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[Kurz und knapp] Ella Theiss: Neben der Spur

Ich muss gestehen, dass mich „Neben der Spur“ irgendwie auf dem falschen Fuß erwischt hat. Anders kann ich es mir zumindest nicht erklären, dass ich online nur lobende Äußerungen finde, während ich weder von der Geschichte noch von den Figuren begeistert bin. Dabei hatte ich schon bei „Die Spucke des Teufels“ von der selben Autorin ein paar Probleme mit den Charakteren, was aber nicht schlimm war, weil die restliche Handlung, die historische Atmosphäre und die Grundidee so toll waren, dass mich das Buch noch einige Zeit beschäftigt hat. Letztendlich war ein so positiver und interessanter Eindruck geblieben, dass ich mich wirklich auf den neuen Roman von Ella Theiss gefreut hatte. Und eine Biosuppen-Firma als Schauplatz klang in meinen Ohren auch reizvoll …

Um euch einen Eindruck von Inhalt zu vermitteln, gibt es hier einmal den Klappentext:

„Die junge Journalistin Karo Rosenkranz heuert bei der Biosuppenfirma Hepp in der PR-Abteilung an. Schon bald stößt sie auf Ungereimtheiten: Der hundertjährige Senior verschweigt etwas aus seiner Vergangenheit. Der designierte Firmenchef Valentin Hepp ist mit unbekanntem Ziel verreist, was kaum jemanden zu stören scheint. Zudem haben sich die Hepps erst kürzlich in eine Mega-Hühnerfarm eingekauft – wie passt das in das Konzept eines angeblich tierschutznahen Unternehmens? Karo ist überzeugt: Das gibt eine ganz dicke Story! Dabei befindet sie sich längst in tödlicher Gefahr …

Leider hatte ich von Beginn an ein Problem mit der Hauptfigur von „Neben der Spur“. Karo Rosenkranz ist relativ skrupellos, voller Vorurteile, besessen davon, keine Kalorien zu sich zu nehmen, und wenn sie sich nicht wirklich nett um die behinderte Tochter ihrer Nachbarin und den alten Firmengründer kümmern würde, dann würde ich so schnell keinen sympathischen Zug von ihr nennen können.

Auch mit den restlichen Figuren war ich nicht glücklich. Natürlich gibt es in dieser Biosuppenfirma die lästige, esoterisch angehauchte Frau, die jedem mit ihrer Hilfsbereitschaft auf den Leib rückt (und dementsprechend auf die Nerven geht). Dann den gutmütigen, betriebsblinden und etwas altmodischen treuen Mitarbeiter, die Firmenerbin, die lieber Konzertpianistin geworden wäre, ihr junge, naiver und idealistischer Neffe, der zu blöd ist, um sich über irgendetwas Gedanken zu machen, und viele andere Charaktere, denen ich am liebsten rechts und links etwas um die Ohren gehauen hätte.

Die Hintergrundgeschichte fand ich jetzt auch nicht so schwierig zu durchschauen und einige Ereignisse aus der Vergangenheit konnte man sich – wenn man sich die Persönlichkeit des alten Firmenchefs vor Augen führt – auch ganz gut zusammenreimen. Am Ende gab es noch ein paar überraschende Entwicklungen, aber die waren vor allem deshalb so unvorhersehbar, weil die handelnden Personen bis zu dem Zeitpunkt von der Autorin etwas stiefmütterlich behandelt worden waren.

Vielleicht hängt ein Teil der guten Meinungen auch damit zusammen, dass sich Ella Theiss in diesem Buch mit der Nazizeit auseinandersetzt oder weil die Autorin den Einsatz von behinderten Menschen als wissenschaftliche/medizinische Versuchsobjekte thematisiert. All das sind wichtige Punkte, mit denen man sich immer wieder auseinandersetzen sollte. Aber auf der anderen Seite habe ich genau diese Aspekte in anderen (Kriminal-)Romanen schon deutlich aufrüttelnder und berührender vorgefunden.

Ich muss gestehen, dass mich all die oben genannten Kritikpunkte besonders deshalb ärgern, weil ich mich auf das Buch wirklich gefreut hatte. Immerhin sorgt der Schreibstil dafür, dass die Geschichte flüssig zu lesen ist, und hier und da musste ich – trotz aller Nörgelei – auch schmunzeln. Aber auch die nette Erzählweise hat mich nicht so recht zum Weiterlesen motivieren können, so dass ich zwei Anläufe benötigte (und den Roman dann vor allem beendet habe, weil ich es mir dann ernsthaft für einen Nachmittag vorgenommen hatte). Immerhin könnte ich mir vorstellen, dass Ella Theiss in diesem Stil eine amüsanten Chick-Lit-Geschichte erzählt – nur die Klischees sollte sie da bitte nicht ebenso sehr ausreizen wie in „Neben der Spur“.

Ella Theiss: Die Spucke des Teufels

Das Jahr 1755 ist ziemlich ereignisreich für Lisbeth, die kürzlich verwitwete Wirtin des Gasthauses zum Ochsen. Erst musste sie ihren recht alten Mann begraben – und kaum ist er unter der Erde, stehen auch schon preußische Gardisten vor der Tür. Während ein Major ihr gewaltig nachstellt, steht Lisbeth vor der Aufgabe seinen Soldaten aus den ungenießbaren Tartüffeln jeden Tag eine neue Mahlzeit kochen zu müssen. Doch auch der benachbarte Pachtmüller ist an der hübschen Witwe interessiert, diese kümmert sich aber lieber um zwei Waisenkinder, statt ihm ihre Gunst zu schenken.

Ella Theiss gelingt es hervorragend einem das Gefühl zu vermitteln in eine andere Zeit zu reisen. Leicht hatte es das gewöhnliche Volk zu dieser Zeit nicht, Kriege erschütterten das Land und jeder Winter kostet viele Menschenleben. Durch Zwang und Gewalt versucht Friedrich II. die Kartoffel in seinem Herrschaftsgebiet populär zu machen. Doch solange die Menschen nur wissen, dass viele Teile diese Pflanze giftig sind – und sie keine Ahnung haben, wie sie diese neue Frucht – die sogar von den meisten Tieren verschmäht wird – zubereiten sollen, hat er mit seinen Bemühungen wenig Erfolg.

Lisbeth versucht das Beste aus ihrer Situation zu machen – und ist doch trotz ihrer eigentlich recht guten Position als Wirtin, so vielen Dingen hilflos ausgeliefert. Aber nicht nur aus ihrer Perspektive wird die Geschichte erzählt, auch der fahrende Händler Jost, der Müller und ein paar Personen mehr kommen zu Wort. Das ist auch der Punkt, der bei mir verhindert hat, dass ich so richtig in das Buch abtauchen konnte.

Immer wieder gibt es so Passagen, die eine distanzierte Sicht auf Lisbeth zeigen. Während ich anfangs mit der Witwe und ihrem Schicksal mitgelitten habe, schlug meine Teilnahme schnell um in eine Art historisches Interesse. Lisbeth hat ein Geheimnis und auch wenn die Menschen in ihrer Umgebung davon keine Ahnung haben, so gibt es für den Leser eigentlich keine große Überraschungen mehr. Obwohl die Handlung (trotz vieler Höhen und Tiefen) nicht so mitreißend ist wie sie hätte sein können, so ist die geschilderte Zeit in all ihren Details faszinierend und die Charaktere sind zum großen Teil liebenwerte Figuren, deren Leben man gerne eine Weile lang verfolgt.