Diana Wynne Jones: Reflections (On the Magic of Writing)

Die Schriftstellerin Diana Wynne Jones sollte inzwischen allen ein Begriff sein, die regelmäßig meinen Blog lesen, nachdem ich in letzter Zeit wieder regelmäßig über ihre Bücher geredet habe. Leider ist die Autorin 2011 an Krebs gestorben, aber sie hatte vor ihrem Tod noch genügend Zeit, um über ihr literarisches Erbe nachzudenken. Ein Ergebnis dieser Überlegungen ist die Veröffentlichung von „Reflections (On the Magic of Writing)“ gewesen. In dem Buch hat Diana Wynne Jones diejenigen ihrer Aufsätze, Artikel und Reden gesammelt, die sich rund um Bücher und das Schreiben (speziell um das Schreiben von fantastischen Kinderbüchern) drehen und von denen sie glaubte, dass sie für eventuelle Leser interessant sein könnten.

In der Inhaltsangabe meiner Ausgabe ist von „über 25 Texten“ die Rede und ich muss gestehen, dass ich es auch schwierig finde eine genaue Anzahl zu nennen, weil zum Beispiel ein Text aus 3 Teilen einer Rede besteht und weil es zusätzlich noch Texte gibt, die über Diana Wynne Jones geschrieben wurden. So ist das Vorwort (in meiner Ausgabe) zum Beispiel von Neil Gaiman, der über die Autorin als Person und über die Qualität ihrer Arbeit schreibt, dazu gibt es noch einen weiteren Text über Diana Wynne Jones und ihre Bücher von Charles Butler als Einleitung und natürlich eine kurze Einleitung von der Autorin selber. Außerdem wird diese Sammlung noch durch ein Interview mit ihr (zu dieser Veröffentlichung) und zwei Texte von ihren Söhnen, die nach ihrem Tod geschrieben wurden, ergänzt. Bei so vielen kürzeren und längeren Texten fällt es mir schwer eine allgemeine Meinung abzugeben, denn natürlich schwanken die Qualität und der Nutzen dieser Texte für mich ganz persönlich. Auch gibt es bestimmte Elemente, die in dieser Sammlung immer wieder vorkommen – gerade wenn Diana Wynne Jones auf ihre Kindheit eingeht -, weil die Autorin natürlich nicht davon ausgehen konnte, dass jemand, der eine Rede von ihr hört oder einen Artikel liest, schon einmal Hintergrundinformationen über ihre Arbeit bekommen hat.

Aber selbst bei den Passagen, die mich weniger interessierten oder die für mich zu sehr in die Theorie abdrifteten, um mich wirklich packen zu können, fand ich es spannend, welche Aspekte Diana Wynne Jones in ihrer Arbeit beachtet hat und auf welche Elemente sie bei anderen Autoren Wert legte. Doch vor allem wird in all diesen Texten ihre Liebe zum Schreiben und ihre Lust am Erschaffen magischer Welten deutlich und die Sorgsamkeit, mit der sie Geschichten für Kinder kreiert. Überhaupt ruft sie in ihren Texten immer wieder dazu auf, dass man Kinder nicht unterschätzen soll – in dem Zusammenhang fand ich es spannend, dass Diana Wynne Jones der Meinung war, dass man bei Romane für Erwachsene viel mehr wiederholen muss, weil diese nicht so aufmerksam lesen wie Kinder – und dass man beim Schreiben von Kinderbüchern eine hohe Verantwortung hat, weil Kinder auch durch das Lesen so viel lernen und es zum Beispiel schrecklich ist, wenn man sie durch bestimmte Wendungen in Geschichten entmutigt ihre Fantasie zu benutzen. Interessant fand ich dabei, dass sie der Meinung war, dass zu ihren Anfängerzeiten in Fantasybüchern für Kinder ganz oft betont wurde, dass nur Kinder solch fantastische Abenteuer erleben könnten, während Erwachsenen der Zugang (z.B. nach Narnia) verboten ist – bei mir hat das die Frage aufgeworfen, ob es deshalb für viele Leute vollkommen akzeptabel ist, dass Kinderbücher fantastische und magische Elemente enthalten, während Fantasyromane für Erwachsene von den selben Personen gern als Schund abgetan werden.

Selbst ohne die immer wieder auftauchenden Erwähnungen ihrer eigenen Romane (als Beispiele für bestimmte Erzähl-Elemente oder wenn sie über eine Grundidee spricht), habe ich jetzt nach dem Lesen von „Reflections“ unglaublich große Lust mich noch einmal mit den Geschichten von Diana Wynne Jones auseinanderzusetzen, weil ich es so fesselnd finde, wie viele Gedanken sich die Autorin über die verschiedenen Elemente und Figuren gemacht hat und weil ich mir sicher bin, dass das, was beim Lesen so nett und leicht aussieht, nur durch sehr viel Arbeit (und Freude) entstehen konnte. Lustig finde ich auch, dass sie viele Aspekte in ihren Geschichten erwähnt, die ich ganz anders wahrgenommen habe, die aber trotzdem für mich genau richtig funktionieren. In Zukunft werde ich mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit nach dem Lesen eines Diana-Wynne-Jones-Roman diesen Titel zücken und all die Textstellen nachschlagen, in denen die gerade gelesene Geschichte erwähnt wird, und schauen, was die Autorin selber zu dem Buch zu sagen hatte und welche Ebenen in ihrer Erzählung mir vielleicht durchgegangen sind.

(Und nachdem ich dies geschrieben hatte, griff ich zu einem Diana-Wynne-Jones-Roman – „Deep Secret“ -, zu dem ich dann nach dem Lesen so gut wie keine Erwähnung in „Reflections“ finden konnte … *g*)

6 Kommentare

  1. Punkt und Ende

    Sowas mag ich ja gerne. Bücher, die nicht primär als Schreibratgeber aufgemacht sind, sondern als Betrachtung der eigenen Arbeitsweise, Ideenfindung etc. Allerdings habe ich von der Autorin nichts gelesen (außer Chrestomancy damals als Einstiegsbuch ins englische Lesen?!) und weiß daher nicht, ob das Buch dann für mich besonders sinnvoll wäre. Allerdings hast du mir (schon beim Herbstlesen) durchaus Lust gemacht, mir die Bücher der Autorin einfach mal genauer anzusehen. Ich mag ja gemütliche Fantasybücher ganz gerne von Zeit zu Zeit 🙂 Dafür auf jeden Fall schon mal danke 🙂

  2. Der eigenen Arbeitsweise und zum Teil die anderer Autoren (wobei sie mir da stellenweise schon zu sehr in die Details ging). Ich glaube schon, dass eigentlich jeder, der sich mit Fantasy und Kinder-/Jugendliteratur beschäftigt hat, was aus dem Buch ziehen kann. Wobei ich nur noch einmal betonen muss, dass sie sich auch viel wiederholt, weil es eben eine unbearbeitete Sammlung von Texten aus mehreren Jahrzehnten ist.

    Gern geschehen. Wie wäre es, wenn du mal einen Start mit "Howl's Moving Castle" machst? Ich liebe allein schon den Anfang der Geschichte so sehr, wo einem die Protagonistin vorgestellt wird – und dann entwickelt sie sich im Laufe des Romans so wunderbar. 🙂

  3. Eva-Maria H.

    Ich lese zwar deinen Blog, aber so genau kenne ich die Schriftstellerin nicht.

    Aber ich habe ein so schönes Hörbuch aus der Bücherei mitgebracht, das es auch als Buch gibt. Ich bin ganz begeistert und im Dezember stelle ich es bei meiner Türchenaktion mal vor.

    Lieben Gruß Eva

  4. @Eva: Ich fürchte auch, dass Fantasyromane (selbst für Kinder) nicht ganz dein Genre sind. 🙂 Aber ich fand es sehr spannend die Ansichten der Autorin zu diesem Bereich zu lesen.

    Dann schau ich mal im Dezember, was für ein Hörbuch das ist. Ich komme gerade viel zu wenig zum Hören, dabei habe ich aktuell mit einem Agatha-Christie-Titel so eine nette Geschichte auf dem Player.

  5. Das klingt wirklich interessant und nach einer aufschlussreichen Lektüre. Auch wenn ich erst zwei Bücher der Autorin gelesen habe 🙂

  6. @Sam: Vielleicht bringt dich das Buch ja dann dazu mehr von der Autorin zu lesen. 😉

    Ich fand es auch so interessant, was sie über ihre Kindheit schrieb, auch wenn sie sich da sehr häufig wiederholte, und was sie zu Tolkien und Lewis zu erzählen hatte.

    Oh, und es ist auf jeden Fall ein Buch, dass man gut in kleinen Häppchen lesen kann.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert