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Diana Wynne Jones und Ursula Jones: The Islands of Chaldea

„The Islands of Chaldea“ ist das Buch, an dem Diana Wynne Jones arbeitete, als sie an Krebs erkrankte. Nach dem Tod der Autorin hat ihre jüngere Schwester Ursula Jones den Roman beendet, wobei sie im Nachwort anmerkt, dass sie keine Ahnung hatte, in welche Richtung ihre Schwester die Geschichte weitergedacht hätte. Sie hat nur versucht, die Hinweise zu finden, die Diana Wynne Jones für ihre Leser in den schon geschriebenen Kapiteln versteckt hatte, und sich überlegt, welche Elemente ihren schon geschriebenen Romanen gerecht würden. Ich muss zugeben, dass ich beim Lesen keine großen Brüche in der Geschichte bemerkt habe, aber es ab einer bestimmten Stelle Szenen gibt, bei denen ich mich frage, ob die noch von Diana Wynne Jones stammen oder nicht. Doch obwohl es wiederkehrend Elemente in Diana Wynne Jones‘ Romanen gibt, lassen sich ihre Handlungsentwicklungen einfach nicht vorhersagen, weil sie den Leser immer wieder zu überraschen wusste. Wenn also nicht irgendwann einmal Ursula Jones verrät, welche Teile von ihr und welche von ihrer Schwester sind, werde ich wohl nie wissen, ob ich mit meinem Verdacht richtig liege oder nicht – und das ist vollkommen in Ordnung so. 😉

Die Handlung in „The Islands of Chaldea“ wird aus der Perspektive der zwölfjährigen Aileen erzählt, die seit ihrem fünften Lebensjahr bei ihrer Tante Beck lebt, die die Weise Frau von Skarr ist. Auch von Aileen wird erwartet, dass sie einmal diese Position übernimmt, wie es die Frauen ihrer Familie seit Jahrhunderten tun. Doch in der Nacht, in der ihre Initiation zur „Weisen Frau“ passieren soll, ist etwas schiefgelaufen, und so ist Aileen sich sicher, dass sie niemals gut genug für eine solch verantwortungsvolle Position sein wird. Noch bevor sie sich von ihrer Enttäuschung erholen kann, muss sie sich mit ihrer Tante und einigen weiteren Personen auf eine Reise begeben, um eine Prophezeiung zu erfüllen. Seit Jahren werden die drei Inseln Skarr. Bernica und Gallis durch eine unsichtbaren Barriere von der Insel Logra getrennt. Die Wirtschaft leidet sehr darunter, dass dadurch der Austausch zwischen den Inseln eingeschränkt wurde. Außerdem wurde der Sohn des Hochkönigs der Inseln – gemeinsam mit seinem Gefolge, zu dem auch Aileens Vater gehörte – vor dem Errichten der Barriere von den Logra geraubt. Seitdem wird er auf der isolierten Insel gefangen gehalten.

Für den Leser gibt es in „The Islands of Chaldea“ eine klassische Quest zu verfolgen. Gemeinsam mit Aileen und ihrer Tante reisen noch ein paar weitere Personen, die sie – gemäß einer alten Prophezeiung – zum Teil erst auf den anderen Inseln aufsammeln müssen. So lernt man die verschiedenen Inseln, ihre Bewohner und ihre Eigenheiten kennen, während Aileen sich im Laufe der Zeit weiter entwickelt und mehr über sich und ihre Fähigkeiten lernt. Das Ganze macht die grobe Handlungsentwicklung natürlich sehr vorhersehbar, aber das stört mich nicht, wenn die Geschichte so wie hier voller ungewöhnlicher Ideen, skurriler Charaktere und amüsanter Szenen erzählt wird. Allerdings fand ich den Schluss des Romans etwas überhastet und habe mich schon ein bisschen gefragt, was Diana Wynne Jones vielleicht anders gemacht hätte – oder ob sie überhaupt etwas anders gemacht hätte. Insgesamt war „The Islands of Chaldea“ eine wunderbar unterhaltsame und entspannende Lektüre, die ich dank all der skurrilen Ideen sehr genossen habe, während ich regelmäßig beim Lesen vor mich hinkicherte. Und obwohl die vier Inseln von Chaldea nicht so ungewöhnlich für eine Fantasywelt sind, fand ich sie vielversprechend genug, dass ich mir noch ein paar mehr Geschichten von den unterschiedlichen Inseln gewünscht hätte.