Schlagwort: Amerika

Michael Harvey: Preis der Schuld

Seit einiger Zeit bin ich recht erfolglos auf der Suche nach einem spannenden Krimi und auch dieser hat mich nach dem Lesen eher enttäuscht zurückgelassen. Die Geschichte dreht sich um den irischstämmigen Privatdetektiv Michael Kelly, der in Chicago in einer vor neun Jahren passierten Vergewaltigung ermittelt. Normalerweise würde er von so einem Fall die Finger lasse, doch er wurde dieses Mal von seinem alten Partner John Gibbons darum gebeten.

Der inzwischen pensionierte Polizist hatte, bevor er und Michael Partner wurden, bei einer Streifenfahrt eine junge Frau gefunden, die vergewaltigt und danach schwer verletzt auf der Straße zurückgelassen worden war. John gelang es sogar den Täter festzunehmen, doch kurze Zeit später war der schon wieder auf freiem Fuß und dem Beamten wurde von höherer Stelle klargemacht, dass er alles vergessen sollte, was in dieser Nacht geschehen war. Doch jetzt hat das damalige Opfer, Elaine Remington, John aufgesucht, weil sie endlich die Wahrheit über die Geschehnisse aus dieser Nacht wissen will.

Noch bevor Michael Kelly richtig aktiv werden kann, wird John ermordet – und der Privatdetektiv gerät natürlich in den Verdacht damit etwas zu tun zu haben. Unterstützt von der Journalistin Diane Lindsay und seiner alten Freundin Nicole, die inzwischen in einem Labor arbeitet und bereit ist für Michael alte Beweismittel auszuwerten, macht sich der Detektiv auf die Suche nach dem Täter.

Das alles klingt soweit ganz nett, aber richtig glücklich bin ich mit der Geschichte nicht geworden. Wenn meine Recherchen stimmen, dann wurde der Michael Harvey in Amerika schnell mit Raymond Chandler verglichen und ja, es gibt ein paar Dinge, die man auch in den Büchern von Chandler finden würde. Harveys Dialoge und ebenso einige Szenen erinnern sehr an die Marlowe-Krimis und ich fürchte, dass es seine Anspielung auf Chandlers Schulbildung sein soll, wenn der Autor seine Hauptfigur Texte auf Altgriechisch lesen lässt. Mir persönlich ist das dann doch etwas zuviel des Guten …

Außerdem sorgt der Gegensatz zwischen dem Erzählstil einer „hardboiled novel“ und den in dieser Geschichte angewandten modernen Ermittlungstechniken und Labormethoden für eine scheußliche Unstimmigkeit. Da gibt es den alten Mafioso, dem bewusst ist, dass er zu einer ausgestorbenen Art gehört, eine durch und durch korrupte Behörde, in der Akten verschwinden und Beweismaterial manipuliert wird, und lauter Leute, die Rache- und Mordpläne schmieden. Das alles könnte zu einem unterhaltsamen Krimi führen, wenn der Autor es nicht mit der Darstellung eines realistischen und moderne Polizeiapparates und diverser Labortechniken selber widerlegen würde.

Auch Michael Kelly finde ich nicht gerade glaubwürdig gestaltet. Während ich einer Chandler-Figur abnehme, dass sie klaglos aus dem Polizeidienst ausgetreten ist und aufgrund ihres Gerechtigkeitsempfindens bestimmte Entscheidungen trifft, kann ich Michael Harvey diese Charakterzüge an seinem Detektiv nicht abnehmen. Dazu kommt dann noch, dass die „überraschende Auflösung“ von mir schon sehr früh geahnt wurde und lange vor Schluss war mir schon klar, wie die Geschichte ausgehen würde.

Ich gebe zu, dass das ein Problem ist, das ich häufiger mit Krimis habe – vielleicht habe ich inzwischen davon einfach zu viele gelesen oder sie sind nicht mehr für Menschen konzipiert, die beim Lesen mitdenken. Aber wenn eine Geschichte in sich logisch ist und ich mich gut unterhalten gefühlt habe, dann kann ich normalerweise damit leben, dass ich den Täter schon vor der großen Enthüllung kenne. Hier hingegen hat es mich einfach nur ärgerlich gemacht. Immerhin muss ich dem Autor zugute halten, dass sich sein Schreibstil schnell und gut lesen lässt und ich das Buch nach wenigen Stunden durchgelesen hatte.

Karen Joy Fowler: Der Jane Austen Club

Fünf Frauen und ein Mann kommen sechs Monate lang regelmäßig zusammen, um über die Romane von Jane Austen zu diskutieren. Doch was dabei ans Licht kommt, sind weniger die verschiedenen Aspekte von „Stolz und Vorurteil“ als die Wünsche und Sehnsüchte der Teilnehmer selbst. Während der Jane Austen Club sich trifft, werden Ehen getestet, zarte Bande gesponnen und Tragödien gemeistert. Und die Liebe bahnt sich am Ende durch alle Wirrnisse ihren Weg …

Soweit der Klappentext – und auf meiner Ausgabe stehen noch Zitate aus diversen Medien: „Ein wahres Lesefest“ (Bookreporter), „Ein absoluter Genuss! Intelligente, bezaubernde, kluge Unterhaltung für jeden Leser – und ein ganz besonderes Fest für alle Fans von Jane Austen.“ (Kirkus Reviews), „Scharfsinnig und raffiniert – eine ernste, witzige und durch und durch entzückende Komödie.“ (Entertainment Weekley) und „Dieser Roman zeigt, wie uns manche Bücher mitten ins Herz treffen.“ (Independent)

Nach all diesen werbenden Meinungen zum Buch muss ich mich nach dem Lesen des Romans fragen, ob die die gleiche Geschichte gelesen hatten wie ich. Ich meine, das Buch ist nett! Aber ich habe dafür zwei Tage gebraucht, weil ich beim Lesen auf dem Sofa immer wieder eingeschlafen bin. Und das lag weniger daran, dass ich so müde war, sondern daran, dass mich „Der Jane Austen Club“ nicht so weit fesselte, dass ich dabei wach bleiben konnte!

Sechs sehr unterschiedliche Personen treffen sich einmal im Monat, um über die Bücher von Jane Austen zu reden. Diese regelmäßigen Treffen nutzt Karen Joy Fowler, um pro Monat einen ihrer Charaktere näher zu beleuchten und zu zeigen, wie sich alle sechs im Laufe der Zeit weiterentwickeln. Das war ja alles ganz nett, aber in keiner Weise bezaubernd, raffiniert oder gar wirklich witzig – nur nett, wirklich nicht mehr (und ich muss zugeben, dass mir wirklich kein passenderes Wort dafür einfällt 😉 )!

Keine der sechs Personen ist mir besonders sympathisch gewesen oder gar ans Herz gewachsen. Der Teil, der sich um diese Leute gedreht hat, kam mir vor wie oberflächlicher Kaffeeklatsch: Man bekommt ein paar Details aus dem Leben der Nachbarn erzählt, einige sind belanglos und bleiben trotzdem hängen, andere hätte man eigentlich nie wissen wollen und wieder andere lassen einen den Menschen kurz aus einer anderen Perspektive sehen. Das ist in Ordnung, aber nichts, was ich bewusst suche. 😉

Das beste an diesem Buch war für mich die Beschäftigung mit den Jane-Austen-Romanen. Das hat auch bei mir dazu geführt, dass ich mir wieder neue Gedanken zu den bekannten Geschichten und Charakteren gemacht habe. Wobei da anzumerken ist, dass man die Handlungen und Figuren noch gut im Kopf haben muss, um die verschiedenen Ereignisse und Namen auf den Punkt parat zu haben und mit allen Anspielungen etwas anfangen zu können. Obwohl ich in diesem Jahr einiges von Jane Austen gelesen (oder gehört) habe, musste ich stellenweise ganz schön nachdenken, welcher Charakter nun gemeint war und warum diese Personen solche Ansichten über diese Figur äußerten.

Letztendlich habe ich zwar nicht das Gefühl, dass „Der Jane Austen Club“ totale Zeitverschwendung war, doch ich hätte mein Wochenende lieber mit meiner Ausgabe von „Mansfield Park“ verbringen sollen. Das Buch habe ich nämlich das letzte Mal vor ein paar Jahren gelesen, als ich es aus der Bibliothek geliehen hatte, und meine eigene Ausgabe wartet nun schon seit einigen Monaten darauf, dass ich Zeit finde, meine Erinnerungen wieder aufzufrischen. Und auf dieses Leseerlebnis freue ich mich wirklich! 🙂

P.J. Tracy: Spiel unter Freunden

„Spiel unter Freunden“ ist der erste Krimi, der von dem Mutter-Tochter-Autorenduo „P.J. Tracy“, veröffentlicht wurde – und er hat mir eindeutig Lust auf mehr Romane dieser Art gemacht. 🙂 Zu Beginn findet sich der Leser in einer beschaulichen kleinen Stadt in Wisconsin wieder, wo der Pfarrer in der Nacht aus seinem Verdauungsnickerchen im Pfarrhaus erwacht und bemerkt, dass ein Auto vor seiner Kirche steht. Zu seinem großen Schreck findet er die Besitzer des Wagens tot im Gotteshaus. Das streng christliche Paar wurden brutal erschossen und mit einem Kreuz gezeichnet. Für den örtlichen Sheriff beginnt ein rätselhafter Fall, der schnell ein weiteres Todesopfer fordert.

Kurz darauf springt die Geschichte nach Minneapolis, wo man auf der einen Seite den Alltag der Spieleentwicklerin Grace McBride und auf der anderen Seite die Ermittlungen des Detective Leo Magozzi in mehreren ungewöhnlichen Mordfällen verfolgen darf. Obwohl für den Leser schnell klar ist, dass die Opfer in der Stadt genauso getötet werden, wie Grace und ihre Freunde dies für ein neues Spiel (in dem es um Mordermittlungen geht) geplant haben, und dass es natürlich irgendeine Verbindung zu dem Fall in Wisconsin geben müsste, entwickelt sich eine spannende und unterhaltsame Geschichte aus dieser Grundsituation.

Mit „Spiel unter Freunden“ präsentiert P.J. Tracy einen amerikanischen Kriminalroman, wie ich ihn früher viel und gerne gelesen habe. Klar werden die Verletzungen und die Umstände, die zum Tod geführt haben, beschrieben, aber ohne dass ich dabei jemals das Gefühl bekommen habe, hier wollte mich jemand mit einer Runde extragroßem Ekel schocken. Obwohl ich die ganze Zeit eine Ahnung bezüglich der Lösung und den Ermittlern – nicht nur aufgrund der Informationen, die ich als Leser zusätzlich hatte – einen Schritt voraus war, hatte ich nie den Eindruck, dass die dargestellten Polizisten dumm oder zu verbohrt waren oder erfolgreicher hätten sein können. Zusätzlich ist es den beiden Autorinnen gelungen meine Neugierde auf die Geschichte – und vor allem auf die Personen aufrecht zu erhalten.

Es hat richtig viel Spaß gemacht, die Charaktere kennen zu lernen und mit ihnen diese Geschichte zu erleben. Einige Leser werden vielleicht meinen, dass das Privatleben des Sheriffs und andere Details keinen Nutzen für die Handlung haben (und ich gebe zu, dass das Hörbuch auch hervorragend ohne diese Elemente funktioniert), aber für mich hat es deutlich zum Unterhaltungswert beigetragen. Natürlich wäre es kein Krimi, wenn nicht einige der Personen schon etwas tragisches in ihrem Leben hätten durchmachen müssen, aber P.J. Tracy gelingt es dabei nicht zu sehr zu übertreiben und eher zu betonen, dass diese Menschen trotz ihrer Erlebnisse so normal wie möglich ihren Alltag gestaltet haben und versuchen ihr Leben zu genießen. Naja, zumindest kann man das von allen behaupten – abgesehen vom Mörder!

Noch ein kleiner Nachtrag zur Hörbuchversion: Auch wenn ich schon eine Weile in der dritten CD hänge und nicht weiterkomme, so gefällt mir es mir! Die Geschichte funktioniert trotz der Kürzungen sehr gut und abgesehen davon, dass die Charaktere deutlich weniger detailliert dargestellt sind, vermisse ich nur wenige Szenen. Der Sprecher von „Spiel unter Freunden“ ist Burghart Klaußner. Bei den Männerstimmen finde ich ihn angenehm, bei den meisten Frauenstimmen auch, aber sobald er wie eine „sexy Lady“ klingen will, gruselt es mir! Hoch und quietschig ist einfach nicht verführerisch! Ich wünschte wirklich, dass männliche Hörbuchsprecher mal kapieren, dass eine unverstellte Stimme so viel weiblicher klingen kann als diese Falsettversuche es tun!