Schlagwort: Kurzgeschichten

Edward Willett (Hrsg.): Shapers of Worlds (Anthologie)

Da ich für die Anthologien, die ich lese, gern einen Beitrag habe, in dem ich meine gesammelten Eindrücke zu den Kurzgeschichten aufschreibe, gibt es natürlich auch zu „Shapers of Worlds“ einen Post. In dieser Anthologie hat der Autor Edward Willett Kurzgeschichten von Autoren gesammelt, die 2018 in seinem Podcast über die Hintergründe des Schreibens mit ihm geredet haben. Dabei reichen die Beiträge von klassisch anmutender Science Fiction über Fantasy bis jinzu eher genreübergreifenden Geschichten, und ich persönlich fand es sehr spannend, so gar nicht zu wissen, was mich bei einem Text erwarten würde. Allerdings muss ich auch zugeben, dass ich beim Lesen dieser Anthologie – obwohl ich vorher relativ wenige Autoren kannte – nur eine Autorin (Shelley Adina) gefunden habe, die mich neugierig auf weitere Geschichten aus ihrer Feder gemacht hat.

1. Edward Willett: Vision Quest
Die erste Geschichte überhaupt, die ich von dem Autor gelesen habe, und sie hat mir sowohl inhaltlich als auch vom Erzählton gut gefallen. Erzählt wird die Handlung aus zwei Perspektiven: Auf der einen Seite aus der Sicht von Jamie, die vor einiger Zeit ihre Mutter verloren hat und sich eines Tages auf unerklärliche Weise von einem Stein inmitten der Prärie angezogen fühlt. Auf der anderen Seite von einem uralten Wesen, das seit vielen Jahrhunderten junge Menschen zu sich lockt. Bringt die Geschichte anfangs einen fast schon unheimlichen Unterton und eine beinah Lovecraftsche Atmosphäre mit sich, so entwickelt sie sich am Ende zu etwas sehr Schönem, das meine Fantasie angeregt und mir gutgetan hat. Doch, das hat mir wirklich gefallen. 🙂

2. Tanya Huff: Call to Arms
Tanya Huff war einer der Namen, die mich dazu gebracht haben, diesen Kickstarter überhaupt zu unterstützen. Die Geschichte spielt in der gleichen Welt wie „The Silvered“, neun Jahre nach den Ereignissen, die im Roman erzählt werden, und dreht sich auf der einen Seite darum, objektiv mit einer Macht wie dem Empire umzugehen, und auf der anderen Seite darum, dass eine funktionierende und menschliche Gesellschaft nicht auf Machtgier aufgebaut werden kann. Viel zum Nachdenken, viel zum Lachen – für mich eine typische Tanya-Huff-Geschichte. Sehr gut! Ich bin mir nicht sicher, ob die Kurzgeschichte so gut funktionieren würde, wenn man den Roman nicht kennt, gehe aber davon aus – für mich persönlich war es die perfekte Ergänzung zu „The Silvered“.

3. John Scalzi: The Tale of the Wicked
Ich finde es immer wieder lustig, dass ich von dem Autoren John Scalzi vor allem seinen Blog und seinen Twitteraccount kenne – und eine Handvoll Kurzgeschichten. Und jedes Mal, wenn ich wieder eine seiner Kurzgeschichten lese, denke ich, dass ich mir endlich einen seiner Romane vornehmen sollte. So auch nach dem Lesen von „The Tale of the Wicked“, in dem die Besatzungen zweier feindlicher Raumschiffe längere Zeit „Katze und Maus“ miteinander gespielt haben und nun feststellen müssen, dass ihre Raumschiffe die Regeln geändert haben. Die Grundidee ist – ebenso wie der Verweis auf „Asimov’s Laws of Robotics“ – nicht neu, aber gut geschrieben, mit amüsant zu lesenden kleinen Details und Wendungen und einem Ende, das deutlich hoffnungsvoller ist, als man es bei einer Geschichte, die mitten in einem Kampf beginnt, erwarten konnte.

4. John C. Wright: The Farships Fall to Nowhere
Diese Geschichte erzählt eine kurze Begegnung zwischen den namenlosen Erzähler und einem alten Mann, die auf dem Planeten Nowhere gemeinsam ein Glas leeren. Anfangs war ich etwas verwirrt, aber das war überaus passend, denn so erging es auch dem Erzähler. Je länger er sich allerdings mit dem alten Mann unterhält, desto mehr erfährt er über das Leben auf diesem Planeten und über das Schicksal der Raumschiffe, die dort nach langen, langen Reisen anlegen. Eine überraschende und gute Geschichte, die mir nicht nur aufgrund der Erzählstimme gefallen hat, sondern auch, weil sie eine Sicht auf Siedlungsraumschiffe wirft, die ich so noch nie gesehen habe. (Wobei ich zugeben muss, dass ich seit meiner Teenagerzeit nur noch sehr sporadisch SF lese. 😉 )

5. L. E. Modesitt, Jr.: Evanescence
Ich weiß nicht, was ich von dieser Geschichte halte. Sie dreht sich um … eine Begegnung im All, um Musik, um Kommunikation, um den Beginn einer Welt? Die Hälfte der Zeit hatte ich das Gefühl, nicht so recht greifen zu können, was der Autor mir sagen will, was irgendwie unbefriedigend war. Auf der anderen Seite fand ich das Ende nett und stimmig, so dass ich nicht unzufrieden aus der Geschichte gegangen bin.

6. Julie E. Czerneda: Peel
Uhhhh, diese Geschichte war gruselig und deprimierend, aber auch faszinierend … Wobei ich das Gefühl habe, ich düarf hier nichts über den Inhalt sagen, weil das zu viel verrät. Es gab zu Beginn auf jeden Fall ein paar Szenen, die mich intensiv an „The Stepford Wives“ erinnerten. Gut erzählt, aber keine Geschichte, zu der ich gern noch einmal zurückkehren würde, auf der anderen Seite aber wohl auch eine Geschichte, die noch längere Zeit in mir nachhallen wird.

7. Shelley Adina: The Knack of Flying
Diese Geschichte habe ich wirklich sehr gemocht, und da ich bislang nichts von der Autorin gelesen hatte, waren ihre Steampunkwelt und ihre Figuren eine angenehme Überraschung für mich! Nachdem ich nun die Pilotin Lady Phil(omena Noakes), den ungewöhnlichen Lewis Protheroe und ihre Freunde kennengelernt habe, habe ich gleich mal die ersten vier Magnificent-Devices-Steampunk-Bände der Autorin auf meine Merkliste gesetzt.

8. Derek Künsken: Ghost Colours
Der Autor erzählt mit „Ghost Colours“ eine Geschichte über ein Paar – Vanessa und Brian – und den Geist Pablo, der Brian seit ein paar Jahren heimsucht. Ich mochte es sehr, dass man in dieser Geschichte Geister erben kann, und ich fand Pablos Fachgebiet sehr interessant, doch vor allem fand ich es fasziniered, wie weit die Menschen in dieser Welt gehen, um einen Geist loszuwerden. Umso schöner war es, Brians Gedanken zu verfolgen und seine Gedanken und Gefühle gegenüber Pablo kennenzulernen. Das war nett, aber ehrlich gesagt auch nicht mehr.

9. Thoraiya Dyer: One Million Lira
Das war eine brutale Geschichte mit einem viel zu wahren Kern. Eine Geschichte über zwei Scharfschützinnen, die auf verschiedenen Seiten stehen und über ihre Motivation, diesen Beruf auszuüben, und über eine Welt, in der Überleben zu einer Herausforderung wird, nachdenken. Ich weiß nicht, ob ich hier von „gefallen“ sprechen kann, aber das war auf jeden Fall eine eindringliche Geschichte.

10. Gareth L. Powell: Pod Dreams of Tuckertown
Das war definitiv keine schöne Geschichte! Erzählt wird die Handlung aus der Sicht des achtzehnjährigen Pod, der von der Zeit träumt, als er gemeinsam mit seinen Freunden Eric und Kai noch Tuckertown unsicher machte. Eine Zeit, bevor Außerirdische die Gesellschaft übernahmen und die Regeln änderten. Im Laufe der Geschichte fällt Pod eine Entscheidung und ich weiß nicht, ob ich seinen Zustand davor oder danach schlimmer finde. Alles in allem war „Pod Dreams of Tuckertown“ ziemlich deprimierend.

11. Seanan McGuire: In Silent Streams, Where Once the Summer Shone
Diese Geschichte ist eine sehr bedrückende, aber auch überraschend verständnisvolle Auseinandersetzung mit den vergangenen Monaten und dem häufig erschreckend ignoranten Umgang der Menschheit als Ganzes mit der Corona-Pandemie. Sehr eindringlich erzählt Seanan McGuire davon, dass eine Apokalypse in der Regeln nicht wie im Film mit großem Lärm einhergeht, sondern leise und schleichend mit dem Sterben der Insekten, dem Verschwinden der Wälder und einem Virus, das sich über die gesamte Welt ausbreitet.

12. Fonda Lee: Welcome to the Legion of Six
Ein alternder Superheld, der während der Bewerbungsgespräche für Neuzugänge für „The Legion of Six“ über all die Veränderungen nachdenkt, die die vergangenen Jahrzehnte mit sich gebracht haben. Ich mag einfach solche „hinter den Kulissen von Superhelden-Organisationen“-Geschichten, außerdem fand ich den Erzähler sympathisch und mochte es, dass man trotz der Kürze einen erstaunlich guten Eindruck von all den Kandidaten für die Anwerbung bekam. Doch das Beste an der Geschichte war das Ende, das dafür gesorgt hat, dass ich jetzt noch lächeln muss, wenn ich daran denke!

13. Christopher Ruocchio: Good Intentions
Ich finde es wirklich spannend, wie unterschiedlich die Geschichten in dieser Anthologie sind. Christopher Ruocchio lässt den Leser mit „Good Intentions“ in eine fremde Welt reisen, in der eine Wissenschaftlerin die örtlichen Gepflogenheiten (zu denen unter anderem Sklaverei gehört) kaum ertragen kann. Doch als sie versucht, etwas zum Besseren zu wenden, scheint alles nur noch schlimmer zu werden. Ich muss zugeben, dass ich die Erzählstimme zwar mochte, aber von einer Wissenschaftlerin ein weniger irrationales Vorgehen und eine intensivere Betrachtung der Fakten erwartet hätte. Die Protagonistin scheint so festgefahren in ihrer Meinung zu sein, dass sie nur eine Perspektive sieht, und das finde ich nicht angemessen. Auf der anderen Seite ist es schon stimmig, dass sie hartnäckig eine Lösung für ein Problem sucht … So recht kann ich mich am Ende nicht entscheiden, ob ich die Geschichte mochte oder nicht.

14. David Brin: „Shhhh …“
David Brins Geschichte erzählt von einer Menschheit, die durch den Kontakt mit Außerirdischen verändert wurde, von einem wahnsinnigen Präsidenten und einer großen Frage, die den Erzähler beschäftigt. Ich mochte „Shhhh …“ sehr, gerade weil der Autor so viele Elemente in der Handlung offen und einem so viel Spielraum für eigene Gedanken lässt. Und mir gefällt die Vorstellung, dass der Erzähler am Ende recht behält und alles richtig beobachtet hat. 😉

15. D.J. Butler: The Greatest of These Is Hope
Das war eine wirklich hübsche Geschichte über einen sterbenden Planeten und dass Hoffnung manchmal aus unerwarteten Ecken kommt. Ich mochte die Erzählstimme der elfjährigen Izzy ebenso wie die anderen Charaktere, die der Autor in die Handlung eingebaut hat. Ein Teil von mir ist zynisch und fürchtet, dass nach dem hoffnungsvollen Ende für die Figuren noch etwas schief laufen könnte, ein anderer Teil möchte glauben, dass Izzys kleiner Bruder Bear und sein neuer Freund ein Zeichen für eine hoffnungsvollere Zukunft sind. Aber gerade die Tatsache, dass so viele Möglichkeiten in dem Ende von „The Greatest of These Is Hope“ mitschwingen, macht es für mich zu einer guten Geschichte.

16. Dr. Charles E. Gannon: A Thing of Beauty
Diese Geschichte von Dr. Charles E. Gannon finde ich schwierig, weil mir auf der einen Seite die Erzählweise und die Figuren gefallen, ich auf der anderen Seite aber ein riesiges Problem mit der Lösung habe, die die Protagonistin am Ende wählt. Der Autor lässt seine Handlung auf einem Mond spielen, der – ebenso wie der Rest des bekannten Universums – von Konzernen beherrscht wird. Und diese Konzerne bzw. die Entscheidungsträger in diesen Konzernen geben nicht viel auf ein Menschenleben, was zu Beginn der Geschichte dazu führt, dass die Protagonistin Elnesse zwei Führungskräfte dabei belauscht, wie sie einen Plan entwerfen, um die „nichtproduktiven“ und somit „zu teuren“ Waisenkinder unter ihrer Obhut loszuwerden. Ich wünschte mir, der Autor, der ausführlich die Kunst der Protagonistin beschreibt, hätte einen kreativeren Weg gefunden, um am Ende der Geschichte die Kinder zu retten. So hingegen bin ich am Ende ziemlich enttäuscht von „A Thing of Beauty“ …

17. David Weber: Home Is Where the Heart Is
Das war eine sehr, sehr nette Geschichte – vor allem, wenn man bedenkt, dass der Teufel seine Finger bei diesem Text im Spiel hatte 😉 – mit einer überraschenden Wendung am Ende, die ich so nicht erwartet hätte. (Ich war eher davon ausgegangen, dass der Protagonist sich als das Gegenteil dessen herausstellt, was er wirklich war.) Wenn ich sehr ernsthaft nach einem Kritikpunkt suche, dann könnte ich höchstens sagen, dass ich bei der Länge der Geschichte gern noch ein kleines bisschen mehr über den Werdegang des Protagonisten erfahren hätte, aber so wie es war, war es auch gut.

18. Joe Haldeman: Tricentennial
„Tricentennial“ ist eine gut geschriebene Geschichte über eine Gruppe von Wissenschaftlern, die eine Nachricht ins All schicken will, um die benachbarten Aliens wissen zu lassen, dass es sie gibt. Ein bisschen frustierend fand ich die „überraschende“ Wendung am Ende, die ich nicht so überraschend fand und bei der ich das Gefühl hatte, ich hätte sie schon mehrfach so gelesen. Was bei mir mal wieder zu dem Schluss geführt hat, dass ich grundsätzlich lieber (Urban) Fantasy, Science Horror oder Steampunk lese als „klassische“ Science Fiction, weil ich da das Gefühl habe, dass auch schon erzählte Ideen mir mit mehr Variablen präsentiert werden als bei dieser Art von SF-Geschichten.

Kurzgeschichten lesen

Ich habe in letzter Zeit ja schon häufiger angemerkt, dass ich momentan erschreckend große Probleme habe, mich auf ein Buch einzulassen – vor allem, wenn dieses Buch vielleicht auch noch ein kleines bisschen anspruchsvoller ist als der durchschnittliche Liebesroman oder ein nettes Kinderbuch. Ich mag Liebesromane und Kinderbücher, aber so richtig befriedigend ist es nicht, wenn man seit Wochen alle anderen Bücher angefangen liegen lässt, weil man nicht in die Handlung kommt oder weil man merkt, dass man nun schon zum dritten Mal denselben Absatz gelesen, aber keinerlei Informationen aufgenommen hat.

Zur Rettung meiner Laune habe ich in den letzten Tagen Kurzgeschichten wieder für mich entdeckt. Ich wache gerade regelmäßig deutlich vor dem Weckerklingeln auf, und statt mich darüber zu ärgern, dass ich nicht einschlafen kann, setze ich mich ins Wohnzimmer und lese eine Kurzgeschichte. Es liegen nicht nur so einige Anthologien auf dem SuB, die ich schon länger lesen will, ich habe auch einen großen Vorrat an Kurzgeschichten auf der Festplatte, die ich dank Patreon oder aufgrund von Autoren-Newslettern runterladen konnte. Außerdem haben sich so einige Links in meinen Lesezeichen angesammelt, hinter denen sich Kurzgeschichten verbergen, für die ich keine Zeit hatte, als ich sie online entdeckte, und deshalb später lesen wollte. So schnell geht mir in diesem Bereich der Lesestoff also nicht aus. 😉

Es sind nicht gerade viele Seiten, die ich so am Tag lese, aber das ist ja auch egal. Kurzgeschichten sind in der Regel eingängig geschrieben – was mir zur Zeit definitiv entgegenkommt – und viele davon bieten mir über ihre paar Seiten hinaus Stoff zum Nachdenken, Schmunzeln und Gruseln, so dass ich von diesen fünf bis zehn Minuten Lesezeit am Morgen oft den ganzen Tag was habe. Sie sind nicht ganz so befriedigend wie Romane, in denen ich versinken kann, oder Sachbücher, die mir neues Wissen bieten und mich auf mir unbekannte Themengebiete neugierig machen, aber solange es mit mir und den Büchern nicht so recht klappen will, bin ich sehr zufrieden damit, dass die Kurzgeschichten meinen Tag und meine Laune retten.

Gail Z. Martin: Trifles and Folly (A Deadly Curiosities Collection)

Der elfte Titel des „Modern Magic“-Bundles war „Trifles and Folly“ von Gail Z. Martin und hier gab es für mich keinen Roman, sondern eine Sammlung von neun Kurzgeschichten, die sich rund um das „Trifles and Folly“, einem Geschäft für Antiquitäten und ungewöhnliche Gegenstände, drehten. Inhaberin des Geschäfts ist Cassidy Kincaide, die die Gabe hat Eindrücke der Vorbesitzer von Gegenständen wahrzunehmen. Diese Gabe nutzt sie im Dienste der „Alliance“, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, gefährliche Gegenstände zu vernichten oder zumindest so weit unter Verschluss zu nehmen, dass Unschuldige nicht weiter darunter leiden können. Dabei bedeutet „gefährliche Gegenstände“ in diesem Zusammenhang Gegenstände, die zum Beispiel verflucht wurden, mit einem Geist verbunden sind oder einfach nur mit der negativen Energie ihres Vorbesitzers so sehr aufgeladen sind, dass sie alle nachfolgenden Benutzer beeinflussen können.

Cassidy arbeitet vor allem mit ihrem Assistenten Teag Logan zusammen, der nicht nur diverse Kampfsportarten beherrscht, sondern auch ein Web-Magier ist und deshalb mit Garnen, Fäden und dem Internet Magie ausüben kann. Außerdem steht ihr ihr Vorgesetzter Sorren zur Seite, der – da er ein Vampir und schon um die 600 Jahre alt ist – auch schon mit Cassidys Vorfahren zusammengearbeitet hat, die ebenfalls für die „Alliance“ tätig waren. Durch ihn findet sie auch immer wieder weitere Leute, die ihr mit ihrem Wissen und ihren Fähigkeiten beistehen können, wenn es um spezielle Aspekte der Magie oder um die Hintergründe eines historischen Gebäudes oder ähnliches geht.

Ich mochte die relative Alltäglichkeit der Gegenstände, die im Mittelpunkt der meisten Geschichten standen. So beginnt die Handlung in „Buttons“ mit einem Knopf, in „The Restless Dead“ mit dem Schwungrad einer alten Nähmaschine, in „Retribution“ mit Poker-Chips und einem Flachmann, in „Wicked Dreams“ mit einer Schreibmaschine und in „Coffin Box“ mit einem Humidor. Erst ab „Collector“ starten die Ereignisse mit Dingen, bei denen man eher davon ausgehen würde, dass damit Geistererscheinungen oder andere „magische“ Vorfälle einhergehen. In „Collector“ sind es übrigens von Hopi geschaffene Figuren, in „Bad Memories“ ist es das Rasierzeug eines in einem Militärkrankenhaus verstorbenen Soldaten und in „Spook House“ ein für Halloween eröffnetes Spukhaus. (Jetzt frage ich mich nur, ob ich den Gartenzwerg in „Shadow Garden“ eher als „alltäglich“ oder „spukigen“ Gegenstand einordnen sollte. 😉 )

Die Geschichten waren eigentlich gut zu lesen und unterhaltsam, habe mich aber ehrlich gesagt nicht wirklich auf die beiden Romane rund um Cassidy neugierig gemacht. Dafür haben mich die einzelnen Geschichten einfach nicht genug gepackt und es fehlte eindeutig an Spannung. Denn auch wenn mir die verschiedenen Charaktere sympathisch waren, so habe ich nicht mit ihnen mitgefiebert oder gar befürchtet, dass ihnen im Laufe der Geschichte wirklich etwas zustoßen könnte. Die Grundidee fand ich in der Regel faszinierend und es gab auch beim Weltenbau ein paar Aspekte, die ich reizvoll fand, besonders bei den verschiedenen Magiearten, die beschrieben wurden. Aber insgesamt habe ich das Ganze nicht als fesselnd oder gar stimmig empfunden.

Ich weiß selber nicht so genau, warum es mich zum Beispiel stört, wenn in einer Welt, in der es Geister, Voodoo-Götter, Dämonen und andere – in meinen Augen religiös besetzten – Wesenheiten gibt, ein Vampir rumläuft. Vielleicht lag es daran, dass in all den Geschichten nur dieser eine Vampir auftaucht. Es wird kein weiterer Vampir in Cassidys Welt erwähnt (auch wenn die Reihenbeschreibung bei Amazon andeutet, dass die „Alliance“ von einer Gruppe von Vampiren geführt wird) und es gibt anscheinend keine anderen übernatürlichen Geschöpfe, die mit den Menschen zusammen in Charleston lebten, auch wenn in einer der späteren Geschichte Gouls vorkommen.

Auch gab es rund um den Vampir einige Unstimmigkeiten, die sich nicht unbedingt widersprechen mussten, die mich aber irritiert haben. So meint Cassidy in einer Geschichte, dass der Vampir ein Gebäude betreten kann, weil es öffentlich ist und er deshalb nicht eingeladen werden muss, und in einer anderen Geschichte denkt sie darüber nach, dass er sich später einen Gegenstand aus einem Privathaus besorgen kann – was ihm leicht fallen müsste, weil er doch vor 600 Jahren ein erfolgreicher Juwelendieb war. Für mich deutet dieser Gedankengang an, dass er einbrechen und den Gegenstand entwenden soll, aber wie kann er das, wenn er eingeladen werden muss, um in ein privates Gebäude zu kommen? Letztendlich wird es so gelöst, dass er die Besitzerin „überredet“ ihm den Gegenstand auszuhändigen, aber trotzdem fand ich das beim Lesen unrund.

Auch bezeichnet Gail Z. Martin das „Trifles and Folly“ in der ersten Geschichte als Pfandleihe, obwohl die Beschreibung von Cassidys Geschäft von Anfang an deutlich macht, dass es kein Pfandhaus, sondern ein Antiquitäten- bzw. gehobener Second-Hand-Laden ist. Und mal hat Teag schwarze Gürtel in sieben verschiedenen Kampfsportarten (wobei ich mich wundere, wann er die erworben hat und wann er überhaupt trainiert, wenn er doch den ganzen Tag mit Auktionen, dem Laden und der Geisterjagd beschäftigt ist), dann wieder ist Cassidy froh, dass er Capoeira beherrscht – was zwar auch eine Kampfsportart ist, aber keine in der es (soweit ich weiß) einen schwarzen Gürtel gibt. Das sind alles keine großen Sachen und vieles davon erklärt sich vermutlich dadurch, dass die Autorin im Laufe der Zeit ihre Welt und die Figuren weiterentwickelt hat, aber es hat mich beim Lesen wirklich gestört.

Tanya Huff: Third Time Lucky (And Other Stories of the Most Powerful Wizard in the World)

Da ich in meiner Freizeit gerade sehr mit Sachbuchlesen beschäftigt bin, habe ich nach einer „Nebenbeilektüre“ gesucht, die mich nicht allzu sehr absorbiert. Mit „Third Time Lucky“ von Tanya Huff habe ich die perfekte Anthologie gefunden, um mich nach jedem Sachbuchkapitel mit einer amüsanten Kurzgeschichte zu belohnen. Vor diesem Buch hatte ich noch keine Geschichte rund um die mächtigste Magierin der Welt gelesen, umso mehr Spaß hat es mir nun gemacht Magdelene kennenzulernen und ihre kleinen und großen Erlebnisse zu verfolgen. Ach ja, die Geschichten sind in der Reihenfolge in dieser Anthologie veröffentlicht, in der die Autorin sie geschrieben hat. Wer Magdelenes Abenteuer aber lieber in chronologischer Reihenfolge lesen möchte, kann die richtige Lesereihenfolge auch anhand des Inhaltsverzeichnisses herausfinden.

In der ersten Kurzgeschichte wird schon früh die Aussage getroffen, dass Magdelene nicht nur die mächtigste, sondern auch die faulste Magierin der Welt sei. So liebt sie es den ganzen Tag in der Sonne zu liegen und das Leben (und die Wärme an ihrem Wohnort) zu genießen und ist über Unterbrechungen ihres gemütlichen Alltags ganz und gar nicht erfreut. Trotzdem muss sich die Magierin natürlich der einen oder anderen Herausforderung stellen und bewältigt diese häufig auf unkonventionelle und unerwartete Weise. Überhaupt entspricht die Dame so gar nicht den Vorstellungen, die in ihrer Welt von Magiern herrschen. Weder ihr Aussehen, ihr genußvoller Umgang mit dem anderen Geschlecht oder gar ihr Benehmen entspricht ihrem Status, aber natürlich hat gerade das diese Geschichten für mich so unterhaltsam gemacht.

Die insgesamt sieben Geschichten führen den Leser zu den unterschiedlichsten Stationen und Magdelenes Leben. So erlebt man mit, wie sie überhaupt erfuhr, dass sie so viel Macht besitzt, wie sie einen Ort suchte, an dem sie langfristig bleiben kann, und welche Hindernisse so ein Leben als mächtige Magierin mit sich bringen kann. Denn natürlich können einen die anderen Magier oder Dämonen oder gar die Bürokraten, die es nun einmal in jeder Gesellschaft gibt, nicht einfach in Ruhe lassen. Dabei wird die Geschichte nicht immer ausschließlich aus Magdelenes Perspektive erzählt, oft genug bekommen mit wie Außenstehende die Magerin wahrnehmen und wie sehr ihre Vorstellungen von der „mächtigsten Magierin der Welt“ mit der Realität kollidieren.

In der Regel sind die Geschichten sehr humorvoll erzählt – und ich mag den Humor von Tanya Huff wirklich! -, aber ich musste mir beim Lesen auch mal ein Tränchen wegwischen, weil ich den Ausgang eines Abenteuers zwar stimmig und richtig, aber eben auch traurig fand. Obwohl die verschiedenen Figuren nur wenige Szenen haben, in denen man sie kennenlernen kann, bekommt man doch schnell eine Vorstellung davon wie sie sind und wie sie in bestimmten Situationen handeln würden. Mir hat „Third Time Lucky“ wirklich viel Spaß gemacht und die Anthologie hat (wie erhofft) dafür gesorgt, dass ich brav mein tägliches Sachbuchpensum lese, um mich danach mit Magdelene entspannen zu können.

Seanan McGuire: Velveteen vs. The Multiverse (Hörbuch)

Im September hatte ich mit „Velveteen vs. The Junior Super Patriots“ den ersten Teil rund um Velma „Velveteen“ Martinez gehört und sehr genossen. Da Ariana so lieb war und unter den Teilnehmern ihrer Hörbuch-Challenge einen Gewinn verlost hat, startete für mich das Jahr gleich mit meinem gewonnenen Hörbuch. Seanan McGuire erzählt mit ihren Kurzgeschichten rund um ihre Spielzeug-belebende Superheldin, nicht nur von dem Kampf einer einzelnen Person gegen eine übermächtige Organisation (hier „The Super Patriots, Inc.“), sondern auch von den vielen kleinen alltäglichen Problemen im Leben eines Superhelden. Denn nur weil Velveteen inzwischen einen festen Job als städtische Heldin von Portland hat, sind ihre Probleme noch lange nicht vorbei.

Mal muss sie sich mit reisenden Superhelden auseinandersetzen, bei denen nicht ganz klar ersichtlich ist, ob sie Held oder Schurke sind. Dann wieder pfuschen ihr die Super Patriots ins Handwerk, weil sie es nicht zulassen können, dass eine ihrer ehemaligen Junior-Heldinnen sich ihrem Einfluss entzieht, oder jemand ernennt sich zu Velveteens Erzschurken und macht Ärger in ihrer Stadt. Aber auch das Liebesleben eines Superhelden ist kompliziert, was schon allein sehr schön deutlich wird bei der Frage, wann der Zeitpunkt zur gegenseitigen Demaskierung gekommen ist. Doch vor allem muss sich Velveteen durch verschiedene Paralleluniversen inklusive diverser Herausforderungen kämpfen, um in ihrem Leben endlich an einen Punkt zu kommen, an dem sie das Gefühl hat, dass so langsam alles in Ordnung kommt.
Und natürlich gibt es auch in „Velveteen vs. The Multiverse“ wieder Episoden, die in Velmas Kindheit spielen. Dabei fand ich ihre erste Begegnung mit Jackie Frost (der zukünftigen Schneekönigin) und dem Weihnachtsmann besonders berührend, weil hier deutlich wird wie einsam Velma als Kind war und wie verstörend es für sie war von der Organisation der Super Patriots aufgezogen zu werden und wie sehr es sie verletzt hat, dass ihre Eltern sie an diese Firma verkauft haben. 
Auch dieses Hörbuch wird von Allison McLemore gelesen und ich hatte anfangs wieder etwas Probleme mich an ihren Akzent zu gewöhnen. Trotzdem hatte ich beim Hören nicht das Gefühl, ich hätte was verpasst. Außerdem mag ich ihre Art den verschiedenen Charakteren Profil zu verleihen und den Humor und die absurden Ereignisse in der Geschichte zu lesen. Die Kombination aus Seanan McGuires Schreibweise und Allison McLemores Arbeit als Sprecherin hat mich nicht nur regelmäßig beim Hören kichern lassen, sondern mir stiegen auch immer wieder Tränen in die Augen, weil ich so sehr mit Velveteen und ihren Freunden mitgelitten habe. 
Ich genieße die Geschichten rund um Velveteen, die anscheinend immer noch nicht so recht weiß, wer sie wirklich ist und wohin ihr Weg sie führen wird, sehr. Ich mag ihre Häschen, Barbiepuppen, Spielzeugsoldaten und Teddybären, die für sie kämpfen und nach Feierabend die Wohnung aufräumen und dafür sorgen, dass Velma nicht ohne Kuscheltier schlafen muss. Und ich amüsiere mich herrlich mit Velveteens Freunden, die alle ihre ganz eigene Rolle in einer Welt voller übernatürlicher Elemente spielen müssen – und diese oft auf sehr ungewöhnliche Weise interpretieren. Und ich freue mich darüber, dass Velveteens Geschichte noch lange nicht beendet ist, denn Seanan McGuire schreibt und veröffentlicht immer wieder neue Kurzgeschichten rund um ihre ungewöhnliche Superheldin. Mit etwas Glück bedeutet das, dass ich irgendwann in ferner Zukunft ein weiteres Velveteen-Hörbuch zu hören bekomme und das wäre einfach toll!

(Oh, und falls doch noch einer von euch neugierig auf die Geschichten geworden sein sollte, sich aber nicht das Hörbuch leisten will, der kann HIER anfangen zu lesen. Ich persönlich lasse mir Velveteens-Abenteuer lieber vorlesen. 😉 

Seanan McGuire: Velveteen vs. The Junior Super Patriots (Hörbuch)

Die „Velveteen“-Geschichten sind umsonst auf Seanan McGuires Homepage einsehbar, aber sie wurden von der Autorin für eine Veröffentlichung im Taschenbuchformat überarbeitete. Die Abenteuer von Velma „Velveteen“ Martinez spielen in einer Welt, in der Superhelden schon sehr jung von „The Super Patriots, Inc.“ aufgenommen, trainiert und vermarktet werden. Doch Velma ist nicht glücklich mit einem Leben als bezahlte und kontrollierte Werbefigur und verlässt die Gesellschaft. Doch dummerweise ist „The Super Patriots, Inc.“ der Meinung, dass Velma immer noch ihnen gehört und versucht sie wieder in ihre Gewalt zu bekommen.

Als ich von der Taschenbuchveröffentlichung hörte, hatte ich gehofft, dass ich die Geschichten in gedruckter Form in die Finger bekomme, aber es war überraschend schwierig die beiden Bände importieren zu lassen. Inzwischen habe ich die Hörbuchversion davon auf meinem mp3-Player und habe mich auf diese Weise in den letzten Tagen mit den skurrilen Erlebnissen von Velma gut amüsiert. Obwohl ich „Velveteen vs. The Junior Super Patriots“ deutlich schwieriger zu verstehen finde als ein Mrs.-Pollifax-Hörbuch, habe ich Allison McLemores Lesung genossen. Die Sprecherin verleiht den verschiedenen Figuren Individualität und betont die Absurdität und den Humor in den verschiedenen Geschichten.

Velma wuchs unter der Obhut der Gesellschaft auf und wurde berühmt als „Velveteen“ – eine Superheldin mit der Fähigkeit Spielzeug zum Leben zu erwecken. Nach ihrer Flucht aus der „Junior Super Patriots, Inc.“ versucht sie ein ganz normales Leben zu führen, während sie sich mit schlecht bezahlten Aushilfsjob über Wasser hält. Aber immer wieder stolpert sie über ehemalige Kollegen, fanatische Fans oder Unrecht, das nur durch einen Superhelden wieder gutgemacht werden kann. So gerät Velma regelmäßig in kritische Situationen, bei denen sie ihre Deckung auffliegen lässt oder sich entscheiden muss, ob sie die Rolle des Superhelden oder des Superschurken einnehmen möchte.

Erzählt wird Velmas Geschichte in zwei verschiedenen Zeitebenen. Ein Teil der Handlung geschieht aktuell, während Velma versucht ein normales Leben zu führen und immer wieder über neue Hindernisse stolpert, die restlichen Kapitel bringen den Hörer zurück in Velmas Vergangenheit und erzählen wie sie als Mädchen von ihren Eltern verkauft wurde, wie sie versuchte in der „Junior Super Patriots, Inc.“ zurechtzukommen und wie sie sich mit den anderen Superhelden anfreundet (oder eben auch nicht).

Ich fand die verschiedenen Kapitel sehr kurzweilig, sehr Seanan-McGuire-haft und freu mich sehr, dass ich in den kommenden Monaten noch ein weiteres Hörbuch mit Velma-Geschichten vor mir habe. Ich habe mit Velma gelitten, als sie von ihren Eltern an die Super Patriots verkauft wurde und habe mich gefreut, als sie neue Freunde fand und sich verliebte, aber noch spannender finde ich die Teile der Handlung, die sie als erwachsene Frau erlebt. Wenn sie mal wieder versucht einen Vorstellungstermin einzuhalten und dabei beinah von einer Gruppe jugendlicher Superhelden gefangen wird oder wenn sie doch nur nach dem Weg fragen möchte und stattdessen die Eroberungspläne eines Schurken aufhalten muss. Es gibt immer wieder überraschende Wendungen, skurrile Momente und neue Details zu den verschiedenen Charakteren.

Tamora Pierce: Tordall and Other Lands

Lange hat es gedauert, aber ich habe es in diesem Monat doch noch geschafft ein englisches Buch zu lesen. (Dank der heutigen Hitze das erste beendete Buch im Juni … *seufz*) „Tordall and Other Lands“ ist eine Kurzgeschichtensammlung von Tamora Pierce, in der – wie ich inzwischen festgestellt haben – Geschichten veröffentlicht wurden, die vorher in anderen Anthologien erschienen waren. So kannte ich die erste Geschichten „Student of Ostriches“ schon aus „Young Warriors“, das ich im September gelesen hatte. Zum Glück gefällt mir die Geschichte von dem Mädchen, das durch die Beobachtung ihrer heimischen Tierwelt kämpfen lernt, so gut, dass sie auch beim zweiten Mal wieder viel Spaß gemacht hat.

Insgesamt beinhaltet diese Anthologie elf Geschichten, die alle mehr oder weniger mit den Tordall-Romanen von Tamora Pierce zu tun haben.. So erkennt man bei „Student of Ostriches“ nur anhand des am Ende vorkommenden Shang-Kriegers, dass die Handlung in der gleichen Welt angesiedelt ist wie die Geschichten von Alanna, Dhana, Keladry und Alianne. „Elder Brother“ und „The Hidden Girl“ haben ihren Ursprung in einem Vorfall, der mit einem der Dhana-Romane in Verbindung steht und zeigen sehr schön, wie es einem Baum ergeht, der aufgrund der magischen Gesetzmäßigkeiten in einen Mann verwandelt wurde.

„Nawat“ hingegen erzählt die Geschichte von Alianne und dem Mann, der eigentlich eine Krähe ist, weiter, und zeigt, wie schwierig es sein kann, wenn man bei einer so unterschiedlichen Herkunft einen gemeinsamen Weg gehen will. Sehr gut gefällt es mir wie die Autorin dabei versucht aus Krähensicht das menschliche Leben zu beurteilen. 😉 Dhanas Drachenmädchen „Kätzchen“ (Kitty) ist die Hauptfigur in „A Dragon’s Tale“ und während es auf der einen Seite frustriert ist, weil es trotz aller Intelligenz nicht mit den Wesen um sich herum kommunizieren kann, beweist „Kätzchen“ am Ende dann doch wieder, dass sie eigentlich noch ein Baby ist.

In „Lost“ spielt ein Darkling, der sich mit einem mathematisch begabten Mädchen anfreundet, eine wichtige Rolle. Überhaupt sind die Darklinge in einigen der Geschichten sehr präsent – und ich mag die kleinen Kreaturen wirklich gern. „Time of Proving“ (spielt auf sehr amüsante Art mit den Werten und Gesetzen zweier sehr unterschiedlichen Gesellschaften), „Plain Magic“ (eine wundervolle schlichte Variante des Jungfrau-wird-Drachen-geopfert-Themas) und „Mimic“ könnten in irgendeiner beliebigen fantastischen Welt spielen, machen aber alle drei wirklich Spaß.

Die letzten beiden Geschichten „Huntress“ und „Testing“ spielen hingegen in unserer Welt und während bei „Huntress“ eine schöne Mischung aus altem Glauben und … hm … „Oberschicht-High-School-Geschichte“ entstanden ist, erzählt „Testing eher von dem Leben und der Perspektive eines jungen Mädchen, das in einem Wohngruppe für Mädchen lebt, in der die Hausmütter vor einige Herausforderungen gestellt werden – ich gestehe, dass ich mich da gefragt habe, was davon Tamora Pierce als Hausmutter wirklich erlebt hat und welche Teile ihrer Fantasie entsprungen sind.

Es gibt ein paar Dinge, die all diese Kurzgeschichten gemeinsam haben: Sie alle sind spannend, berührend und amüsant zu lesen und ich habe sie wirklich genossen. Auf der anderen Seite ist mir die „Moral“ bei Tamora Pierce Kurzgeschichten manchmal etwas zu plakativ angewandt. Was bei ihren Romanen zwar auch immer deutlich zu spüren ist, aber sonst eher mit der Geschichte mitläuft, ist hier zum Teil zu sehr im Vordergrund. Und bei allem Vergnügen hätte ich gern den einen oder anderen Fingerzeig gestrichen, da ich schon beim ersten Mal kapiert hatte, worauf die Autorin hinaus wollte. Trotzdem finde ich jede einzelne Geschichte wirklich lesenswert und es war spannend auch mal etwas „moderneres“ von diese Autorin zu lesen.

Petros Markaris: Balkan Blues

Bei meinem letzten Bibliotheksbesuch war mir von einer anderen Nutzerin Petros Markaris empfohlen worden. Der Name war mir zwar schon ein Begriff, aber bislang hatte ich von dem Autor noch nichts gelesen. Der Kurzgeschichtenband “Balkan Blues” schien mir aber die perfekte Gelegenheit zu sein, mal in seine Erzählweise reinzuschnuppern. Wenn es mir nicht gefallen würde, müsste ich ja nach der ersten Geschichte nicht weiterlesen … 😉

Wenn ich das richtig mitbekommen habe, dann gibt es inzwischen sechs Kriminalromane von Petros Markaris rund um Kommissar Kostas Charitos, der auch in der ersten Kurzgeschichte in diesem Band auftaucht und mir schnell sympathisch war. Aber vor allem dreht sich „Balkan Blues“ um das Thema Ausländer – oder besser Einwanderer – in Griechenland und der „Krimianteil“ der Geschichten ist nicht wie in einem klassischen Ermittlerroman gehalten und steht fast nie im Vordergrund.

So habe ich mit diesem Band Athen im Fußballfieber erlebt, gelernt, dass die olympischen Gebäude von Albanern gebaut wurden, mit einem kleinen schwarzen Mädchen den Tag im Park verbracht, hinter die Kulissen eines russischen Restaurants geblickt und habe mich auf den Weg gemacht, um eine Frau umzubringen. Außerdem habe ich mich mit einem Schuhputzer unterhalten, Griechischunterricht in einem Restaurant genommen, auf der Straße gebettelt, Obststeigen getragen und einer Hure bei einer wichtigen Tätigkeit Gesellschaft geleistet.

Die insgesamt neun Geschichten waren sehr abwechslungsreich. Nicht alle haben mir gefallen, aber das ist ja bei Kurzgeschichtensammlungen oft so. Aber die meisten haben ich als gut geschrieben und interessant empfunden. Verschiedene Perspektiven, teil aus Sicht der Einwanderer, teils aus griechischer Sicht, haben mir bestätigt, dass Vorurteile in jedem Land gleich sind. Dabei zeigt Petros Markaris die schmutzige Seite des Ganzen, aber trotzdem weisen ein paar seiner Geschichten so etwas wie Ironie, Mitleid oder gar Hoffnung auf. Mich hat diese Sammlung auf jeden Fall neugierig auf die Kommissar-Kostas-Charitos-Romane gemacht und so habe ich mir den ersten („Hellas Channel“) schon in der Bibliothek vormerken lassen.