Jacqueline West: Olive und das Haus der Schatten

„Olive und das Haus der Schatten“ von Jacqueline West war eine Leihgabe von Natira, und da ich vorher noch nie von dem Buch gehört hatte, konnte ich angenehm erwartungsfrei an das Lesen herangehen. Umso schöner fand ich es, als ich mich dann beim Lesen immer wieder dabei ertappte, dass der Roman Erinnerungen an von mir halb vergessene britische Kinderbücher weckte.

Die Handlung von „Olive und das Haus der Schatten“ ist recht schnell erzählt. Olive zieht mit ihren Eltern, die beide sehr auf Mathematik versessen sind und nicht nachvollziehen können, dass ihre Tochter in diesem Bereich so wenig Begabung zeigt, in ein altes Haus. Während Olive das Haus von Anfang an unheimlich ist, finden ihre Eltern es toll, dass sie in der vollgestopften Bibliothek so schön arbeiten können und in der Küche immer wieder über Gegenstände stolpern, deren Nutzen ihnen fremd ist. Olive hingegen gruselt sich besonders vor den Bildern, die an allen Wänden fest angebracht sind und die eine unheimliche Atmosphäre ausstrahlen. Doch noch schlimmer ist es, dass sie immer wieder das Gefühl hat, dass sich in den Schatten der Bilder etwas bewegt oder sie von den dargestellten Figuren beobachtet wird. Irgendwann bekommt Olive die Möglichkeit, mehr über die Bilder und die Vorbesitzer des Hauses zu erfahren, und versucht, das Geheimnis hinter all den seltsamen Vorfällen zu entschlüsseln.

Mir hat die Geschichte einen wunderbaren Nachmittag beschert. Jacqueline West hat mit Olive einen liebenswerten Charakter geschaffen, der – trotz der ungewöhnlichen Eltern – ein angenehm realistisches „Kindsein“ vermittelt. Das Mädchen ist mal neugierig, mal trotzig, genießt einen Eltern-freien Abend mit einer großen Portion Eis oder beruhigt die nächtlichen Ängste mit dem altgedienten Teddybären. Nach und nach lernt Olive die drei Katzen kennen, die seit langer Zeit als Wächter des Hauses fungieren. Und obwohl ich sprechende Katzen sonst nicht so mag, passten die drei sehr ungewöhnlichen Tiere doch ganz wunderbar in diese teils gruselige, teils amüsante Geschichte.

Doch vor allem hat mich die Atmosphäre in „Olive und das Haus der Schatten“ gepackt. Da Olives Eltern nach ihrem Einzug nichts verändert haben, findet sich der Leser in einem altmodischen und etwas angestaubten Haus wieder, voller Spuren der früheren Bewohner. Ich konnte mir die gut gefüllte Bibliothek ebenso plastisch vorstellen wie die altmodischen Schlafzimmer inklusive der Kommoden voller Handschuhe, Schmuckstücke und sonstiger Überbleibsel der ehemaligen Besitzer. Die Vorstellung von sich bewegenden Bildern (und zwar nicht in der netten „Harry Potter“-Variante), Dingen, die in Schatten lauern, und die düstere Vergangenheit des Gebäudes war wunderbar gruselig.

Auf der anderen Seite konnte man aber auch immer wieder merken, dass Olive sich an diverse ungewöhnliche Elemente so langsam gewöhnte und irgendwann anfing, das Haus als ihr Zuhause zu sehen. Und je mehr das Haus zu ihrem wurde, desto mehr war sie auch bereit, gegen die unheimlichen Elemente anzugehen. Die Handlung verläuft recht gradlinig, und während man einige Sachen schnell vorhersehen konnte, lässt die Autorin auch genügend Informationen im Dunklen, um die Spannung aufrecht zu halten und die eine oder andere Überraschung parat zu haben. Ich kann nicht so recht fassen, was genau mich an diesem Roman an die britischen Kinderbücher erinnert, die ich früher so geliebt habe, aber trotz der wunderbar unheimlichen Atmosphäre war das Lesen wie ein „nach Hause kommen“ – das war toll.

19 Kommentare

  1. Wie schön, dass Dir das Buch ebenso gut gefallen hat wie mir. 🙂 Im Nachhinein verzeihst Du mir also hoffentlich, dass ich das Buch einfach im November mitgebracht habe… *g*

  2. Hm, ob ich dir das verzeihe … muss ich noch überlegen. 😀 Aber das Lesen hat schon mal Spaß gemacht (und wusstest du, dass es schon eine deutsche und anscheinend insgesamt drei englische Fortsetzungen gibt). 😉

  3. Von der deutschen Fortsetzung wusste ich; ich werde sie auf Dauer wohl auch kaufen (bei Arvelle gibt es sie derzeit nur in der TB-Version gebraucht). 😉 Von den englischen wusste ich nichts…

  4. Hach, das klingt aber gut… und wieder ist die Wunschliste gewachsen 😉 Allerdings gleich mit den 4 englischen Büchern – sieht nicht so aus, als ob da auf Deutsch noch mehr kommt, oder?

  5. @Kiya: Ich habe zumindest bei einer groben Recherche keine Ankündigungen gefunden. Bei den englischen Ausgaben bist du gewiss auf der sichereren Seite.

    *winkt freundlich Kiyas Wunschliste zu* 😀

  6. Ich habe jetzt in Hinblick auf den Abbau-Plan die SuB-freundliche Variante gewählt und beide deutschen Bände in der Bibliothek aufgetan 😉 Die ersten 4 Kapitel sind bereits gelesen (geht ja schnell), und ich mag's 🙂

  7. @Kiya: Das ist ja irgendwie … zu einfach! 😀 Aber schön, dass du es schon mal magst! Die anderen Teile kannst du dir ja später immer noch auf Englisch zulegen. *kicher*

  8. Pah, zu einfach… Ich bin sehr stolz auf mich 😉 Allerdings: wenn es mir gut gefällt, steigen die Chancen, daß ich die Reihe hinterher selbst besitzen möchte. Aber das kann man ja abwarten.

  9. *g* Ich finde das Abwarten auch immer einfacher, wenn die erste Neugier gestillt ist. Oh, und ich bin gespannt, wie dir dann der zweite Teil gefällt!

  10. Das erste Buch hat sich wirklich sehr fix weggelesen, und Band 2 habe ich heute ein bißchen begonnen. Der Anfang ist wieder sehr schön, und es gibt einen Nachbarsjungen (ganz real und ungemalt). Falls es sich jemand von euch zulegen will: Arvelle und Jokers listen das Buch (und auch Teil 1) als Mängelexemplar für 5,95 € 🙂

  11. Die englischen Exemplare gibt es aber für 5,10 Euro … 😉

    Schön, dass dir das erste Buch gefallen hat und du dich schon durch Band 2 frisst. Ich bin gespannt wie er dir gefällt – ein guter Anfang klingt schon mal schön! 🙂

  12. Ah, ich dachte bei Arvelle gäbe den 2. Band nur als TB-Ausgabe, aber es ist offenbar doch die gebundene aus dem TB-Verlag.
    Seufz, ich habe wohl diesen Monat noch nicht genug Geld für Bücher ausgegeben … 😉

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