardcover-Ausgabe so schön gestaltet ist – da verzeihe ich sogar den Rought-Cut-Schnitt der Seiten. Die Zeichnungen und das Papier sind so gehalten, dass es wirkt, als ob man ein altes Buch vor sich hätte (und ja, irgendwie passt da sogar der schreckliche Schnitt des Buchblocks zu), was auf angenehme Weise zusätzlich zu den Beschreibungen in der Geschichte noch zur Atmosphäre beiträgt. Ich mag die Drachenbilder, ich mag die anderen Abbildungen und ich mag Isabella und ihre Leidenschaft für die Drachen und ihre Unbeholfenheit in so vielen anderen Dingen. Leider bedeutet das nun auch, dass ich mir auf jeden Fall noch die anderen beiden inzwischen erschienenen Bücher besorgen muss. 😉