Charles Dickens: A Christmas Carol

Mit „A Christmas Carol“ von Charles Dickens habe ich gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Das Buch passt auf der einen Seite ganz wunderbar zu „Vorweihnachts-Lese-Challenge“ und auf der anderen Seite kann ich den Titel für die „100 Bücher“-Challenge anrechnen. Außerdem mag ich die Geschichte sehr gern und lese sie immer wieder mit Vergnügen rund um die Weihnachtszeit. In diesem Jahr habe ich zum ersten Mal die englische Ausgabe des Textes gelesen und mich dabei sehr an der Sprache erfreut. Dickens gelingt es nicht nur immer wieder wunderschöne kleine Szenen heraufzubeschwören – wie zum Beispiel den Weihnachtsabend bei Scrooge Lehrherrn, an dem zwanzig Paare tanzen und ihren Spaß haben -, sondern auch kleine Dinge so zu beschreiben, dass ich sie wirklich genießen kann.

So richtig ist mir das ziemlich zu Beginn des Textes aufgefallen – nicht nur bei all den Straßenmomenten und der malerischen Beschreibung des Büros, in dem Scrooge seine Geschäfte tätigt, sondern vor allem bei der Passage, in der es um Scrooge Heimkehr und seine Wohnung geht:

„.They were a gloomy suite of rooms, in a lowering pile of building up a yard, where it had so little business to be, that one could scarcely help fancying it must have run there when it was a young house, playing at hide-and-seek with other houses, and have forgotten the way out again.“  (Seite 7 des Originalmanuskripts)

Ich verfolge gern im Rahmen der ersten Heimsuchung die Entwicklung des jungen und bücherbegeisterten Scrooge zum menschenverachtenden Geizhals. Dabei schüttel ich immer wieder amüsiert den Kopf darüber, wie schnell der alte Ebenezer auf den Gedanken kommt, dass er doch am heutigen Weihnachtsabend anders hätte handeln sollen. Dass er dem Weihnachtssänger etwas hätte zukommen lassen oder ein Wort mit seinem Anstellten hätte wechseln sollen, statt in seiner üblichen Humbug-ausrufenden Art Weihnachten als sentimentale Zeitverschwendung abzutun. Dickens erzählt die Geschichte so plakativ wie es eigentlich nur bei Märchen der Fall ist und gerade das passt so hübsch zur Weihnachtszeit. 😉

Bis zum zweiten Geist schaffe ich es immer Tiny Tim zu verdrängen – und nun muss ich eine erschreckende Tatsache beichten: Ich kann Tiny Tim nicht leiden! Dieser kleine Junge, dem Tode geweiht, so christlich denkend und allen Menschen nur das Beste wünschend, ist für mich das unangenehmste Element der Geschichte. An der Stelle, an der Scrooge den kleinen Tim neben seinem Vater im Kreise der Familie sitzen sieht und vom Geist erfährt, dass der Junge das nächste Weihnachtsfest nicht mehr erleben wird, möchte ich Scrooge am Liebsten zurufen, dass er sich zusammenreißen und ein kräftiges „Humbug“ in die Welt hinausschmettern soll. Aber stattdessen fängt der alte Geizkragen an zu zittern und zu klagen und sorgt sich um die Zukunft von Tiny Tim …

Zum Glück kommen kurz darauf die Szenen mit Scrooge Neffen und ich mag die Vorstellung, wie der alte Ebenezer mit Feuereifer bei irgendwelchen „kindischen“ Spielen mitmacht, obwohl ihn niemand sehen oder hören kann. Etwas weniger Eifer hätte ich eigentlich beim Erscheinen des dritten Geistes erwartet, denn wer möchte schon eine Zukunft sehen, die er fürchtet. Aber da Scrooge sich sicher ist, dass diese eine Weihnachtsnacht ihn vollständig verändert hat, ist es wiederum verständlich, dass er die dritte Erscheinung einfach hinter sich bringen will, um dann in ein neues Leben zu starten. Und da ich schon meine Abneigung gegenüber Tiny Tim zum Ausdruck gebracht habe, kann ich gleich noch zugeben, dass ich die Leichenfledderer-Szene in diesem Teil der Handlung mag. 😉

Zum Schluss noch ein Ende voller Truthahn, Kichern, „Ablasshandel“, kindischer Spiele und ähnlich netter Dinge, wobei es mir nach all den Szenen in Puschen und Hausmantel immer schwer fällt, Scrooge in seinem besten Anzug vor mir zu sehen. 😉 Dieses Werk von Dickens ist schrecklich kitschig und doch so schön zu Weihnachten! Trotzdem gibt es für mich nur eine Art, einen Text über diese Geschichte zu beenden:

Bah! Humbug! 

8 Kommentare

  1. Ich habe eine andere Tatsache zu beichten: Jedes Jahr um die Weihnachtszeit kommt mir der Gedanke, ich könnte (nicht: sollte) diese Geschichte endlich mal lesen und dennoch habe ich es bislang nicht geschafft. Aber auch das wird sich auf Dauer ändern, jawohl.

  2. Ja, du könntest das mal machen, wenn nicht in diesem Jahr, dann vielleicht im nächsten … 🙂

    Ansonsten könntest du die Augen nach der einen oder anderen Verfilmung aufhalten, da gibt es ein paar wirklich nette. 😀

  3. Selbst die "klassischen" Verfilmungen kenne ich nicht, sondern nur die, äh, Interpretationen, wie z.B. "Die Geister, die ich rief" oder eine Doctor-Who-Version (mit Gesang und Fischen im Äther). Ich glaube, die Disney- und Muppets-Versionen habe ich vor Jahren auch irgendwann mal gesehen. 😀

  4. Die Muppets sind gar nicht so weit weg von der Geschichte, das zählt schon. *g* Lustigerweise habe ich bei "Die Geister, die ich rief" (boah, das habe ich sogar im Kino gesehen) lange Zeit nicht kapiert, dass das auf dieser Weihnachtsgeschichte basiert. Manchmal stehe ich da ganz schön auf der Leitung. 😀

  5. Leider ist die Muppets-Version für mich schon ewig her. 😀

    "Die Geister die ich rief" läuft bestimmt dieses Jahr wieder im TV. Und sicher auch eine "klassische" Verfilmung.

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