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Edward Kelsey Moore: Mrs. Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner

„Mrs. Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner“ von Edward Kelsey Moore spielt zwar nicht in den Südstaaten von Amerika, vermittelt mir aber das Gefühl, dort zu spielen. Der Roman erzählt die Geschichte der drei Freundinnen Odette, Clarice und Barbara Jean, die sich schon seit Teenagerzeiten regelmäßig in „Earl’s Diner“ treffen und dort das „All You Can Eat“-Büffet plündern. Dabei verfolgt man auf der einen Seite ein Jahr im Leben der drei Frauen, die inzwischen weit über 50 Jahre alt sind, und bekommt auf der anderen Seite in Rückblicken wichtige Ereignisse aus der Vergangenheit erzählt.

Während Odette ihren Part in der 1. Person erzählt, bekommt man die Passagen, die sich um Clarice und Barbara Jean drehen, aus der 3. Person präsentiert. Dabei muss man rund um Odette mit ungewöhnlichen Erlebnissen rechnen, denn als diese eines Morgens an ihrem Küchentisch sitzt, schleicht sich ihre Mutter zur Hintertür herein und erzählt von dem vergnüglichen Abend, den sie mit Big Earl und Thelma McIntyre verbracht hat. Das wäre noch nicht so bemerkenswert, hätte Odette nicht schon vor Jahren ihre Mutter beerdigt. Auch Thelma ist schon lange verstorben, ebenso wie Mrs. Roosevelt, die in der Geschichte ebenfalls immer wieder auftaucht und einen nicht gerade geringen Einfluss auf Odettes Leben nimmt.

Edward Kelsey Moore hat mit seinem Debütroman eine wunderbar warmherzige Geschichte geschrieben, die mich beim Lesen sehr berührt hat. „Mrs. Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner“ ist ein großartiger Wohlfühlroman rund um Liebe, Freundschaft, Trauer, Rassismus, Krankheit, Familie, Loyalität, verlorene Träume und Bigotterie. Und während mir bei einigen Szenen die Tränen kamen, habe ich wenige Seiten später schon wieder aus vollem Herzen gelacht. Vor allem Odette ist mir ans Herz gewachsen, sie hat so eine wunderbare Einstellung zum Leben (und zum Sterben), sie sagt in der Regel frei heraus, was ihr durch den Kopf geht, und sie hat schon als junges Mädchen eine kämpferische Haltung gezeigt, die für eine Frau ihrer Zeit empörend emanzipiert war.

Aber ich glaube, dass eine Figur wie Odette nur halb so gut funktionieren würde, gäbe es nicht ihre Freundinnen Clarice und Barbara Jean. Während Clarice in einer wohlhabenden kultivierten Familie aufgewachsen ist und sich als Pianistin einen Ruf gemacht hatte, bevor sie – sehr früh – heiratete, ist Barbara Jean die Tochter des Ortsflittchens. So ergänzen sich die drei Frauen schon seit langer Zeit und kümmern sich um einander. Ohne Odette und Barbara Jean wäre Clarice vermutlich eine verkniffene Kopie ihrer bigotten Mutter geworden, während Barbara Jean durch die Freundinnen – zumindest kurzzeitig – ein Zuhause gefunden hatte. Und Odette war sich schon als junges Mädchen sicher, dass sie ohne Clarice und Barbara Jean ziemlich einsam wäre, da ihre direkte Art nicht gerade dafür sorgt, dass sie leicht Freundschaften schließt.

Trotz der zum Teil wirklich schwerwiegenden Themen und der berührenden Erzählweise besteht „Mrs. Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner“ vor allem aus vielen skurrilen und amüsanten Szenen. Das liegt nicht nur an den Geistern, die Odettes Alltag immer wieder bereichern, sondern auch an dem vertrauten Miteinander der drei Frauen und ihrer Familien. Außerdem gelingt es dem Autor, selbst entscheidende Momente mit einer gewissen Leichtigkeit und Beiläufigkeit zu erzählen, die mir wirklich Spaß gemacht hat. Ich bin selten nach dem Lesen eines Romans so zufrieden gewesen wie nach diesem hier und kann euch dieses Buch nur empfehlen.