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Avery Hopwood (und Mary Roberts Rinehart): The Bat

Als ich nach Titeln von Mary Roberts Rinehart suchte, bin ich auch über „The Bat“ gestolpert. Nach den ersten zwei Kapiteln war ich ziemlich irritiert, denn die Handlung erinnerte mich sehr an „The Circular Staircase“. Nur wurde die Geschichte dieses Mal nicht aus der Ich-Perspektive erzählt, der Anfang erinnerte mich eher an einen Edgar-Wallace-Roman als an einen von Mary Roberts Rinehart und es gab auf einmal sowohl einen unheimlichen Verbrecher, der seit langer Zeit sein Unwesen trieb, als auch einen mysteriösen japanischen Butler in dem Haus, in dem der Krimi spielt.

Meine Suche nach Avery Hopwood hat mich dann schnell darüber aufgeklärt, dass „The Circular Staircase“ wirklich die Grundlage für „The Bat“ war. Allerdings hat Avery Hopwood die Geschichte  für die Bühne gründlich umgeschrieben, in dem er nicht nur die beteiligten Personen reduziert, sondern eben auch mit der Figur „The Bat“ einen deutlich reißerischen Touch in die Handlung einbrachte. Zumindest gehe ich davon aus, dass das seinem Anteil zu verdanken ist, auch wenn unterschiedliche Aussagen dazu gibt, wie weit er an der Umsetzung der Geschichte als Theaterstück beteiligt war. Das Stück hatte zu seiner Zeit einen so großen Erfolg am Broadway, dass es dort zu 867 Aufführungen gebracht hat. Außerdem hat die Figur des Verbrechers „The Bat“ angeblich Bob Kane dazu inspiriert den Comichelden „Batman“ zu erschaffen.

Von all diesen Hintergrundinformationen abgesehen, finde ich die Geschichte in erster Linie amüsant. Sie wird – passend für ein Theaterstück – deutlich schneller erzählt als „The Circular Staircase“, die Handlung konzentriert sich auf einen einzigen Tag, und die Figuren werden weniger tief charakterisiert – auch wenn mir die Hauptfigur Cornelia Van Gorder sehr vertraut vorkommt, weil solche resoluten älteren Damen einfach gern in bestimmten Kriminalgeschichten verwendet werden. Außerdem fand ich es spannend, dass die ganze Geschichte – abgesehen vom Prolog – in zwei Räumen spielte wie ein Theaterstück, wobei der Raumwechsel den dritten Akt einleitet (auch wenn man das beim Lesen des Buches nicht bewusst wahrnimmt). Das führt dazu, dass ich als Leser die Handlung konzentrierter wahrgenommen habe, weil die charaktervertiefenden Szenen wegfielen, aber eben auch dazu, dass ich die Figuren – abgesehen von Cornelia Van Gorder – recht beliebig fand, weil ich so wenig über sie erfahren habe.

Dadurch, dass „The Bat“ für diese Variante eingeführt wurde, habe ich mich beim Lesen keinen Moment gelangweilt. Denn auch wenn ich den Fall und die Auflösung schon kannte, so kam durch diesen Verbrecher ein neues Rätsel in die Geschichte und so habe ich mir bei jeder Person, die das Haus betrat, Gedanken darüber gemacht, ob sie dieser Kriminelle sein kann und was dafür und dagegen spricht. Und während ich sonst bei Mary Roberts Rineharts Geschichten nicht das Gefühl habe, dass sie von etwas inspiriert wurden oder für einen anderen Autor als Vorlage dienten, so habe ich mich zwischendurch doch gefragt, ob sich Agatha Christie – die ja das Theater auch sehr mochte – nicht (unbewusst) von diesem Stück und der Identität des Täters für mindestens einen ihrer Romane hat inspirieren lassen. Auf jeden Fall zeigt „The Bat“, trotz aller vertrauter Zutaten, deutlich weniger von der Handschrift Mary Roberts Rinehart – und das fand ich mal spannend zu verfolgen.