Leseeindrücke im Mai

„Eleanor und Park“ von Rainbow Rowell ist eines dieser Bücher, von denen anscheinend alle begeistert sind – was mich dann wieder abschreckt. Am Ende hat mich Tines Rezension dazu gebracht, den Roman in der Bibliothek vorzumerken und zu lesen. Und nun habe ich ein Problem, weil es mir schwer fällt meine Meinung zu der Geschichte in Worte zu fassen. Anfangs fand ich es sehr niedlich Eleanor und Park kennenzulernen und zu sehen, wie sich die beiden in kleinen Schritten näher kommen. Sie erfährt am ersten Tag im Schulbus nur Ablehnung, er hingegen ist zu höflich, um sie genauso fies zu behandeln wie die anderen Schüler es tun, und so landet sie auf dem Sitz neben ihm. Erst liest sie seine Comics mit, dann fangen sie irgendwann an sich über das Gelesene zu unterhalten, sich über Musik auszutauschen, sie werden Freunde und aus dieser Freundschaft wird Verliebtsein. Das war sehr hübsch zu lesen, auch weil es nicht zu harmonisch und rosarot beschrieben wurde, sondern es gibt immer wieder sehr realistische Momente, wenn es zum Beispiel Park bei all seiner Verliebtheit unangenehm ist, dass seine Freunde sehen könnten, dass er gerade mit Eleanor Händchen im Bus hält.

Dann kam der Moment, an dem mir auffiel, dass ich aus irgendeinem Grund beim Anlesen des Buches eine Seite überblättert hatte. Eine Seite, auf der man eine Passage lesen kann, die eigentlich relativ am Ende des Buches steht. Von diesem Moment an konnte ich die Geschichte nicht mehr genießen, weil ich nicht mehr unvoreingenommen war. Ich wartete die ganze Zeit darauf, dass was dramatisches zwischen Eleanor und Park passiert, obwohl das so wie ich es erwartet hatte am Ende gar nicht kam. Dass meine Erwartungen da nicht erfüllt wurden, macht mich sehr dankbar, aber ich ärgere mich sehr darüber, dass diese Passage aus dem Zusammenhang gerissen, mir so ein schlechtes Gefühl beim Lesen verursacht hat. Mit den eigentlichen Ereignissen am Schluss kam ich gut zurecht, es war eine stimmige Entwicklung und ein gutes Ende für den Roman. Nur kann ich aufgrund meiner eigenen Erwartungen beim Lesen die Geschichte selbst im Rückblick nicht wirklich beurteilen … Ich würde deshalb wirklich empfehlen mit dem Lesen erst auf Seite 9 anzufangen und die Geschichte unvoreingenommen zu genießen. 😉

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Ich müsste nachschauen, um zu wissen wie viele „Leseeindrücke“ ich schon zu Benny-Griessel-Romanen verfasst habe, aber mehr als fünf können es nicht sein, da die Reihe bislang nicht mehr Bände hat. 😉 Beim Lesen von „Icarus“ kam es mir so vor, als ob ich schon viel länger ein Teil von Benny Griessels Leben wäre, weil mir inzwischen all die Polizisten, mit denen er zusammenarbeitet, so vertraut sind. Da Benny in dieser Geschichte eine kleinere Rolle als sonst spielt, war es auch gut, dass ich mich so wohl mit seinen Kollegen fühle. Während diese – was vor allem aus Cupidos Sicht geschildert wird – intensiv die Ermordung eines erfolgreichen Geschäftsmanns untersuchen, muss Benny damit fertig werden, dass ein guter Kollege sich und seine Familie erschossen hat. Für Benny bedeutet dies, dass er nach 602 Tagen zum ersten Mal wieder zur Flasche greift. Ich hatte schon einmal erwähnt, dass ich normalerweise ein Problem mit alkoholkranken Protagonisten habe (besonders dann, wenn sie Polizisten sind), aber bei einem Deon-Meyer-Roman kann ich sogar damit leben, wenn der Charakter nach erfolgreichem Entzug rückfällig wird.

So bekommt man auch in „Icarus“ drei Erzählebenen geboten und während man auf der einen Seite Cupido bei seinem ersten Fall, denn er alleine leitet, begleitet und zusehen muss, wie Benny Griessel sich von neuem mit seiner Sucht auseinandersetzen muss, erfährt man gleichzeitig die Geschichte eines Winzers und seiner Familie, die dieser seiner Anwältin erzählt. Dabei gelingt es Deon Meyer geschickt dafür zu sorgen, dass alle drei Handlungsebenen auf ihre Weise spannend sind, während der Autor bestimmte  – schon fast erwartbare – Wendungen meidet und so immer wieder überraschende Enthüllungen für die Ermittler und den Leser bereit hält. Und auch wenn dieses Mal die politische Situation in Kapstadt so gut wie kein Thema ist, gibt es doch wieder interessante Aspekte über Südafrika, die einem einen weiteren Einblick in das Land und seine Gesellschaft bieten. Ich mag diese Reihe wirklich sehr gern und hoffe sehr, dass der Autor noch einige Romane um Benny Griessel und seine Kollegen schreibt.

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„Solange wir lügen“ von E. Lockhart ist wie „Eleanor und Park“ eines dieser Jugendbücher, um die man auf Blogs einfach nicht herum kommt und die mich gerade deshalb eigentlich nicht reizen. Aber Neyashas Rezension zu dem Buch hat mich dann doch neugierig gemacht und ich kann ihr nach dem Lesen des Romans vollkommen zustimmen. Die Geschichte rund um Cadence und ihre WASP-Familie, die jeden Sommer auf einer eigenen kleinen Insel vor Marthas Vineyard verbringt, hat mich überraschend gut unterhalten. Cadence hat seit einem Unfall vor zwei Jahren kaum noch Erinnerungen an den damaligen Sommer und nur wenig Kontakt zur Familie bis sie in diesem Jahr wieder auf die Insel zurückkehrt und versucht mehr darüber herauszufinden, was damals passiert ist. Die Erzählweise fand ich gewöhnungsbedürftig, die Sommer- und Familienszenen sehr atmosphärisch und die Auflösung des Ganzen wirklich überraschend! 🙂

10 Kommentare

  1. Ich denke gerade darüber nach, ob sich Dein einer Tweet zu den toten Fischen auf eines der im Post genannten Bücher bezieht. Ist dem so?

  2. Die toten Fische bezogen sich auf "Stumme Hechte" – das erwähne ich dann in der Juni-Variante meiner Leseeindrücke. 😉 Ich glaube, der Juni wird für mich ein bisschen ein Autorentestmonat.

  3. "Ich glaube, der Juni wird für mich ein bisschen ein Autorentestmonat."
    Was ja nicht schlecht ist. 🙂

  4. Mir gehts auch so mit "Eleanor und Park" – ich fühl mich abgeschreckt von all der Begeisterung. Aber vielleicht probier ich es doch mal damit. Meine Nichte hat sich das ja voriges Jahr in London gekauft, also könnte ich einfach mal reinlesen (ab Seite 9). 😉

    Hast du dich denn dann an die Erzählweise in "We Were Liars" gewöhnt? Ich hätte am Anfang gedacht, dass mich der Stil nerven würde, aber dann hat mir die Erzählweise richtig gut gefallen.

  5. @Neyasha: Wenn deine Nichte es dir leihen kann, dann würde ich das Buch wirklich lesen. Es fängt langsam an und steigert sich dann. Und ja, ab Seite 9 (vorausgesetzt, dass die englische Ausgabe auch so aufgebaut ist)! 🙂

    Stellenweise fand ich manche Vergleiche auch später im Buch noch ein bisschen seltsam, aber nicht so sehr, dass es mich vom Lesen abgehalten hätte. Den Aufbau der Geschichte und die Auflösung waren packend genug, dass ich den Roman wirklich fesselnd fand. Wobei ich ja auch die deutsche Ausgabe gelesen habe und nicht weiß, ob manche Sätze im Englischen nicht runder geklungen hätten. Dummerweise hat die Bibliothek gerade bei den Jugendbüchern nicht so viele englische Titel im Angebot.

  6. BücherFähe

    Sollte ich jemals Interesse haben, "Eleanor und Park" zu lesen, fange ich definitiv auf Seite 9 an. 😀 Aber, wie wir wissen, Jugendbücher und ich haben es nicht so. Ich finde deine Meinung dazu aber spannend, weil ich das Gefühl habe, sie wirft nochmal einen anderen Blickwinkel drauf, der mir verrät, ob den vielen positiven Bewertungen zu trauen ist oder nicht. 😀

  7. @BücherFähe: Das ist ein sehr guter Vorsatz! 😀 Ich mag Jugendbücher eigentlich, aber ich bin schon relativ kritisch, wenn ich eins lese. Vielleicht auch deshalb, weil viele "neue" Ideen mich an Romane erinnern, die schon in den Siebzigern und Achtzigern veröffentlicht wurden und die die heutige Zielgruppe halt nicht mehr kennt.

  8. BücherFähe

    So viele Bücher zu kennen, kann Vorteil und Nachteil gleichzeitig sein. ;D Einerseits hat man einfach schon eine Menge gelesen und kennt viele tolle Geschichten, andererseits kommt man um das Vergleichen nicht drumherum.
    Ich muss sagen, dass mag ich an Klassikern: die sind ja untereinander ziemlich verschieden. 😉

  9. @BücherFähe: Definitiv!

    Wobei ich das Gefühl habe, dass einige klassische Autoren schon bestimmte Themen/Charaktere hatte, die immer wieder vorkamen. Aber das stört ja nicht, wenn man nicht gerade das Gesamtwerk des betreffenden Autors hintereinander liest.

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