„Enchanted“ ist der erste Band der Woodcutter-Sisters-Serie bzw. Books-of-Arilland-Serie der Autorin Alethea Kontis. Wer nun wegen der beiden Serien-Titel verwirrt ist: Die hängen damit zusammen, dass die ersten drei Veröffentlichungen („Woodcutter Sisters“) über einen Verlag passiert sind, der nicht nur die ersten Manuskripte radikaler bearbeitete, als es der Autorin lieb war, sondern auch nach dem dritten Band keine weiteren Teile mehr herausbringen wollte. Die „Books of Arilland“ hat hingegen die Autorin (soweit sie es finanzieren konnte) im Eigenverlag veröffentlicht – ohne die ersten drei Bänden, deren Rechte noch dem Verlag gehören, und in der Hoffnung, dass sie diese Rechte irgendwann einmal zurückkaufen und dann die Serie erfolgreicher bewerben kann, als dies aktuell der Fall ist. (Was man doch alles bei einem kurzen Besuch auf der Autorinnen-Homepage lernen kann. 😉 )
Die Geschichte in „Enchanted“ steht für sich und es gibt am Ende auch keinen Cliffhanger, so dass man nichts verpasst, wenn man sich auf diesen Titel beschränkt. Wobei mir das Hören des Hörbuchs (auch dank der guten Sprecherin) so viel Spaß gemacht hat und ich so neugierig auf all die anderen fantastischen Abenteuer der Familie Woodcutter geworden bin, dass ich mir wohl nach und nach die weiteren verfügbaren Hörbücher besorgen werde. Die fantastische Welt, die Alethea Kontis in dieser Geschichte beschreibt, beinhaltet all die klassischen Märchenelemente wie Feen-Patentanten, verwunschene Prinzen und einen armen Holzfäller (bzw. seine Familie), aber viele dieser Aspekte werden von der Autorin auf ungewöhnliche Weise kombiniert.
Erzählt wird die Handlung aus der Perspektive von Sunday, der jüngsten Tochter der Familie Woodcutter, und aus der Sicht des Froschs Grumble, der in einem Wunschbrunnen im Wald lebt. Sunday und Grumble, der natürlich ein verfluchter Prinz ist, freunden sich schnell miteinander an und empfinden bald tiefere Gefühle füreinander. Doch diese Gefühle scheinen nicht tief genug, um den Fluch zu brechen, und als Grumble dann doch wieder zurückverwandelt wird, ist Sunday nicht vor Ort, um dieses Wunder mitzuerleben. Da die Familie Woodcutter gute Gründe hat, um Prinz Rumbold von Arilland zu hassen, muss dieser nun einen Weg finden, um auch in menschlicher Gestalt die Zuneigung seiner geliebten Sunday zu gewinnen.
Ich mochte es sehr, dass bei Alethea Kontis die Verwandlung in ein Tier oder die Rückwandlung in einen Menschen schmerzhafte Folgen hat. Es dauert, bis der Körper und der Geist sich umgestellt haben und sich wieder mit Vertrautheit und ohne Irritation oder Schmerzen bewegen lassen. Ebenso gefiel es mir, dass es Dinge gibt, die – mehr oder weniger – allgemein bekannt sind und die jemand, der frisch zurückverwandelt ist, beachten sollte. Zauber, Feen, Flüche und Magie sind in dieser Welt weit verbreitet und doch schon allein aufgrund ihrer „Nebenwirkungen“ keine alltäglichen Dinge. Jedem ist bewusst, dass mit Magie Schreckliches bewirkt werden kann, selbst wenn eine magische Gabe noch so „harmlos“ zu sein scheint. Dazu kommt die Sichtweise, die Alethea Kontis in dieser Geschichte auf klassische Märchen wirft. Außerdem baut sie unglaublich viele Elemente ein, ohne dass es erzwungen oder überfrachtet wirkt – wie die Schneewittchen-Gegenstände (Kamm, Apfel, Schnürriemen, der hier ein Halsband ist) bei einem harmlosen Marktbesuch, die kleinen Informationen rund um den großen Bruder Jack oder die Art und Weise, in der die verzauberte Bohnenstange Beginn und Ende der Handlung verbindet.
Die Charaktere waren mir zum Großteil sehr sympathisch – von den Bösewichten natürlich abgesehen. Jeder von ihnen hat Stärken und Schwächen, und auch wenn manche von ihnen aus Sundays oder Grumbles Perspektive vielleicht etwas zu perfekt wirken, so gibt mir die Autorin doch das Gefühl, dass auch diese Figuren ihre Probleme und Eigenheiten haben. Stellenweise war mir Sundays Reaktion ein wenig zu emotional, aber auf der anderen Seite passte das ebenso zu ihrem Charakter wie zu ihrem Alter, und am Ende hat sie sich immer so weit wieder berappelt, dass ich ihrer Perspektive weiter folgen mochte. Besonders schön fand ich ihre (und später Rumbolds) Ansichten über ihre Familie, die bei allen Auseinandersetzungen und Problemen doch sehr liebevoll miteinander umging.
Ein weiteres Lob gilt der (leider in diesem Januar verstorbenen) Sprecherin Katherine Kellgren, die nicht nur die märchenhafte Sprache von Alethea Kontis wunderbar zu Geltung brachte, sondern auch den vielen verschiedenen Charakteren durch ihre Betonung einen hohen Wiedererkennungswert verlieh. Katherine Kellgren hat mit ihrem Vortrag von „Enchanted“ nicht nur zu Beginn der Geschichte all die wunderbar amüsanten Momente und rätselhaften Andeutungen in der Handlung passend vorgetragen, sondern auch den rasanten Entkampf so fesselnd gestaltet, dass ich mich dabei ertappte, wie ich beim Zuhören mit offenem Mund und mit Putzlappen und Eimer in der Hand mitten im Zimmer stand und mich minutenlang nicht gerührt hatte.