Oder wäre „Drei Bücher, die ich am Ende abgebrochen habe“ ein besserer Titel gewesen? Im Mai gab es drei Romane, bei denen ich relativ früh stockte, weil mir irgendetwas an den Geschichten nicht gefiel, obwohl ich die Bücher eigentlich mögen wollte. Am letzten Mai-Wochenende hatte ich dann die Nase voll von dem Stapel mit angefangenen Büchern, bei dem sich wochenlang nichts tat, obwohl ich die Geschichten doch eigentlich lesen wollte. Also nahm ich mir vor, dass ich mich in den nächsten Tagen mit jedem dieser Romane für eine Stunde beschäftigen würde. Wenn sie mich nach einer Stunde Lesezeit immer noch nicht gepackt (oder mich erneut irritiert/geärgert) hätten, dann würde ich sie endgültig abbrechen und mir etwas Anderes zu lesen suchen. Aber diese eine Stunde Lesezeit wollte ich jeder der drei Geschichten noch gönnen.
Über „The Secret Life of Mary Bennet“ von Katherine Cowley bin ich gestolpert, als ich einen Text der Autorin bei John Scalzis „The Big Idea“ gelesen hatte, in der sie über die Idee hinter dem Roman schrieb. Sie hatte sich gefragt, welche Stärken Mary Bennet eigentlich hat und welchen Weg das Leben dieser Figur nehmen müsste, damit sie sich von ihren berühmteren Schwestern abheben kann. Ich mochte den Text und ich mochte die Idee, also habe ich mir den Roman als eBook gegönnt, obwohl ich normalerweise mit Geschichten nicht so glücklich bin, die an Jane Austens Bücher angelehnt sind. Bei „The Secret Life of Mary Bennet“ hatte ich aber kein Problem, die Handlung getrennt von Jane Austens Romanen zu betrachten, weil Marys Perspektive dafür sorgte, dass ich die vertrauten Figuren mit anderen Augen sah. Die Geschichte beginnt in den Tagen vor Mr. Bennets Beerdigung, und so habe ich anfangs den einen oder anderen für mich irritierenden Gedanken der Protagonistin auf ihre Trauer geschoben. Vor allem tat mir Mary in ihrer Unbeholfenheit leid, und ich fand es bedrückend zu sehen, wie sie von ihrer Familie abgetan und wenig geschätzt wurde.
Aber nach einem Drittel der Handlung fand ich es schwierig, Marys Verhalten weiter zu entschuldigen. Es gab immer mehr Szenen, in denen ich die Darstellung von Mary widersprüchlich (und auch schwer zu ertragen) fand. So wird sie zum Beispiel auf der einen Seite als jemand beschrieben, dem Regeln wichtig sind und Halt geben, auf der anderen Seite verstößt sie ständig (bewusst!) gegen gesellschaftliche Regeln, weil diese nicht ihren Bedürfnissen entsprechen. Je häufiger ich diese kleinen Widersprüche im Text sah, desto weniger Lust hatte ich, mich mit Mary Bennet und ihrem Schicksal zu beschäftigen. Ich habe das Buch abgebrochen, nachdem eine Leiche gefunden wurden, obwohl das ja normalerweise der Punkt ist, an dem eine Geschichte erst richtig anzieht. Aber es war mir so egal, wie die Handlung weitergeht, und ich hatte so wenig Lust, weiter Marys Gedanken verfolgen zu müssen, dass ich mich von diesem Buch nicht länger von genussvollerer Lektüre abhalten lassen wollte. (Stattdessen habe ich dann zu „The Daughter of the Sun“ von Effie Calvin gegriffen und an einem Tag durchgelesen.)
Der zweite Titel auf meinem „SaB“ war „Stray Magic“ von Kelly Meding. Den Roman hatte ich vor längerer Zeit schon einmal angefangen und dann mit einem „Ich bin anscheinend gerade nicht in der Stimmung für Urban Fantasy“-Gedanken zur Seite gelegt. Nachdem ich im Mai aber „Smoke Bitten“ von Patricia Briggs gelesen hatte, hatte ich definitiv große Lust auf weitere Urban-Fantasy-Titel und habe deshalb erneut meine Nase in „Stray Magic“ gesteckt – nur, um nach gerade mal 31 Seiten das Buch frustriert zur Seite zu legen. Ich mochte die „Dreg City“- und die „Cornerstone Run“-Romane der Autorin wirklich gern und hatte gehofft, dass mich „Stray Magic“ ebenso gut unterhalten würde. Doch irgendwie funktionierte diese Geschichte für mich nicht, und obwohl ich mir einzureden versuchte, dass es vielleicht nur daran lag, dass ich mich nicht richtig darauf eingelassen oder beim ersten Anlesen zu viele andere Dinge im Kopf hatte, kam ich auch beim zweiten Anlauf nicht damit zurecht.
Ich fürchte, es gibt bei „Stray Magic“ einfach zu viele Punkte, die nicht meinem Geschmack entsprechen. Ich fand die Protagonistin Shiloh regelrecht unsympathisch, und das hat es mir schwer gemacht, ihrer Erzählstimme zu folgen. Außerdem gefiel mir zwar grundsätzlich der Anfang des Romans (eine Gruppe von Vampiren nimmt die Bewohner eines Trailerparks als Geisel, um Unterstützung zu bekommen, die ihnen hilft herauszufinden, wer Vampire und Werwölfe entführt), aber die Ausführung reizte mich so gar nicht. Als dann bei meinem (inzwischen dritten Versuch mit dem Roman) noch der „untote“ Kopf von Shilohs Vorgesetztem gefunden wurde und mich ihre Trauer total kalt ließ, habe ich das Buch dann doch lieber abgebrochen. Es ist sehr schade, dass Kelly Meding mit ihren früheren Reihen nicht erfolgreicher war. Aber ich fürchte, der fehlende Erfolg der Bücher, die meinen Geschmack getroffen haben, hat dazu geführt, dass sie mit ihren Geschichten in eine Richtung gegangen ist, von der sie hoffte, dass sie eher ein Publikum findet, die mir persönlich aber einfach nicht gefällt. (Ich habe dann meine Urban-Fantasy-Lust mit dem gerade erschienenen Titel „Practical Boots“ von C.E. Murphy gestillt. 😉 )
Zuletzt hat mir noch „The Scandalous Sisterhood of Prickwillow Place“ von Julie Berry zu schaffen gemacht. Der Roman stand schon ziemlich lange auf meiner Merkliste, aber so richtig sicher war ich mir nicht, ob er wirklich in mein Beuteschema passen würde. Mir gefiel die Grundidee (sieben Schülerinnen vertuschen im viktorianischen London den plötzlichen Tod ihrer Schulleiterin, um weiterhin gemeinsam in ihrer Schule leben zu können), und grundsätzlich mag ich humorvolle Kriminalromane. Auf der anderen Seite ist es immer schwierig vorherzusagen, ob der Humor einer Autorin mit meinem kompatibel ist. Bei dieser Geschichte hat mich von Anfang an gestört, dass die sieben Protagonistinnen immer mit ihren vollen Spitznamen („Disgraceful Mary Jane“, „Dour Elinor“, „Smooth Kitty“, „Dull Martha“, „Pocked Louise“, „Stout Alice“ und „Dear Roberta“) erwähnt wurden. Nicht ein einziges Mal gab es nur einen Vornamen zu lesen, die Namen wurden immer mit dem „Label“ zusammen erwähnt und das hat mich unglaublich genervt, weshalb ich das Buch nach 50 gelesenen Seiten erst einmal weggelegte, obwohl die sieben Schülerinnen gerade mit einem Haus voller unangekündigter Gäste zu kämpfen hatten. Außerdem wurden die Charaktere (zumindest im ersten Drittel) schrecklich eindimensional dargestellst und als ich mich dann dabei ertappte, dass ich bei meiner „ich gebe diesem Buch noch eine Chance“-Stunde mit meinen Gedanken überall anders war, aber nicht bei der Geschichte, weil mich die Erzählweise einfach nicht packen konnte, habe ich auch diesen Roman abgebrochen (und aussortiert).
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Da der Beitrag noch in den Entwürfen ruhte, als ich mein erstes Buch im Juni abbrach, bekommt das hier auch noch eine „ehrenvolle“ Erwähnung. 😉 Ich hatte mir den ersten Teil der Twist-Reihe, „Indelible“, von Dawn Metcalf relativ spontan als eBook besorgt, weil dieses Urban-Fantasy-Jugendbuch für seine „slow burning romance“ gelobt wurde. Die Handlung wird aus der Sicht von Joy erzählt, die bei einem Diskobesuch von einem Fremden angegriffen und am Auge verletzt wird. Relativ schnell stellt sich heraus, dass der Fremde (Ink) eine Art übernatürliches Wesen ist und ihr eigentlich das Augenlicht hätte nehmen müssen. Da er daran aber scheiterte, hat sein Angriff Joy als seinen Besitz bzw. seine Gefährtin gekennzeichnet. Damit Joy nicht getötet wird, weil sie über die Fähigkeit verfügt, übernatürliche Wesen sehen zu können, und Ink nicht vernichtet wird, weil er daran gescheitert ist, die magischen Wesen vor der Entdeckung durch einen Menschen zu schützen, müssen die beiden so tun, als ob sie eine Beziehung hätten.
Ich muss zugeben, dass die Kennenlernen von Joy und Ink sich wunderbar langsam entwickelt und es im ersten Drittel des Romans überraschend intime (und jugendfreie!) Szenen mit den beiden gibt. Auch gibt es einige andere Aspekte, die die Autorin wirklich gut behandelt hat, die mich sonst häufig in (nicht nur Urban-Fantasy-)Romanen ärgern. So fand ich es zum Beispiel wunderbar zu lesen, dass sich Joy anfangs einem Polizisten anvertraut und sich halt wirklich wie ein relativ vernünftiger verängstigter Teenager verhält und nicht wie eine sich selbst überschätzende Superheldin. Aber insgesamt hat mich die Geschichte leider nicht packen können, weil mich der fantastische Teil der Handlung so gar nicht interessiert hat – und als ich mich dann dabei ertappte, dass ich lieber noch eine Runde Haushaltskram erledigte, als meine Lesezeit mit diesem Buch zu verbringen, habe ich auch diesen Roman abgebrochen. Mal schauen, wie es in den nächsten Wochen so weitergeht mit mir und dem Lesen …
Ich würde dir „The Other Bennet Sister“ von Janice Hadlow empfehlen. Das ist auch ein Buch über Mary Bennet, das aber anständig mit der literarischen Vorlage umgeht. Auch sehr schön als Hörbuch. Nur ein bisschen sehr lang 🙂
Dann schaue ich mir den Titel mal an. Danke für die Empfehlung, Anette! Wobei ich zugeben muss, dass es gerade so oder so nicht mit dem Lesen klappt – mal gucken, wann sich das wieder ändert. *g*
Wenn man lieber Haushaltskram erledigt als zu lesen, ist das wirklich ein deutliches Zeichen, dass man das Buch abbrechen sollte. 😉
Schade, dass du im Mai etwas Pech mit der Buchauswahl hattest. Hoffentlich erwischst du nun wieder Titel, die dich mehr ansprechen!
Im Moment bin ich anscheinend nicht so recht in Lesestimmung, Neyasha. Wobei ich in diesem Monat schon ein paar (sehr kurze) eBooks gelesen habe und auch irgendwie Lust auf weitere Bücher hätte, aber so richtig packen kann mich in den letzten Tagen kein Titel …
[…] dem letzten Lese-Sonntag habe ich nicht nur so einige Bücher abgebrochen, sondern auch relativ wenig Zeit zum Lesen gehabt. Außerdem ist es inzwischen so sommerlich, dass […]