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Alice Hoffman: Im Hexenhaus

Hermia hatte während der „7 Days – 7 Books“-Aktion „Märzkinder“ von Alice Hoffman gelesen und mich mit dem, was sie zu dem Buch geschrieben hatte, auf die Autorin neugierig gemacht. In unserer Bibliothek habe ich in den letzten Wochen erst nur „Die Mädchen von nebenan“ ausleihen können, aber das hat mich spontan nicht so angesprochen. Am Wochenende aber habe ich dann mit „Im Hexenhaus“ anfangen können und den Roman gleich in einem Zug gelesen (und danach dann doch noch „Die Mädchen von nebenan“).

Der Anfang von „Im Hexenhaus“ wird jedem bekannt vorkommen, der den Film „Zauberhafte Schwestern“ mit Sandra Bullock und Nicole Kidman schon mal gesehen hat, denn der Roman war die Vorlage zu dem Film. Aber so viele Gemeinsamkeiten gibt es letztendlich zwischen der Verfilmung und dem Buch nicht, wenn man von der Grundidee und der Gestaltung der Charaktere absieht. Die Schwestern Sally und Gillian Owens wachsen bei ihren Tanten auf, nachdem ihre Eltern viel zu früh gestorben sind. Die Tanten sind im Ort als Hexen verschrien, was nicht nur an ihrem unheimlichen Haus liegt, sondern auch an den Dingen, die sie ihren Kundinnen verkaufen, wenn diese auf der Suche nach Liebestränken u. ä. an ihre Tür klopfen.

Der Ruf der Tanten führt dazu, dass Sally und Gillian keine Freunde finden und deshalb sehr aufeinander angewiesen sind. Dabei sind die Schwestern so unterschiedlich, wie zwei Menschen nur sein können. Während Sally sich nicht nur um ihre kleine Schwester, sondern auch um den Haushalt ihrer Tanten kümmert, nutzt Gillian ihre Teenagerzeit, um den Jungs, die sie als Kind immer geärgert haben, den Kopf zu verdrehen. So verwundert es auch niemanden, dass sich Gillian sehr früh aus dem Staub macht und sich die folgenden Jahre von einem Mann (und einem Kellnerinnenjob) zum nächsten treiben lässt.

Sally hingegen, die wild entschlossen war, sich niemals zu verlieben, heiratet mit Anfang zwanzig und bekommt zwei Kinder. Doch nach dem frühen Tod ihres Mannes verlässt auch sie die Tanten, um in einer anderen Stadt mit ihren Töchtern ein neues Leben anzufangen, ohne dass jemand sie oder ihre Kinder als unheilbringende Hexen beschimpft. Erst viele Jahre später sollen sich Sally und Gillian wiedersehen und einander wieder beistehen.

Ich muss gestehen, dass ich bei dem Roman immer wieder das Problem hatte, dass ich bestimmte Entwicklungen erwartet hatte und dann irritiert war, wenn sie nicht vorkamen. Dabei war die Geschichte toll zu lesen, in sich eigentlich viel stimmiger und „realistischer“ als die Filmhandlung und ganz wunderbar atmosphärisch. Alice Hoffman scheint – wenn ich das nach zwei Büchern beurteilen kann – immer wieder bestimmte Elemente aufzunehmen, und da das Elemente sind, die mir gut gefallen (das Verhältnis zur Familie, die Ernüchterung von Teenagern, wenn sie entdecken, dass das „Erwachsensein“ viel weniger lustig ist als erwartet, und ähnliches) werde ich auf jeden Fall noch mehr von der Autorin lesen.

Doch vor allem hat ihre Schreibweise dafür gesorgt, dass ich „Im Hexenhaus“ so gern gelesen habe. Sie erzählt von alltäglichen Familienauseinandersetzungen auf eine sehr liebevolle Weise, immer wieder musste ich schmunzeln oder war gerührt. Dann kombiniert sie kleine magische Elemente mit einer realen Geschichte. Ich würde weder „Im Hexenhaus“ noch „Die Mädchen von nebenan“ jemals als fantastische Romane bezeichnen, aber beide Geschichten beinhalten zauberhafte Momente – manchmal mit und manchmal ohne Magie.

So kann ein solcher Moment darin bestehen, dass ein Mädchen mitten in der Nacht von einer älteren Nachbarin bei einer Straftat beobachtet wird und beide sich in diesem Moment über den Duft der Rosen im Garten der Frau austauschen, statt dass die Polizei gerufen wird. Und bei den „richtigen“ magischen Szenen mischen sich kleine Aberglauben (Salz über die Schulter, ein Hof rund um den Mond als Zeichen für Unheil) mit besonderen Fähigkeiten. In der Geschichte ist das immer sehr stimmig umgesetzt und sorgt für eine ungewöhnliche Atmosphäre, mit der ich mich sehr wohlgefühlt habe.

Bei „Die Mädchen von nebenan“ gab es Wechsel von der 1. in die 3. Person bei der Erzählperspektive, die mir nicht ganz so gut gefallen haben, aber ansonsten hatte ich bei beiden Büchern eigentlich nichts anzumerken, was mich gestört hätte, und so bin ich mir sicher, dass ich demnächst noch mehr von Alice Hoffman lesen werde.