[Figurenkabinett] Roderick Alleyn

Wie Modesty Blaise habe ich Roderick Alleyn in den Jahren rund um mein Abitur in der Bahnhofsbuchhandlung entdeckt. Er war zu diesem Zeitpunkt um die 40 Jahre alt und hatte schon einiges in seinem Leben gesehen. Drei Jahre lang war er während des Ersten Weltkriegs beim Militär – doch im Gegensatz zu Lord Peter Wimsey wurde er dadurch nicht traumatisiert -, danach diente er eine Zeitlang beim „British Foreign Service“, nur um dann als Konstabler bei Scotland Yard (der Metropolitan Police) anzufangen. Warum es zu diesem abrupten Wechsel in seinem Berufsleben kam, hat er mir nie verraten, aber als ich ihn kennenlernte, hatte er es schon zum Chief Detective Inspector gebracht.

Geboren wurde Roderick Alleyn als zweiter Sohn eines Baronets, doch abgesehen davon, dass er eindeutig ein Gentleman ist und dies ihm immer mal wieder in seinem Beruf zugutekommt, hatte seine Herkunft anscheinend wenig Einfluss auf sein Leben. Seine Ermittlungen führen ihn immer wieder ins Theatermilieu – vor allem in Häuser, in denen Stücke von Shakespeare gespielt werden. Ansonsten ermittelt er in klassischen britischen Kriminalfällen, wie man sie auch bei Agatha Christie finden könnte, bei denen es zu einem Mord bei einer Hausparty in einem ländlichen Herrenhaus kommt oder zu ungewöhnlichen Vorfällen während einer Bootstour auf einem der vielen englischen Flüsse.

Dazu kommen die Romane, die in Neuseeland spielen und die für ein ganz eigenes Flair sorgen. Hier spürt man, dass die Autorin (Edith) Ngaio Marsh selbst Neuseeländerin war und über ein Land schrieb, dem sie sich nahe fühlte. Roderick Alleyn verschlägt es während des Zweiten Weltkriegs nach Neuseeland, wo er anscheinend nach Aktivitäten der „Fünften Kolonne“ Ausschau halten soll, doch stattdessen stolpert er natürlich über Kriminalfälle – bei denen er sich nicht so ganz sicher sein kann, dass diese nichts mit den Kriegsgeschehnissen zu tun haben.

Im Laufe der Zeit lernt Roderick Alleyn eine ungewöhnliche Frau kennen und lieben, und selbstverständlich wird auch diese Dame hin und wieder in die Fälle ihres Mannes verwickelt. Auch seine Ehefrau mag ich sehr, und ihre Sicht auf die Verbrechen fügt der Geschichte oft eine erfrischende Perspektive hinzu. Ich muss gestehen, dass ich die Romane schon viel zu lange nicht mehr gelesen habe, da auch diese Titel seit einigen Jahren in Umzugskartons darauf warten, dass ich mir eine große Zahl neuer Regale zulege. Aber ich freu mich jetzt schon auf den Tag, an dem ich ein Wiedersehen mit Roderick Alleyn feiern kann.

Insgesamt wurden 32 Roderick-Alleyn-Romane und ein paar Kurzgeschichten von Ngaio Marsh geschrieben, deren Titel ich hier nicht aufführen werde, weil es den Beitrag sprengen würde. Wer nun aber neugierig geworden ist, findet online diverse Listen mit den Romantiteln. Deutsche Ausgaben scheint es nur noch gebraucht zu geben, aber auf englisch gibt es aktuelle Ausgaben. Da muss ich mir gerade auf die Finger hauen, denn bislang kenne ich die Geschichten nur in der deutschen Übersetzung und wäre doch neugierig darauf, ob sich das Original anders liest.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert