Bei meinem letzten Bibliotheksbesuch war mir von einer anderen Nutzerin Petros Markaris empfohlen worden. Der Name war mir zwar schon ein Begriff, aber bislang hatte ich von dem Autor noch nichts gelesen. Der Kurzgeschichtenband “Balkan Blues” schien mir aber die perfekte Gelegenheit zu sein, mal in seine Erzählweise reinzuschnuppern. Wenn es mir nicht gefallen würde, müsste ich ja nach der ersten Geschichte nicht weiterlesen … 😉
Wenn ich das richtig mitbekommen habe, dann gibt es inzwischen sechs Kriminalromane von Petros Markaris rund um Kommissar Kostas Charitos, der auch in der ersten Kurzgeschichte in diesem Band auftaucht und mir schnell sympathisch war. Aber vor allem dreht sich „Balkan Blues“ um das Thema Ausländer – oder besser Einwanderer – in Griechenland und der „Krimianteil“ der Geschichten ist nicht wie in einem klassischen Ermittlerroman gehalten und steht fast nie im Vordergrund.
So habe ich mit diesem Band Athen im Fußballfieber erlebt, gelernt, dass die olympischen Gebäude von Albanern gebaut wurden, mit einem kleinen schwarzen Mädchen den Tag im Park verbracht, hinter die Kulissen eines russischen Restaurants geblickt und habe mich auf den Weg gemacht, um eine Frau umzubringen. Außerdem habe ich mich mit einem Schuhputzer unterhalten, Griechischunterricht in einem Restaurant genommen, auf der Straße gebettelt, Obststeigen getragen und einer Hure bei einer wichtigen Tätigkeit Gesellschaft geleistet.
Die insgesamt neun Geschichten waren sehr abwechslungsreich. Nicht alle haben mir gefallen, aber das ist ja bei Kurzgeschichtensammlungen oft so. Aber die meisten haben ich als gut geschrieben und interessant empfunden. Verschiedene Perspektiven, teil aus Sicht der Einwanderer, teils aus griechischer Sicht, haben mir bestätigt, dass Vorurteile in jedem Land gleich sind. Dabei zeigt Petros Markaris die schmutzige Seite des Ganzen, aber trotzdem weisen ein paar seiner Geschichten so etwas wie Ironie, Mitleid oder gar Hoffnung auf. Mich hat diese Sammlung auf jeden Fall neugierig auf die Kommissar-Kostas-Charitos-Romane gemacht und so habe ich mir den ersten („Hellas Channel“) schon in der Bibliothek vormerken lassen.