Bei meinem Neuzugangspost vor ein paar Tagen hatte ich „Letzte Ruhe“ kommentiert mit „Ein Teil von mir fürchtet, dass das keine gute Geschichte ist. …“ und leider hat sich diese Befürchtung auch bewahrheitet. „Letzte Ruhe“ zeigt eindeutig, dass es nicht reicht, einen Haufen Autoren* zu einem gemeinsamen Projekt zu bewegen, wenn die Basis nicht stimmt. Dabei finde ich die Grundidee für den Roman gar nicht mal uninteressant.
Christopher Thomas, Kurator des McFall Art Museums in San Francisco, verschwindet nach einem – vor diversen Zeugen geführten – Streit mit seiner Frau Rosemary spurlos. Einige Wochen später wird seine Leiche in Deutschland in einer Eisernen Jungfrau gefunden, die Rosemary Thomas von einem Berliner Museum für eine Ausstellung ausgeliehen hatte. Obwohl der ermittelnde Polizist nicht vollkommen davon überzeugt ist, dass der Kurator von seiner Ehefrau getötet wurde, sprechen alle Indizien für ihre Schuld. Rosemary wird angeklagt, wegen Mordes verurteilt und zwei Jahre später hingerichtet. Zehn Jahre später wird an Rosemarys Todestag eine Gedenkfeier abgehalten, zu der alle eingeladen werden, die von Christophers Tod (und letztendlich auch Rosemarys Hinrichtung) betroffen waren. Für Jon Nunn ist dies die perfekte Gelegenheit, um vielleicht doch noch den wahren Mörder zu stellen …
Die Handlung wird in „Letzte Ruhe“ aus verschiedenen Perspektiven erzählt. So kommen nicht nur Rosemary und Jon Nunn zu Wort, sondern auch diverse Personen, die persönlich oder geschäftlich mit Christopher und Rosemary zu tun hatten. Dabei werden die Passagen mal aus der ersten, mal aus der dritten Person erzählt – ein Wechsel, der auch bei den Kapiteln vorkommt, die sich um Jon drehen, da auch sein „Tagebuch“ (er scheint mir kein Typ zu sein, der Tagebuch führt …) zitiert wird. Das Ganze sorgt dafür, dass man als Leser ständig springen und sich umstellen muss. Man verfolgt Ereignisse, die 1998 (der Mord und die Ermittlungen), 2000 (die Hinrichtung von Rosemary) und 2010 (die Gedenkfeier für Rosemary) passieren. Zu den zeitlichen Sprüngen in der Handlung kommen noch die verschiedenen Charaktere – die zum Teil gerade mal 1,5 Seiten lang zu Wort kommen – und die unterschiedlichen Erzählstile der Autoren.
Das alles führt dazu, dass einem keine einzige Person irgendwie am Herzen liegt. Auch führen all die Absätze, in denen die Figuren, ihre Motivation und ihre aktuelle Situation vorgestellt werden, dazu, dass die Informationen in viel zu viel Füllmaterial verpackt wurden. Wenn es fraglich gewesen wäre, ob Rosemary noch vor ihrer Hinrichtung hätte bewahrt werden können, hätte das vielleicht noch für Spannung gesorgt, aber da sie eh schon hingerichtet worden war, gab es auch da kein Gefühl von Dringlichkeit beim Lesen. Auch einige Details haben mich gestört, bei denen ich mir gewünscht hätte, die Übersetzerin Andrea Brandl hätte recherchiert und das Original bei ihrer Überarbeitung so verändert, dass es stimmig ist. Es sind nur Kleinigkeiten, aber über so etwas stolpere ich beim Lesen eben. Dass die Auflösung mich am Ende auch nicht überzeugen konnte, ist dann nur noch ein relativ unbedeutender Kritikpunkt. Auch wenn es sich vielleicht fies anhört, aber das Positivste waren für mich die kurzen Kapitel, denn so habe ich das Buch trotz mangelnder Motivation recht schnell gelesen, weil ein Kapitel so schnell geschafft war.
* Hier noch die an diesem Roman beteiligten Autoren: Jeff Abbott, Lori Armstrong, Sandra Brown, Thomas Cook, Jeffery Deaver, Diana Gabaldon, Tess Gerritsen, Andrew F. Gulli, Peter James, J.A. Jance, Faye Kellerman, Raymond Khoury, John Lescroart, Jeff Lindsay, Gayle Lynds, Phillip Margolin, Alexander McCall Smith, Michael Palmer, T. Jefferson Parker, Matthew Pearl, Kathy Reichs, Marcus Sakey, Jonathan Santlofer, Lisa Scott, R.L. Stine, Marcia Talley.
Das klingt, als würde immer wieder eine Neueinführung ins Setting u. die Personen stattfinden bzw. dass man das so als Leser empfindet, weil die Geschichte zu oft durchbrochen wird. Wenn dann noch unterschiedliche Stile (zwangsläufig) hinzukommen, hat man ja nicht einmal dort eine Homogenität, die das Geschehen "verbindet". Schade, viell. wäre es besser gewesen, sich auf ein Ereignis zu konzentrieren u. die Beteiligten jeweils mit ihren (diversen) Stimmen sprechen zu lassen. Ich frage mich, ob ein Autor nur für die Grundstruktur verantwortlich war oder ob auch dort, also im Rahmen, ggf. sogar pro Zeitebene, ein Wechsel stattfand.
Es ist eher eine Empfindung, weil man sich neu auf eine Person einstellen muss, als dass wirklich Neueinführungen stattfinden. So unterschiedlich sind die Stile der verschiedenen Autoren zwar nicht, aber es bedeutet trotzdem immer wieder eine Umstellung für den Leser. Meinem Gefühl nach wäre es besser gewesen, wenn ein Autor für eine Person verantwortlich gewesen wäre. So aber gibt es nur eine Konstante, wenn es um die Tagebucheinträge des Polizisten geht, die alle von Andrew Gulli geschrieben wurden. Ich glaube, dass hier einfach zu viele Autoren die Finger im Spiel hatten und keiner wirklich den Überblick hatte …
Da finde ich "Die letzte Fahrt des Admirals" deutlich runder, wo die Autoren nicht wussten in welche Richtung der vorherige Schreiber gehen wollte und sich intensiv mit den vorhandene Kapiteln auseinandersetzen musste, um mit seinem Part eine stimmige Fortsetzung zu schaffen.
Ach, ein Charakter wurde gar nicht durchgängig von einem Autor geschrieben? Ich war davon nämlich ausgegangen…
Ach, das wäre doch zu einfach gewesen! 😀
Ich habe vor x-Jahren mal eine Krimi gelesen, der von 12 (?) Autoren geschrieben war, darunter auch Rebecca Gable.
Das hat mich so sehr ein für allemal davon abgeschreckt, solche Gemeinschaftswerke zu lesen… 😉
Vielleicht sollte ich dir mal "Die letzte Fahrt des Admirals" ans Herz legen. 😉 Aber von weiteren Gemeinschaftsprojekten werde ich wohl auch die Finger lassen …