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Thomas B. Morgenstern: Der Milchkontrolleur

Ich mag Bücher, bei denen ich den Eindruck habe, der Autor würde über etwas schreiben, das er kennt. So hat mich wohl vor allem die Tatsache, dass Thomas B. Morgenstern mit seiner Familie einen Bauernhof in den Elbmarschen bewirtschaftet auf das Buch „Der Milchkontrolleur“ neugierig gemacht. Denn die Hauptfigur in diesem Krimi ist der in den Elbmarschen als Milchkontrolleur arbeitende Hans-Georg Allmers. Allmers hat seine Berufswahl anscheinend in erster Linie getroffen, weil er so mit relativ wenig Arbeit ein geregeltes Einkommen hat und sich den Tag frei einteilen kann. Gemeinsam mit seiner – sehr religiösen – Mutter lebt er auf dem Hof der Familie, während sein Bruder Werner inzwischen als Staatsanwalt fern der Landwirtschaft Karriere gemacht hat.

Als die Nachbarin Else Weber mit durchgeschnittener Kehle in einem Graben gefunden wird, gerät das gesamte Dorf in Unruhe. Alle sind sich sicher, dass es Elses unmoralischer Lebenswandel war, der zu ihrer Ermordung geführt hat, trotzdem fragt man sich natürlich, wer der Täter sein könnte. Da Werner Allmers, der mit der Leitung der Ermittlungen betraut wurde, zu recht fürchtet, dass man mit ihm und der Polizei nicht reden würde, schickt seinen Bruder Hans-Georg los, um auf den benachbarten Höfen Klatsch und Tratsch aufzuschnappen.

Allmers ist zwar nicht gerade glücklich darüber, dass er sich von seinem Bruder – zu dem er kein gutes Verhältnis hat – einspannen lassen soll, aber auf der anderen Seite juckt auch ihn die Neugier. Während er seine Nase in die Angelegenheiten der Nachbarn steckt, findet er den einen oder anderen Liebhaber der Ermordeten und noch einigen Dreck, der im Dorf unter den Teppich gekehrt wurde, aber den Mörder kann er so nicht ausfindig machen. Auch die junge Journalistin Susanne, über die er immer wieder stolpert, kann ihm in dieser Hinsicht nicht weiterhelfen, aber dafür kommen sich die beiden im Laufe der Zeit näher.

Ganz ehrlich, „Der Milchkontrolleur“ ist nicht gerade einer der spannensten Romane, die ich je gelesen habe. Der Autor erzählt die Geschichte eher gemächlich und so verbringt man viel Zeit mit Allmers in den Küchen der Nachbarn, liest von dem Kuchen, den er vertilgt, und hört sich mit ihm das Geschwätz auf den Höfen an. Aber so dümpelig der Krimi ist, so sehr haben mich die skurrilen Charaktere in der Geschichte unterhalten. Obwohl Thomas B. Morgenstern hier und da ins Klischee abdriftet, fühlte ich mich oft genug an die Nachbarn meiner Kindheit erinnert. Auch wenn ich nicht so weit im Norden aufgewachsen bin, so erinnern der Sprechrhythmus, die Lebensansichten und viele kleine Details an die „Dorfgemeinschaft“, die mir damals so vertraut war, und so gab es für mich so einige Momente, in denen ich mit einem breiten Grinsen über dem Buch saß.

Obwohl man bei dem Kriminalfall mitraten kann – und ich lange vor der Auflösung einen starken Verdacht bezüglich des Mörders hatte -, sind mir letztendlich recht wenige Details wirklich klar in Erinnerung geblieben, am Ende war da nur das Gefühl einen netten und atmosphärischen Regionalkrimi genossen zu haben. Allerdings muss ich auch sagen, dass ich seit dem Lesen dieses Romans keinen Apfelsaft mehr trinken kann (dabei hatte ich letztes Jahr gerade so einen unglaublich leckeren naturtrüben Saft gefunden *seufz*), weil es da eine Szene mit Äpfeln und Ratten gibt, die mir seitdem immer vor Augen steht.