Connwear (Conn) habe ich im April 2011 kennengelernt, als ich mir spontan das Buch „Der magische Dieb“ von Sarah Prineas aus der Bibliothek ausgeliehen hatte und auf den ersten Seiten miterleben durfte, wie der junge Dieb in einer bitterkalten Nacht einem Magier seinen Fokusstein aus der Tasche zog. Eigentlich hatte Conn ja darauf gehofft, etwas erbeuten zu können, das sich verkaufen lässt. Stattdessen sieht er sich kurz darauf dem irritierten Magier Nevery Finnglas gegenüber, der wissen will, wieso der Junge den Stein überhaupt anfassen konnte, ohne sofort zu sterben. Für Conn bringt diese Begegnung eine große Wende in seinem Leben, da er von diesem Tag an – erst als Angestellter, später als Lehrling – bei Nevery unterkommt.
Doch trotz all der Veränderungen, die in den kommenden Monaten auf Conn zukommen, bleibt er doch im Inneren lange Zeit ein Gassenjunge und Dieb, und so ist es nicht verwunderlich, dass er in der Gesellschaft der Magier regelmäßig aneckt. Nach so vielen Jahren, die er – nach dem Tod seiner Mutter – auf den Straßen überleben musste, ist es für Conn ein überwältigendes Gefühl, endlich ein Zuhause zu haben, in dem es (relativ) warm und trocken ist, in dem er regelmäßige Mahlzeiten bekommt und in dem er zum Lernen angehalten wird. Doch ganz kann er die Straße nicht hinter sich lassen, und so wird er auch nach seinem Einzug bei Nevery vom „Underlord“ (dem Herrscher über den armen Teil der Stadt Wellmet) gejagt, von den Magiern und wohlhabenden Bürgern misstrauisch beäugt und immer wieder beschuldigt, etwas gestohlen zu haben. Letzteres leider nicht immer zu unrecht, auch wenn Connwear in der Regel sehr gute Gründe hat, wenn er wieder zum Dieb wird.
Einzig in der Schülerin Rowan findet Conn schnell eine Freundin, die bereit ist, erst einmal seine Seite einer Geschichte zu hören, bevor sie über einen Vorfall urteilt. Diese Freundschaft mit Rowan hält durch all die Abenteuer hinweg, die Connwear im Laufe der Zeit erlebt. Rowan, der Magier Nevery und dessen – auf den ersten Blick furchterregender – Angestellter Benet sind die einzigen, die Conn zur Seite stehen, als es darum geht, die Magie Wellmets zu retten. Immer wieder kommt es in den vier Romanen rund um Connwear zu Vorfällen, bei denen die Magie und damit auch die Stadt selbst angegriffen oder von feindlichen Mächten übernommen werden soll, was zum Teil zu herzzerreißenden Szenen in den Geschichten führt. Mitzuerleben, wie Conn aufgrund der Umstände immer wieder von Neuem einsam, hungrig und ängstlich in den Straßen der Stadt zu überleben versucht, während er gleichzeitig der Einzige ist, der eine bestimmte Aufgabe übernehmen kann, hat mich beim Lesen stellenweise schon mitgenommen. Auf der anderen Seite gibt es so viele wohlige und amüsante Momente in den Geschichten rund um den jungen Dieb, dass die Bücher von Sarah Prineas für mich eindeutig in die Kategorie Wohlfühlbuch gehören.
Ich mag an Conn vor allem seinen Enthusiasmus und seine Hartnäckigkeit. Er liebt es, neue Dinge zu lernen, auch wenn er oft genug so sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt ist, dass er einen Teil seiner Lektionen verpasst. Schlösser (und wie man sie knackt) gehören ebenso zu seinen Leidenschaften, und über die ganze Zeit hinweg, die man sein Leben verfolgt, verliert er doch nie ganz den Blick eines Diebes. Betritt er einen Raum, dann schaut er sich nicht nur den Zugang mit den Augen eines Einbrechers an, sondern schätzt automatisch auch den Wert der Dinge, die er sieht. Er ist ein loyaler Freund und stellt das Wohl seiner Stadt regelmäßig über sein eigenes. Doch vor allem liebe ich es, mitzuerleben, wenn er eine Theorie in die Tat umsetzt, wenn er recherchiert und experimentiert – gerade weil Letzteres oft nicht ganz zu den Ergebnissen führt, die Connwear sich erhofft hat.
Die fantastische Welt, in der Conn lebt, scheint – ebenso wie die Stadt Wellmet – von der Autorin auf den ersten Blick nicht ganz so überzeugend gestaltet worden zu sein. Es gibt zu große Unterschiede zwischen den beiden Hälften der Stadt, die durch einen Fluß geteilt wird, zu viel Elend auf der einen Seite und zu viel Luxus auf der anderen Seite, aber überraschenderweise klärt sich auch das im Laufe der Romane stimmig auf. Wer also Lust auf gut geschriebene fantastische Jugendbücher mit einem sympathischen Protagonisten, liebenswerten Nebenfiguren, einer besonderen Magieform, Explosionen, Vögeln, Katzen und Drachen hat, sollte definitiv einen Blick in die Bücher von Sarah Prineas werfen.
Leider haben es nicht alle Titel rund um Connwear zu einer deutschen Übersetzung gebracht, und die beiden deutschen Ausgaben aus dem cbj-Verlag gibt es auch nur noch gebraucht, aber das sorgt immerhin dafür, dass man sie sehr günstig erwerben kann. Was die englischen Veröffentlichungen angeht, so bietet sich „The Magic Thief Complete Collection“ an, bei der man die vier Romane plus die dazugehörige Kurzgeschichte sehr günstig als eBooks bekommt.
Der magische Dieb/The Magic Thief von Sarah Prineas:
1. The Magic Thief (Der magische Dieb – Auf der Jagd nach dem Stein der Macht)
2. The Magic Thief: Lost (Der magische Dieb – Auf der Spur der silbernen Schatten)
3. The Magic Thief: Found
4. The Magic Thief: Home
Die Kurzgeschichte „The Magic Thief: A Proper Wizard“ wurde in der Gesamtausgabe zwischen Band 3 und 4 platziert, aber ich würde sie erst nach „The Magic Thief: Home“ lesen, weil es doch das eine oder andere kleine Element darin gibt, das einem Hinweise auf den Verlauf der Geschichte des vierten Romans gibt.