David Schumann: The Tokyo Diaries – Ein erster Eindruck

Ich muss zugeben, dass das hier wirklich nur ein erster Eindruck wird, denn ich bin erst auf Seite 57. Das heißt, von den zwei Jahren, die der Autor in Japan gelebt hat, habe ich bislang gerade mal zwei Monate „miterleben“ dürfen. Aber ausnahmsweise muss dieser Beitrag mal sein, dann es gibt da ein paar Gedanken, die ich loswerden möchte.

Vor diesem Buch hatte ich noch nie was von David Schuman gehört, ich habe den Titel einfach nur aufgrund des Klappentextes interessant gefunden. Ein Japanologie-Student in Tokyo, anfangs überwältigt von der fremden Kultur, wird erfolgreiches Punk-Model in Japan. Soweit klang das gut. Der letzte Hinweis hat zwar dafür gesorgt, dass ich einen ungewöhnlichen Menschen erwartet hatte, aber ansonsten erhoffte ich mir mehr oder weniger amüsante und informative Erlebnisse und Berichte über das Leben als Ausländer/Student in Japan.

Aber schon auf den ersten Seiten hatte ich ein Problem mit dem Autor: Er jammert über seine Flugprobleme und die Regenzeit in Japan. Außerdem geht es um seine Alkoholabstürze, sein Problem, eine willige Frau zu finden (okay, er scheint auch die Gespräche, die Anwesenheit, die Freundschaft zu vermissen, aber in erster Linie klingt der Bedarf nach einer Bettgefährtin durch), Saufgelage, seine Ansichten über seine Gastfamilie, Alkohol und sehr viel über Musik. Letzteres hatte ich übrigens weder erwartet, noch kann ich viel mit seinen Gedanken zu dem Thema anfangen.

Ich will nicht nur schimpfen, der Kerl ist kein Faulpelz, studiert intensiv, hält eifrig die Augen nach Jobs offen und versucht, engeren Kontakt zu Japanern zu bekommen – und es gibt immer wieder interessante Beobachtungen zum Leben in Tokyo. Aber momentan kann ich mit dem Autor, seiner Lebensweise und seiner (Umgangs-)Sprache recht wenig anfangen. Und das liegt nicht nur daran, dass ich keinen Bedarf an abendlichen Alkoholexzessen habe und auch sonst ein anderes Leben führe  … 😉

12 Kommentare

  1. Oha…was da wohl noch kommt?!Vielleicht uebt ja die gastfamilie nach 3-4 Monaten einen spuerbaren einfluss aus – oder umgekehrt ;)?

  2. Hm… interessant klingt das Buch schon, doch Sympathieträger scheint der Autor/Protagonist nicht zu sein und besonders gut mental darauf eingestellt zu sein, plötzlich in einem fremden – wenn auch nur für gewisse Zeit – zu leben, scheint er nicht gerade. Er wirkt wie ein "0815-Auswanderer" laut deiner kurzen Beschreibung, die weder die Kultur noch die Menschen selbst respektieren, sondern es einfach nur genießen wollen weit weg von daheim zu sein – und vorallem weg von der Kontrolle um mal ein bisschen die Sau rauszulassen.

  3. Ne, das muss ich ihm schon zugutehalten, er versucht sich mit der Kultur auseinanderzusetzen und Kontakt zu finden. Und seine Saufgelage finden oft genug mit Japanern statt, denn – laut dem Autor – ist das deren Volkssport Nr. 1. 😉 Aber er hält sich – zumindest am Anfang – mit dem Jammern über die allgemeinen Umstände (und den Mangel an Sex) auch nicht zurück und seine Wortwahl ist in vielen Punkten deftiger als sie sein müsste.

  4. Ah… Eine "Rebellion" gegen den Gastvater scheint es ja aber auch nicht zu sein – zumindest liest es sich für mich so, als wäre David mit bestimmten Vorstellungen bereits nach Japan gekommen 😉

    Mich würde interessieren, was der Gastvater über dieses Gastverhältnis berichten würden, aber das werden wir wohl nicht erfahren …

  5. Also bislang ist David schon noch angemessen höflich gegenüber seinem Gastvater, so dass dieser auch gern bereit wäre den "Sohnersatz" in seiner Firma unterzubringen. Was er hingegen in seinem Tagebuch so schreibt ist aber weniger höflich und respektvoll … 😉 Trotzdem, wenn es so bleibt, dann ist der Gastvater vermutlich voll des Lobes für den Mann, der nicht nur Deutsch und Englisch, sondern sogar das Japanische beherrscht. 😉

  6. Ich find ja, dass das grundsätzlich schon ziemlich interessant klingt – auch diese Art von Leben. Es kommt aber natürlich letztendlich dann darauf an, wie das rübergebracht wird, und das scheint ja nicht gerade überzeugend zu sein!

  7. @Irina: Vielleicht hätte der Autor seine Tagbucheinträge noch mal etwas überarbeiten und eher einen "Erlebnisbericht" daraus machen sollen. 😉

  8. anlisunendlichegeschichte

    Ach, schade. Auf den ersten Blick klang das jetzt interessant…aber Alkoholabstürze etc…nee. Hatte ich bei Helge Timmerberg bereits….dabei finde ich solche Bücher über Japan immer recht interessant, aber es ist schwer, was Gutes zu finden.

  9. @Anli: Ich bin ja bislang noch nicht sehr weit mit dem Buch, vielleicht wird es noch besser. Aber es nervt mich schon etwas, dass fast jedem Tag der Abend betrunken endet (wenn auch zum Glück nicht allzu ausführlich beschrieben). Dafür fand ich ein paar seiner Beobachtungen schon interessant. Zum Beispiel merkt er an, dass er für die Japaner schwul klingt, weil das Japanisch, das er auf der Universität gelernt hat, in ihren Ohren "weiblich" klingt. So bemüht er sich beim Treffen mit seinen japanischen Bekannten herauszufinden, was er beachten muss, um "männlich" zu klingen. Leider fließen solche Sachen sehr am Rande ein – es ist eben in erster Linie ein Tagebuch. 😉

  10. Also ich hab das Buch auch; zwar ein anderes Cover, aber das ist ja egal; und war auch ein bisschen enttäuscht.
    Ich weiß nicht mehr genau, wie ich auf das Buch gestossen bin – wahrscheinlich durch die damals (früher *haha* -.-*) herüberschwappende Japan-Welle – musste es mir jedoch auch unbedingt zu legen und hab es sehr verschlungen.
    Natürlich möchte ich dir nicht erzählen, wie es ausgeht, aber na ja… deine ersten Eindrücke waren auch meine.

    Ich bin sehr gespannt, wie du das Buch insgesamt aufnimmst, ich habe den Kauf zwar nicht bereut, war aber definitiv enttäuscht.

  11. @Charles: Erst einmal herzlich Willkommen – schön, dass du deine Erfahrung zu dem Buch geschrieben hast. 🙂 Es gibt anscheinend sehr unterschiedliche Meinungen zu dem Titel, inzwischen bin ich auf diversen Musikseiten auf sehr lobende Worte gestoßen und von einigen Leuten wird die Ausdrucksweise des Autors eher als "amüsant" empfunden. Ich bin auf jeden Fall gespannt darauf, ob sich meine Meinung noch ändert. Bislang hatte ich leider noch keine Zeit zum Weiterlesen …

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