Für meine persönliche English-Challenge habe ich im März „A Royal Pain“ gelesen, nach „Her Royal Spyness“ der zweite Band mit der sympathischen Lady Georgiana. Auch zu Beginn dieses Buches startet die Geschichte sehr gemächlich. Der Leser wird noch einmal in Georgies Welt eingeführt, erfährt, dass sie an 34. Stelle der Thronfolge steht, dass ihre Mutter eine lebenslustige Schauspielerin ist und dass Georgie zwar im repräsentativen Stadthaus der Familie in London lebt, aber so arm ist, dass sie sich als Hausmädchen für besondere Gelegenheiten engagieren lässt.
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Rhys Bowen: Her Royal Spyness
In diesem Monat habe ich gleich zwei englische Bücher angefangen, aber trotz meiner October-Daye-Begeisterung war mir dann doch lieber nach einem britischen Cozy, und so gibt es mal etwas Abwechslung bei meinen English-Challenge-Rezensionen.
Die Geschichte in „Her Royal Spyness“ beginnt eher gemächlich, aber dafür ist sie wirklich unterhaltsam. Hauptfigur in diesem Roman ist Lady Victoria Georgiana Charlotte Eugenie, Tochter des Duke of Glen Garry and Rannoch, genannt Georgie. Georgie entstammt der zweiten Ehe ihres Vaters, was ihr neben einer relativ engen Verwandtschaft zur britischen Königin auch eine mehrfach verheiratete, geschiedene und neu verbändelte Mutter und einen bodenständigen ehemaligen Polizisten als Großvater bescherte. Doch innerhalb ihres engeren Umkreises ist die wenig adelige Verwandtschaft nicht wohlgelitten, und auch Georgie kann nicht viel mit ihrer flatterhaften Mutter anfangen.
Aber genauso wenig sagt der jungen Lady der Lebensstil ihres älteren (Halb-)Bruders zu, ebenso wenig wie sein Plan, sie mit irgendeinem europäischen Prinzen zu verheiraten, so wie es sich nun einmal für eine Adelige an 34. Stelle der Thronfolge gehört. Georgie ist sich sicher, dass die Welt im Jahr 1934 modern genug ist, damit sie sich irgendwie ihren Lebensunterhalt selbst verdienen kann – auch wenn ihr nur allzu bewusst ist, dass sie nicht gerade die richtige Ausbildung für ein selbstständiges Leben mitbekommen hat. Als dann auch noch ein Mann ermordet in ihrer Badewanne aufgefunden wird und sie und ihr Bruder als Hauptverdächtige in Frage kommen, muss sie all ihren Witz und ihren Mut zusammennehmen und herausfinden, wer den Ausländer getötet hat.
Rhys Bowen hat mit „Her Royal Spyness“ eine wunderbar überspitzte Darstellung der britischen Adelswelt Anfang des 20. Jahrhunderts geschaffen. Auch wenn die Autorin es hier und da etwas übertreibt, so fand ich Georgie, ihre Verwandtschaft und ihren Freundeskreis sehr unterhaltsam – gerade in den Momenten, in denen den Adeligen bewusst wurde, dass ihre Fähigkeiten und Traditionen nicht sehr viel Gewicht haben in der modernen Welt. Da konnte ich auch damit leben, dass Georgie angeblich noch nie beobachtet hat, wie jemand Feuer entfacht, da das angeblich immer von Dienstmädchen erledigt wurde, die sich vor Georgies Aufwachen ins Schlafzimmer geschlichen haben. Umso erfrischender fand ich es, wie Georgie ihre Fähigkeiten als Hausmädchen erforschte und wie viel Befriedigung ihr ihre kleinen Fortschritte im Haushalten machten. Überhaupt ist ihr Tatendrang angenehm realistisch beschrieben worden, auch wenn so manche Aktion von ihr nicht besonders gut überlegt war.
Der Kriminalfall an sich beginnt erst ungefähr ab der Hälfte des Buches und ist weder komplex noch unvorhersehbar, bringt aber einen notwendigen roten Faden in die Geschichte. So hat es mich auch nicht gestört, dass der Hintergrund des Mordes sehr früh für den Leser feststand, während Georgie noch immer keine Vorstellung von den Beweggründen des Täters hatte und keine Zusammenhänge zu anderen Ereignissen sah, obwohl diese für den Leser auf der Hand liegen. Um so angenehmer fand ich es, dass die Lady keine Person von vornherein als „unverdächtig“ einstuft, selbst wenn dies bedeutet, dass jemand aus ihrem engeren Freundeskreis von ihr misstrauisch beäugt wird.
Alles in allem hat Rhys Bowen mit Georgie und ihrem Umfeld sympathische Figuren geschaffen, die versuchen müssen, einen Platz im Leben zu finden, der ihnen – fern von veralteten gesellschaftlichen Traditionen – ihr Auskommen und vielleicht sogar ein befriedigendes Leben ermöglicht. Die überspitzte Darstellung der Adeligen trägt dabei genauso zum Amüsement des Lesers bei wie all die kleinen kritischen Situationen, die Georgie bewältigen muss, als sie versucht, ohne Wissen ihrer Familie Geld zu verdienen. Dazu kommen noch unterhaltsame Gespräche mit der Queen, die erfrischende Ansichten über ihre Familie zum Besten gibt, einzigartige Methoden hat, um ihre Porzellansammlung zu erweitern, und die – natürlich – keine Hemmungen hat, ihr Umfeld nach Strich und Faden zu manipulieren. Ich bin mir sicher, dass das nicht mein letzter Roman war, den ich über Georgie und ihre „Spionageversuche“ für die Königin gelesen habe.