Ich habe das Gefühl, dass man an Sina Trinkwalder in den letzten Monaten nicht vorbeikommen konnte – und das nicht nur, weil sie immer wieder in Talkshows zum Thema sozialwirtschaftlich und ökologisch hergestellte Mode zu Wort kommen durfte. Als also ihr Buch „Wunder muss man selber machen – Wie ich die Wirtschaft auf den Kopf stellte“ angekündigt wurde, in dem sie über den Aufbau einer industriell-sozial-ökologischen Modemarke in Augsburg schreibt, war ich neugierig. (Lustigerweise hat das dazu geführt, dass ich nun sagen kann, dass bei meiner Bibliothek nach einem Anschaffungsvorschlag im Oktober zwar schnell die Anschaffungsbestätigung bekommt, es aber bis Anfang März dauert, bis das Buch gekauft, eingearbeitet, foliert usw. ist und in die Ausleihe gelangt.)
Die Autorin beginnt das Buch mit einer Szene in einem Bahnhof, bei der ein Obdachloser ihre weggeworfene Zeitschrift aufsammelt, um Weihnachtsschmuck daraus zu basteln. In diesem Moment wird ihr bewusst, dass sie in ihrem Beruf unzufrieden ist. So erfolgreich das mit ihrem Mann gegründete Werbeunternehmen auch ist: Ihr Job befriedigt sie nicht mehr. Stattdessen beschließt sie, eine neue Firma zu gründen, eine Firma, in der von der Gesellschaft benachteiligte Menschen einen Job finden können. Es dauert einer Weile, bis sie sich entschließt, in die Textilproduktion einzusteigen, aber dann fällt sie ihre Entscheidungen recht schnell – was wohl vor allem deshalb möglich ist, weil ihr das eigentlich für so einen Schritt vorausgesetzte Hintergrundwissen fehlt und sie deshalb viele Hindernisse nicht im Vorhinein absehen kann.
Sie investiert viel Energie, Zeit und Geld in diesen Traum von einem Textilunternehmen, in dem industriell Mode hergestellt wird – von Angestellten, die nicht nur eine gute Bezahlung erhalten, sondern auch die Sicherheit eines unbegrenzten Vertrags, eine respektvolle Behandlung und das Gefühl, dass sie ein gewisses Mitspracherecht haben. Das alles finde ich überaus anerkennenswert, vor allem, da Sina Trinkwalder sich auch auf die Fahne geschrieben hat, dass ihre Produkte aus Materialien hergestellt werden, die in Deutschland mit Bioqualität produziert wurden. Oh, und wer einen Blick in den Onlineshop von „manomama“ wirft, der sieht auch, dass die Sachen sogar zu sehr moderaten Preisen angeboten werden.
Das ändert aber nichts daran, dass ich mich nach dem Lesen des Buches fragte, was mir das nun gebracht hat. Letztendlich stand in dem Buch – von den persönlichen Anekdoten und Details zu enttäuschenden Terminen mit Politikern und Behörden mal abgesehen – kaum mehr als auf der Infoseite des Onlineshops. Wer sich also für das Thema interessiert, wird in „Wunder muss man selber machen“ keine neuen Anregungen finden, und wer sich damit nicht auseinandersetzt, der wird eh nicht zu so einem Buch greifen. Es gibt keine tiefergehenden Hintergründe zur aktuellen ökologischen Produktion von Fasern und Stoffen in Deutschland – was ich wirklich sehr spannend gefunden hätte, gerade weil man als „normaler Verbraucher“ da eigentlich keine belegbaren Informationen findet – oder handfeste Beispiele von Dingen, die man vielleicht beachten sollte, wenn man selbst gern ein ähnliches Projekt auf die Beine stellen würde. Stattdessen bleibt das Gefühl, dass Sina Trinkwalder sich sehr blauäugig, aber dafür mit viel Glück und vielen tollen Menschen, die ihre Fehler ausbügelten und ihre Ziele und Träume wahr werden ließen, auf den Weg gemacht hat.