Auch „Southern Bound“ von Stuart Jaffe ist eine Neuentdeckung, die ich dem Modern-Magic-Bundle zu verdanken habe. Während der vorhergehende Roman („Touch a Dark Wolf“ von Jennifer St. Giles) mich nicht ganz so begeistern konnte, hat mir diese Geschichte sehr viel Spaß bereitet. Die Handlung wird erzählt aus der Perspektive von Max Porter, der gerade erst mit seiner Frau nach Winston-Salem in North Carolina gezogen ist, weil er dort einen Job bekommen hat. Beide stammen aus Michigan und hatten in den letzten Monaten große finanzielle Probleme, die vor allem dadurch entstanden, dass Max von der Universität, an der er lehrte, gekündigt wurde.
Max ist zwar etwas skeptisch in Bezug auf seinen neuen Job, aber die Tätigkeit ist gut bezahlt und er und seine Frau sind langsam verzweifelt. Sein Auftraggeber hat ihn für Recherchezwecke angestellt, was nicht weiter befremdlich wäre, wenn es nicht einige mit seiner Tätigkeit verbundene merkwürdige Bedingungen gäbe. So wird Max ein Büro in einem größeren Büro- und Wohnkomplex zur Verfügung gestellt – mit der Auflage, dass er kein Möbelstück verrücken und keinen Gegenstand entfernen oder an einen anderen Platz legen darf. Es ist ihm auch nicht erlaubt, einen Laptop mit in dieses Büro zu nehmen; stattdessen soll er sämtliche Online-Recherche in der Bibliothek der nahegelegenen Universität durchführen. Auch kennt er weder den Namen noch das Aussehen seines Auftraggebers, da dieser alle Anweisungen durch den unsympathischen Mr. Modesto geben lässt. Dieser ist es auch, der Max bei all seinen Arbeitsschritten beobachten lässt und ihn regelmäßig über seine Fortschritte aushorcht.
Das alles führt dazu, dass Max sich sicher ist, dass mit seinen eigentlich harmlosen Rechercheaufträgen irgendetwas Dubioses verbunden sein muss. Bestätigt wird er in seiner Meinung durch die Entdeckung, dass der Geist eines in den 40er-Jahren ermordeten Privatdetektivs in seinem Büro haust. Marshall Drummond wurde erschossen und sein Geist an sein Büro gebunden, nachdem er in einem Fall ermittelte, bei dem sieben deutsche Kriegsgefangene aus einer überwachten Umgebung entführt und später gefoltert und getötet wurden. Der Detektiv ist sich sicher, dass er nur deshalb ermordet wurde, damit er nicht tiefer in die Hintergründe rund um diese rätselhafte Entführung der Kriegsgefangenen eindringen konnte.
Obwohl Max seinen neuen Job am liebsten hinschmeißen würde und nicht wenig Angst um seine Frau (und sein eigenes Leben) hat, kann er doch nicht einfach weglaufen. Nicht nur deshalb, weil seine Finanzen das nicht zulassen, sondern auch, weil er der Meinung ist, dass es wichtig ist, die Wahrheit rund um all die seltsamen Vorfälle aufzudecken. Dabei muss er feststellen, dass Drummond nicht das einzige übernatürliche Element in Winston-Salem ist und dass es deutlich mehr unheimliche und bedrohliche Dinge in der Welt gibt, als er es sich vor kurzem noch hätte vorstellen können.
Ich mochte an „Southern Bound“ sehr, dass die Geschichte – trotz des modernen Settings, der übernatürlichen Elemente und der Tatsache, dass Max definitiv kein typischer Protagonist für dieses Genre ist – sich beim Lesen so nach hard boiled novel angefühlt hat. Schon nach wenigen Tagen in Winston-Salem ist Max sich sicher, dass er allein (na ja, mit Hilfe eines verstorbenen Detektivs) gegen eine korrupte Gesellschaft angehen muss, um sich und Sandra zu retten. Diese Mischung aus Hoffnungslosigkeit, Standhaftigkeit, skurrilen Charakteren und dem Hangeln von Hinweis zu Hinweis hat mir wirklich Spaß gemacht. Stuart Jaffe erzeugt eine wirklich tolle Atmosphäre und diese tolle „Detektivgeschichten“-Stimmung, ohne dass es sich anfühlt, als ob er es krampfhaft darauf angelegt hätte. Nur bei der Charakterisierung von Drummond gibt es hin und wieder Momente, die wie Anspielungen auf Sam Spade und andere Vertreter des Genres wirken, aber auch hier wirkte es stimmig und natürlich, weil der verstorbene Detektiv eben ein Zeitgenosse seiner berühmten literarischen Vorbilder war.
Oh, und nachdem ich so gern kritisiere, wenn die Frauen in den Romanen nur als hilflose und beschützenswerte Wesen dargestellt werden: Sandra löst zwar in Max auch einen gewissen Beschützerinstinkt aus, was dazu führt, dass er ihr ständig wichtige Dinge verschweigen will. Aber als er schließlich mit ihr über die ganze Angelegenheit redet und sie endlich ehrlich zueinander sind, beweist sie, dass sie ihm locker ebenbürtig ist. Er ist zwar immer noch derjenige, der die Prügel einsteckt, aber Sandra geht nicht weniger Risiken ein als ihr Mann und trägt entscheidend zur Lösung des Falls bei.