Schlagwort: Mary Balogh

Mary Balogh: Diesen Sommer bin ich dein

„Diesen Sommer bin ich dein“ gehört zu den Empfehlungen von Irina – und sie hat mit dem Roman bei mir ins Schwarze getroffen! Hach, die Geschichte war lustig und gleichzeitig zum Heulen schön, vor allem, da sie so leise und wenig reißerisch erzählt wird …

Kit Butler, Viscount Ravensberg, benimmt sich wahrlich nicht wie ein Gentleman und so sieht ihn Lauren Edgeworth zum ersten Mal, als er sich in der Öffentlichkeit mit drei Männern prügelt und dann ein Milchmädchen küsst. Lauren hingegen ist durch und durch eine Lady, sie fühlt sich von dem anstößigen Verhalten des Viscount schockiert, bewahrt ansonsten jederzeit ihre Würde und ist die Ehrbarkeit in Person. Doch ganz so einfach ist ihr Leben bislang nicht verlaufen, denn vor gerade mal einem Jahr stand Lauren vor dem Altar, um Neville Wyatt, Earl of Kilbourne, zu heiraten – doch dann platze die totgeglaubte und vor der Familie verheimlichte Frau des Bräutigams in die Kirche.

Für Lauren wurde die Situation in Newbury Abbey daraufhin unerträglich, denn nun hatte sie nicht nur das Glück des wiedervereinten Paares tagtäglich vor Augen, sondern musste auch damit leben, dass ihr Neville eigentlich die ganze Zeit eine andere Frau geliebt hat. Doch verlassen konnte sie sein Zuhause auch nicht ohne weiteres, da sie als Pflegetochter der Familie aufwuchs. Nur gut, dass sie vor einigen Wochen eine Einladung ihrer Tante nach London annehmen konnte, um dieser in den Monaten vor ihrer Niederkunft Gesellschaft zu leisten.

Auch Kit steht gerade vor einem Problem: Seine Großmutter feiert ihren fünfundsiebzigsten Geburtstag und anlässlich dieser Feier möchte Kits Vater die Verlobung seines Sohnes mit der Nachbarstochter bekannt geben. Doch da die Dame die ehemalige Zukünftige seines verstorbenen Bruders ist und Kit auch sonst ein Problem mit dieser geplanten Feier hat, plant er in den nächsten sechs Wochen eine Frau zu finden, die er seiner Familie als seine Verlobte vorstellen kann. Und damit diese Aufgabe zu einer richtigen Herausforderung wird, geht Kit mit seinen Freunden eine Wette ein, dass es die ehrbare und abweisende Lauren Edgeworth sein soll, die er in den nächsten Wochen erobert.

So sieht sich Lauren auf einmal den Aufmerksamkeiten des verrufenen Viscount Ravensberg ausgesetzt. Während sein Verhalten sie empört, reizt es sie jedoch auch mal gegen die Ratschläge ihrer Verwandtschaft zu handeln. Vor allem die Tatsache, dass man ihren Wunsch nach Einsamkeit und ein Leben als alte Jungfer nicht akzeptiert und ihr einen potenziellen Heiratskandidaten nach dem anderen vor die Nase setzt, empört sie so sehr, dass sie einen ungewohnten Widerspruchsgeist in sich entdeckt. Schließlich willigt sie ein mit Kit zusammen zu seiner Familie zu reisen und sich als seine zukünftige Braut auszugeben, in der Hoffnung, dass sie nach einer zweiten misslungenen Verlobung ein ruhiges und unabhängiges Leben in Bath führen kann. Doch so ganz einfach ist es nicht diese vorgetäuschte Verbindung ohne Probleme vor der gesamten Verwandtschaft aufrecht zu erhalten – vor allem, da es sich Lauren zur Aufgabe gemacht hat, Kit mit seiner Familie zu versöhnen, während er ihr den abenteuerlichsten und amüsantesten Sommer ihres Lebens bereiten will.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich habe kein Problem mit Sexszenen in historischen Liebesromanen, solange sie schön geschrieben sind (und über die anderen kann ich hinweglesen). Aber in der letzten Zeit ist mir der Verdacht gekommen, dass ich die Geschichten ohne Sex bevorzuge, da dann mehr Raum für die Charaktere und ihr Kennenlernen, für Wortgefechte und Freundschaft da ist. Mary Balogh hingegen lässt sich mit ihrer Handlung viel Zeit und findet so in meinen Augen die richtige Balance zwischen diesen beiden „Schwerpunkten“. Lauren und Kit lernen sich langsam kennen, obwohl für den Viscount die Zeit drängt. Und je mehr die beiden sich kennenlernen, desto mehr sind sie voneinander fasziniert, desto mehr freunden sich die beiden miteinander an.

Ich fand es wunderschön diese Beziehung zwischen den beiden zu verfolgen und mit Laurens Augen zu sehen, dass hinter Kits heiteren und unbekümmerten Fassade ein Mensch mit ganz eigenen Problemen steckt. Kit hingegen fühlt sich von Lauren würdevoller Haltung herausgefordert und doch lernt auch er nach einiger Zeit, dass hinter ihrem kühlen und gefassten Wesen der Wunsch steckt, einmal das Leben unbekümmert genießen zu können. Gerade die gemeinsamen Unternehmungen der beiden haben mich amüsiert. Ganz kleine Dinge, die für ein Kind ganz normal wären, wie eine kleine Kletterpartie in einen Baum, und die doch so ungehörig sind für eine Dame der Gesellschaft und deshalb unglaublichen Mut von Lauren fordern.

Auch die anderen Charaktere fand ich eigentlich durchweg sympathisch, selbst die unangenehmen Personen hatten doch Seiten, die einen berührten. Bei der Gelegenheit muss ich dann doch noch einmal auf Georgette Heyer verweisen, die es ganz wunderbar versteht hassenswerte Figuren wirklich reizvoll zu gestalten – und an ihren Herzog von Avon und seine Familie erinnerten mich auch Kits Nachbarn und die Verlobte seines verstorbenen Bruders. Ohje, ich kann es nicht ändern, dieser Vergleich muss einfach sein. 😉

Alles in allem hat mir „Diesen Sommer bin ich dein“ durchgehend gefallen und ich finde einfach keinen Kritikpunkt. Ich wollte das Buch nicht mehr aus der Hand legen, habe gelacht, geschmunzelt, geweint oder einfach nur eine Szene genossen. Die Geschichte ist richtig schön – und nur die Tatsache, dass anscheinend nur noch Ausgaben mit diesen schrecklichen Covern, auf denen in wallende Gewänder gekleidete Personen in gliedmaßenverrenkenden Stellungen zu sehen sind, zu kaufen sind, hält mich gerade davon ab meinen Wunschzettel mit Romanen von Mary Balogh zu füllen.