Über dieses Buch bin ich gestolpert, als Ulrike Rudolph von den Seitenspinnerinnen es auf ihrem Blog erwähnte. Sie meinte, dass sie bei der Geschichte hätte weinen müssen, obwohl es „‚eigentlich‘ sehr leicht geschrieben und überwiegend tiefsinnig lustig ist“. Diese Aussage sowie die Tatsache, dass der Roman zum Großteil auf Cape Cod spielt (manche Schauplätze üben einfach eine vorhersehbaren Zauber auf mich aus), hat mich dazu veranlasst, den Titel in der Bibliothek vorzumerken.
Als das Buch dann bei mir ankam, habe ich schnell reingelesen und der Anfang gefiel mir. Trotzdem blieb der Roman fast drei Monate liegen – und wenn ich ihn nicht morgen zur Bibliothek bringen müsste, dann würde er vermutlich immer noch im Regal ruhen und darauf warten, dass ich ihn zum unzähligen Mal erneut in die Hand nehme. Dabei gefällt mir Richard Russos Erzählweise: Es gelingt ihm, dass ich gemeinsam mit Griffin den Weg nach Cape Cod nehme und Szenen seiner Kindheit und seiner Ehe durchlebe.
Griffin fährt in diesem Roman zweimal nach Cape Cod und beide Male zu einer Hochzeit. Die erste Reise löst bei ihm mit Mitte Fünfzig die Erkenntnis aus, dass seine Eltern einen wesentlich größeren Einfluss auf sein Leben hatten, als ihm bislang bewusst war. Außerdem hat sein Verhältnis zu seinen Eltern dafür gesorgt, dass es auch in seiner eigenen Ehe zu einer Entwicklung gekommen war, die weder ihn noch seine Frau Joy besonders glücklich macht. Für mich als Leser war das Buch anfangs recht deprimierend, obwohl es wirklich leicht geschrieben und amüsant ist.
Erst nach der Hälfte der Geschichte, als Griffin sich ein Jahr später auf den Weg zur zweiten Hochzeit macht und man die Entwicklung spürt, die er (und sein Umfeld) in den letzten Monaten durchgemacht haben, fühlte sich dieser Roman für mich „gut“ an. Ab diesem Zeitpunkt wirkt es, als ob sich Griffin so langsam mit seinen (inzwischen verstorbenen) Eltern anfreunden und sie gerade deshalb in gewisser Weise loslassen könnte. Er – und damit auch ich als Leser – ist am Ende der Geschichte deutlich zufriedener und scheint auf dem richtigen Weg zu sein.
Und obwohl die beiden Romane eigentlich so gut wie keine Gemeinsamkeiten haben, hat mich „Diese alte Sehnsucht“ beim Lesen immer wieder an „Wonder Boys“ von Michael Chabon erinnert – vielleicht, weil sich die beiden Hauptfiguren dieser Bücher so sehr verrannt haben und in ihrem Leben an einem Punkt angelangt sind, bei dem auf der Hand liegt, dass etwas nicht stimmt, aber keiner von beiden in der Lage ist, sich aus seiner aussichtslosen Situation zu befreien. Beide verharren lange Zeit in ihrer – wenn auch sehr unterschiedlichen – Art der Selbstzerstörung, und es bedarf erst einschneidender Impulse von außen, damit die beiden Herren ihre Scheuklappen abnehmen und sich aktiv darum bemühen, ihr Leben glücklicher zu gestalten.
Doch während ich „Wonder Boys“ als außenstehende Betrachterin genossen habe (und ausnahmsweise mal zugeben muss, dass mir die Verfilmung besser gefällt als der Roman), hat mich „Diese alte Sehnsucht“ immer wieder an meine eigene Familie und an so manche Eigenart meiner Eltern denken lassen. So lässt mich die Geschichte etwas zwiegespalten und „aus dem Lot“ zurück, auch wenn ich die Geschehnisse rund um die zweite Hochzeit (und den vorhergehenden Probetermin mit all seinen Katastrophen *g*) genossen habe. Es passiert selten, dass ich mir einen Roman gut als Verfilmung vorstellen könnte, aber hier ist das der Fall. Und ich glaube, dass ich mich von einem Film weniger persönlich berührt fühlen würde als von dem Roman und stattdessen die Figuren, die verschiedenen Szenen und die liebevollen kleinen Details besser würdigen könnte.
Hi,
hab gerade über Bücherwurms Buchblog Deinen Blog entdeckt und bin gleich mal Leserin geworden. Ist total schön hier 🙂
Vielleicht magst Du ja auch mal bei mir vorbeischaun: http://www.suechtignachbuechern.blogspot.de Würd mich wirklich total freuen!
LG
Monika
@Monika: Schön, dass dir mein Blog gefällt – so etwas hört ja jeder Blogbetreiber gerne. 🙂
Und was den Gegenbesuch angeht: Sobald ein neuer Kommentator auf meinem Blog auftaucht, gucke ich, ob der Name mit einem Link hinterlegt ist, verfolge diesen (solange es kein kommerzieller Kommentator ist) und packe den Blog in den Feed-Reader zu den "Blogs zum Antesten". 😉 Du musst also nicht direkt per Link auf deinen Blog hinweisen, das wird von manchen Bloggern als etwas aufdringlich empfunden. 😉