Im November hatte Melanie von „Books for all Eternity“ einen begeisterten Beitrag zur „Elemental Assassin“-Reihe geschrieben und mich so auf die Serie neugierig gemacht. Anlässlich der deutschen Veröffentlichung hat sie ein Exemplar des ersten Romans (auf Wunsch entweder auf Deutsch oder auf Englisch) verlost und ich hatte das Glück, es zu gewinnen. So startete ich also das Jahr mit „Spider’s Bite“ und war gespannt, ob ich Mellis Begeisterung teilen kann. Bevor ich detaillierter auf die Geschichte und meine Meinung eingehe, muss ich gestehen, dass ich nicht abschätzen kann, ob sich die Qualität der Bücher im Laufe der Serie verändert und inwieweit das vielleicht Mellis Einschätzung gefärbt hat. 😉
In „Spider’s Bite“ lernt der Leser erst einmal Gin Blanco – „The Spider“ genannt – kennen, die ihren Lebensunterhalt als Auftragskillerin bestreitet. Gleich auf den ersten Seiten erlebt man mit, wie Gin eine Therapeutin in einer geschlossenen Anstalt tötet, und wenig später bekommt sie von ihrem „Handler“ (für dieses Wort finde ich einfach keinen passenden deutschen Begriff – weiß jemand, wie Fletchers Position in der deutschen Ausgabe übersetzt wurde?) schon das nächsten Angebot unterbreitet. Er ist es auch, der sie dazu überredet, diesen Auftrag anzunehmen, denn mit der überraschend hohen Entlohnung könnte sie sich aus dem Geschäft zurückziehen. Doch als sie ihr Ziel, einen betrügerischen Angestellten, schon im Visier hat, wird ihr schmerzlich bewusst, dass sie von ihren unbekannten Auftraggebern hereingelegt wurde. Kurz darauf muss sie sich nicht nur gegen dessen Handlanger verteidigen, sondern wird auch von der Polizei gesucht.
In ihrer Rezension schrieb Melli „Man möchte meinen, dass man für einen Mörder keine Sympathie aufbringen kann, aber Gin kann man nur mögen! Da gibt es keinen Weg dran vorbei.“ – und in gewisser Weise hat sie recht. Gin ist eine Mörderin und Gin ist sympathisch. Doch dabei ist mir Jennifer Estep fast schon einen Schritt zu weit gegangen. Während mir nämlich das ganze Buch hindurch Gin immer wieder versicherte, wie hart und skrupellos sie sei, wie wenig Probleme sie damit hat, wenn sie gezielt einen Menschen tötet, wie wenig es sie interessiert, aus welchen Gründen so ein Auftrag vergeben wird, so wurde mir das doch lediglich erzählt, aber ich habe es nicht selbst erlebt.
Stattdessen lernte ich eine Frau kennen, die gerne liest und kocht, die ein familiäres Verhältnis zu ihrem „Handler“ und seinem Sohn hat, die einen recht übersichtlichen, aber guten Freundeskreis pflegt und die zwar als Auftragsmörderin tätig ist, aber schon bei der Auftragsannahme die Jobs verweigert, bei denen sie Kinder oder Tiere töten müsste. Die Morde, von denen man mehr mitbekommt, geschahen an Menschen, die entweder hilfsbedürftige Schutzbefohlene missbraucht, kleine Kinder vergewaltigt oder ihre Familie regelmäßig krankenhausreif geschlagen haben – und zum Teil lief das sogar pro bono, was keine besonders professionelle Einstellung für einen Auftragskiller ist. Möglicherweise tötet Gin wirklich erbarmungslos, doch (auch wenn sich die Leichen im Laufe der Handlung häufen) die Autorin hat es nicht geschafft, diese Erbarmungslosigkeit zu transportieren vor lauter Bemühungen, Gin liebenswert erscheinen zu lassen.
Weitere Unstimmigkeiten, die mir aufgefallen sind, sind nur Kleinigkeiten, aber unerwähnt lassen möchte ich sie doch nicht. So ist Gin in ihrem Job dringend darauf angewiesen, fit zu bleiben, aber während genügend Zeit bleibt, um diverse Mahlzeiten zu beschreiben (ich gestehe, ich war einmal kurz davor, mit Sandwichbelägen zu experimentieren, so appetitlich fand ich diese Passagen), wird nicht einmal angedeutet, dass die Frau so etwas wie Fitness- oder Dehnübungen macht. Sie wird verletzt (und magisch geheilt), aber es besteht keine Notwendigkeit, sich um ihren Körper zu kümmern? Dabei hätte Jennifer Estep mich da ganz einfach mit ein oder zwei Sätzen über Kniebeugen oder ähnlichem zwischen den Beschreibungen vom Anziehen und Frühstück zufriedenstellen können. Eine kleine Nebenbemerkung zu dem Thema, und ich hätte es innerlich abhaken können.
Auch bei Detectiv Donovan Cain war ich nicht immer ganz glücklich mit der Charakterisierung. Er ist einer von den Guten, ein Polizist, der seinem Job aus Überzeugung nachgeht, der die Bösen bestrafen und die Unschuldigen schützen möchte. Er kommt aus einer Polizistenfamilie und ist in den Beruf hineingewachsen. Loyal, aufrichtig und zielstrebig (und gutaussehend) – so weit ist alles gut, aber mir war er (vor allem zu Beginn) zu einseitig dargestellt und seine Naivität bezüglich der Polizei war mir auch etwas zu viel. Entweder geht er davon aus, dass alle Polizisten grundsätzlich gut sind, oder er lässt sich innerhalb eines kleinen Gespräches davon überzeugen, dass es einen Maulwurf im Revier gibt – aber beides gleichzeitig geht in meinen Augen nicht. Vielleicht bin ich da aber auch einfach zu sehr von den alten amerikanischen Kriminalromanen geprägt, in denen den wenigen aufrechten Polizisten durchaus bewusst ist, dass ihre Kollegen zum Großteil korrupte Verbrecher sind, was sie aber umso mehr darin bestärkt, ihren Grundsätzen und der wahren Aufgabe eines Ordnungshüters treu zu bleiben. 😀
Wer nach diesen drei (*uff*) Absätzen nun den Eindruck hat, dass mir das Buch nicht gefallen hat, der täuscht sich zum Glück. Vielleicht habe ich in den letzten Jahren zu viel Urban Fantasy gelesen, aber neue oder gar überraschende Elemente habe ich in „Spider’s Bite“ kaum gefunden (da fand ich den ersten Teil der „Mythos Academy“ von Jennifer Estep erfrischender und auch emotional berührender). Der Roman bietet trotzdem eine spannende Urban-Fantasy-Welt mit einer schön ausgearbeiteten Elementar-Magie, deren Gesetzmäßigkeiten hoffentlich in den folgenden Bänden noch detaillierter erklärt werden. Dazu kommen sympathische Charaktere, eine angenehme Schreibweise und eine unterhaltsame Handlung. Wenn ich mir so die UF-Reihen durch den Kopf gehen lassen, die ich gern lese, dann gehört „Spider’s Bite“ bislang zwar nicht zu den großen Höhepunkten, ist aber solide und fesselnd genug konzipiert, dass ich die Serie wohl weiter verfolgen werde.
Huhu jahreszeitliche Katze! Just heute habe ich Band zwei auf Englisch ausgelesen.Dort erfährt man mehr von der speziellen Magie. Mir hat er gefallen!
Grüßchen von Aly mit den 3 satten Katzen
*kicher* Ach, wenn es doch richtig Winter wäre!
Wenn ich nicht so viele ungelesene englische Bücher hätte (und noch so viele Titel auf der Wunschliste), dann hätte ich den zweiten Band vermutlich nach dem Auslesen gleich bestellt. Denn unterhaltsam und angenehm fand ich das Buch – schön, dass es in der Fortsetzung mehr über die Magie zu erfahren gibt! 🙂
*g* Danke für die Vorwarnung – man hätte sonst echt meinen mögen, dass es dir nicht so gut gefallen hat 😉 aber ich freue mich, dass es dir doch genug gefallen hat, dass du den Fortsetzungen noch ne Chance gibst!
Weil du am Anfang meinst, dass du nicht weißt in wie weit meine Begeisterung mit der Steigerung der Reihe zu tun hat oder nicht – ich bin da selbst überfragt. Ich habe damals natürlich noch nicht viele UF Reihen gelesen und war dann von der Protagonistin hin und weg und absolut begeistert. Leider habe ich danach nie einen Reread gemacht und es ist jetzt auch schon an die zwei Jahre her seid ich Band 5 gelesen habe. Ich muss zugeben, dass es durchaus sein kann, dass ich die Bücher heute vielleicht ein bisschen anders bewerten würde. Bei solchen Reihen, die mich einmal so begeistern konnten, habe ich ja auch Angst vor den Rereads. Und obwohl ich die Reihe jetzt wieder aufnehmen möchte, fürchte ich mich davor auch – ist sie noch so gut wie damals? Mag ich die Protagonisten noch so? Hat sich etwas geändert? Und wenn sich etwas negativ verändert hat, wirkt sich das dann auf mein positives Bild aus?
Ich habe diesen Unterschied in Gins Persönlichkeit eigentlich auf den Tod ihres Handlers zurück geführt und dass sie ja vorher schon überlegt hat diesen Job dann aufzugeben. Anscheinend hat es mich dadurch nicht so gestört, wenn sich die Beschreibung mit dem was man zu sehen bekommt nicht ganz deckt. Dabei kann ich deine Kritik da absolut nachvollziehen. Diese Differenzen haben mich bei anderen Büchern schon oft gestört, weil man mit dem Protagonisten nicht so richtig warm wird.
Mit Cain bin ich auch lange nicht richtig warm geworden, daran kann ich mich noch gut erinnern. Es gibt dann da später eine Entwicklung, die für mich gut gepasst hat, weil die beiden doch eine sehr merkwürdige Beziehung miteinander haben und ich das für 'meine' Heldin nicht gut genug fand, aber wahrscheinlich werden sich daran dann die Geister scheiden.
Huch, das ist ja jetzt auch eeeetwas länger geworden.
@Melanie: *g* Das Schlimme ist, dass ich gar nicht mal genau den Finger drauf legen kann, warum ich es mochte. Es ist nett, es ist unterhaltsam und ganz am Ende (bei der Beerdigung) war ich sogar gerührt, aber ich fand nichts, was ich jetzt groß positiv herausheben konnte. Auf der anderen Seite gab es eben diese Kleinigkeiten, die so detailliert erklärt eben schlimmer aussehen als sie sind, die mich gestört haben. 😉
Ich weiß auch nicht, ob mir dieser Auftaktband nicht besser gefallen hätte, wenn ich nicht schon so viele UF-Serien gelesen hätte (und mir ist heute erst wieder aufgefallen, seit wie vielen Jahren ich das mache :D). Auf jeden Fall wird es spannend, wenn du die Reihe weiterliest und aktuelle Eindrücke dazu äußern kannst. Ich drücke die Daumen, dass sie dich immer noch so begeistern kann!
Bei Gin kann ich die Unsicherheiten und die aufflackernden Erinnerungen an ihre Kindheit auch auf Fletchers Tod schieben. Aber das erklärt nicht, dass sie früher schon pro bono Aufträge ausgeführt hat oder bestimmte Aspekte bei der Auftragsannahme berücksichtigt, weil sie bestimmte Morde eben nicht ausführen will. Warm geworden bin ich übrigens trotzdem mit ihr – ich kann der Autorin solche Fehler verzeihen und im Zweifelsfall auf Gins Selbstwahrnehmung schieben. Sie sieht sich einfach gern härter, als sie ist. 😉 Aber das mit der Fitness hat mich wirklich irritiert … *g* Manchmal sind es eben die Belanglosigkeiten!
Bei Cain mag ich eigentlich die "guter Cop"-Basis und ich kann auch den Zwiespalt zwischen "sie gehört zu den Bösen" und "ich finde sie anziehend und entdecke sympathische Seiten an ihr" verstehen. Nur dass er seine Erkenntnisse ignoriert und stur auf seiner Ausgangsposition verharrt, macht mich kirre. 😀
Eeeeendlich kommt hier die Antwort 😉
Ich wünschte ich wäre mir sicher, dass mir die Reihe auch nach vielen UF Erfahrungen noch so gut gefallen hätte, aber das ist jetzt halt schwierig zu sagen. Und auch bei einem Reread nimmt man bestimmte Dinge anders wahr. Ich habe auch lange überlegt, ob meine Wertung davon beeinflusst war, weil ich ja weiß wie es noch weiter geht und was in Gins Vergangenheit geschah, was mit ihr passieren wird und wie sich das auflöst. Aber meine Rezi habe ich ja geschrieben, als ich noch keine weitere Bände kannte. Aber im Nachhinein versteht man dann schon warum sie z.B. schon vorher Aufträge pro bono übernommen hat.
Auf jeden Fall habe ich beschlossen die nächsten Bände getrennt zu sehen von den ersten fünf Bänden und dem abgeschlossenen Handlungsstrang dort. Ich möchte die Bücher einfach genießen können ohne mir die Erinnerungen an die ersten Bände zu nehmen oder abzuschwächen.
Das mit der Fitness ist mir übrigens gar nicht aufgefallen *g* dabei wäre das heute auch so ein Punkt, der mich sicher stören würde. Genauso wenn die Charaktere nie was essen oder trinken oder schlafen müssen etc.
Bei Cain warte einfach mal noch ab und lass dich überraschen 😉
@Melli: Tststs, soooo spät erst. ;D
Im Nachhinein kann man das ja nie abschätzen, aber in der Regel gibt es ja doch ein paar Elemente, die die Reihe besonders machen – auch im Vergleich mit anderen. 😉 Ich finde es angesichts ihrer Vergangenheit auch okay, dass sie pro bono arbeitet, aber damit widerspricht sie halt der Darstellung von der superharten, skrupellosen Killerin. Sie hat in manchen Bereichen Skrupel und sie hat ihre weichen Stellen – was sie ja auch sympathisch macht. 😉
Ich glaube, dass mir das mit der Fitness nur aufgefallen ist, weil ich gerade so viel Kelly Meding gelesen habe. Da merkt die Hauptfigur im Laufe der Romane immer an, wie weit ihre Kondition darunter leidet, dass sie in einem anderen Körper steckt und dass sie seitdem nicht mehr richtig trainieren konnte, weil die Ereignisse sich so überschlagen. 😀
*möp* Ich habe doch gerade mein Taschengeld für die weiteren Mythos-Academy-Bände ausgegeben und kann frühestens im Februar weiterlesen! Da sind solche Bemerkungen ganz fies! ;D
Ich glaube sowieso, dass mich an einem bestimmten Zeitpunkt in der Reihe ganz viele schlagen werden wollen, weil ich die Reihe so toll finde *sich schon mal ein versteck sucht* aber mehr sag ich jetzt nicht dazu!!! Mein Ziel habe ich ja schon erreicht und die Neugierde geweckt und ein bisschen verstärkt 😉
Stimmt ja – das fand ich bei Meding richtig interessant, wie sich die Protagonistin in einem anderen Körper zurecht finden muss und wie er sie in ihren Handlungen einschränkt. Mh, sollte ich vielleicht doch früher wieder ins Auge fassen als gedacht… nein, sag jetzt nichts dazu!!! 😉
Oo Du machst mir Angst! Immerhin kann ich dich aber beruhigen, ich schlage niemanden wegen schlechter Buchempfehlungen. ;D
Das ist mit ein Punkt, den ich wirklich an der Serie mag. Dazu kommt noch ihre sich ändernde Gesinnung. Anfangs hat sie ja einfach getötet, worauf sie angesetzt wurde, denn die übernatürlichen Wesen mussten selbstverständlich alle böse sein – das wurde ihr ja auch immer wieder während ihrer Ausbildung demonstriert. Und dann entwickelt sie eigene Ansichten, befreundet sich vorsichtig mit ihren "Gegnern", muss lernen, dass manche Loyalität vielleicht fremdartig, aber durchaus vorhanden ist – und verändert sich durch diese Kontakte und Freundschaften immer weiter. Vielleicht läuft die gesamte Entwicklung auf die vier Bände, die ich bislang kenne, etwas zu schnell, aber mir gefallen die Details, die die Autorin einbaut. (Band 5 muss noch etwas warten, weil ein weiterer Teil wohl nicht so schnell kommt, wenn überhaupt …)