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Francis Durbridge: Paul Temple und der Fall Gregory (Hörspiel)

Francis Durbridge ist definitiv nicht mein Lieblingsautor, wenn es um altmodisch-charmante Kriminal-Hörspiele geht, aber ich habe schon einige unterhaltsame Stunden mit seinen Geschichten verbracht. Deshalb war ich natürlich prompt neugierig, als mir „Paul Temple und der Fall Gregory“ in die Finger geriet, obwohl ich beim Anblick von Bastian Pastewka auf dem Cover schon etwas verhaltener reagierte.

„Der Fall Gregory“ war der erste Paul-Temple-Fall, der in Deutschland als Hörspiel im Radio gesendet wurde – und dann wurden die Bänder mit einer anderen Aufnahme überspielt. Auch das BBC-Original dieser Geschichte ging verloren und so basiert dieses Hörspiel auf Textfragmenten des Original-Drehbuchs und der noch existierenden norwegischen Version des BBC-Hörspiels. Grundsätzlich finde ich diese Hintergründe interessant, auch wenn ich die nicht unbedingt inmitten des Hörspiels präsentiert bekommen müsste. Denn leider wird die Handlung rund um den Fund einer ermordeten jungen Frau immer wieder nach ein paar Minuten unterbrochen, wenn die Sprecher aus ihrer Rolle fallen und sich lang und breit über die Hintergründe des Hörspiels (oder die Absurditäten der Geschichte) unterhalten.

Zu diesen Unterbrechungen kommt, dass die Handlung sehr viel kürzer ist als in einem normalen Paul-Temple-Hörspiel. Ich kann nicht beurteilen, ob das daran liegt, das so wenig Text all die Jahrzehnte überlebt hat oder ob es an der Bearbeitung für diese „humorvolle“ Wiederbelebung des Hörspiels liegt. Aber diese Kürze der Geschichte sorgt zusammen mit der Anzahl der verschiedenen Figuren und den vielen Unterbrechungen dafür, dass man schon mehr als normal aufpassen muss, um der Handlung zu folgen und die unterschiedlichen Charaktere einordnen zu können. Ich gebe zu, dass so ein Paul-Temple-Hörspiel in der Regel die eine oder andere Kürzung vertragen kann, aber von vermutlich sechs Stunden auf knapp zwei ist dann doch etwas arg radikal.

Überhaupt finde ich die gesamte Umsetzung nicht ganz glücklich. Man hat sich anscheinend nicht entscheiden können, ob man eine Hommage an die alten Paul-Temple-Hörspiel oder eine Parodie inklusive diverser „Pastewka und Komplizen“-typischer Comedy-Elemente machen wollte. Auf der einen Seite hat man sich genügend Mühe gegeben, um Sprecher zu finden, die relativ nah an die Originalbesetzung herankommen (na ja, Pastewka klingt nun mal immer wie Pastewka und Janina Sachau ist eine arg schrille Version von Steve Temple – inklusive seltsamer Betonung), hat eine liebevolle und passende Musikuntermalung verwendet und bei den Soundeffekten in der Regel darauf geachtet, dass sie passend unbeholfen-altmodisch klingen.

Auf der anderen Seit gibt es da diese extremen Kürzungen und die ständigen Unterbrechungen durch die Sprecher, bei denen Pastewka als Fan der Original-Hörspiele dargestellt wird, während der Rest an der simplen und nicht gerade logischen Handlung verzweifelt. Wirklich amüsant fand ich nur zwei Punkte (besonders die Geräuschuntermalung bei der Fluchtszene eines Verdächtigen), ansonsten traf der Humor meinen Geschmack eher weniger. Am Ende bleibt einfach die Frage, für welche Zielgruppe dieses Hörspiel produziert wurde. Bastian-Pastewka-Fans können vermutlich mit den „ernsthafteren“ Krimiszenen nicht so viel anfangen, Paul-Temple-Fans hingegen werden sich wahrscheinlich durch die Kürzungen, Nebenbemerkungen und Unterbrechungen gestört fühlen …

Ach ja, in den Rezensionen bei Amazon habe ich einen Verweis darauf gefunden, dass dieses Hörspiel auch als Bühnen-Show präsentiert wird. Das stelle ich mir doch etwas amüsanter vor, da ich erstens davon ausgehe, dass vor allem Zuschauer hingehen werden, die mit Pastewka und Komplizen mehr anfangen können, und es zweitens bestimmt auch unterhaltsamer ist, wenn man live miterleben kann, wie die Gesangseinlagen und Geräusche erzeugt werden. Außerdem wirken so die Zwischenszenen hoffentlich etwas natürlicher.

Francis Durbridge: Die Non-Paul-Temples (Hörspiel)

Bevor ich auf die „Non-Paul-Temples“ eingehe, muss ich erwähnen, dass mein Mann und ich in den letzten 2 1/2 Wochen nicht nur diese Hörspielbox gehört haben, sondern auch fünf Paul-Temple-Hörspiele, die vor ein paar Jahren in einer Box veröffentlicht wurden. Nach diesen fünf Fällen (drei sehr unterhaltsam und zwei nicht so gelungen), die der Schriftsteller und „Detektiv“ Paul Temple zu lösen hatte, waren wir ein bisschen übersättigt von diesem Herrn und seiner Frau Steve. Denn der grobe Aufbau der Geschichten ähnelte sich sehr, dazu kam die vorhersehbare Anhäufung von Autounfällen, Schmugglern, Cocktailparties, Hutwitzen und dem obligatorischen Mr. X.

Die Non-Paul-Temples hingegen habe ich als deutlich abwechslungsreicher empfunden. Obwohl auch hier immer mal wieder Elemente auftauchen, die aus den Paul-Temple-Geschichten vertraut sind, gibt es keine solch unangenehme Häufung. Auch unterscheiden sich die von Francis Durbridge bei den kürzeren Geschichten verwendeten Grundideen deutlich voneinander und haben auch spürbar unterschiedliche Atmosphären. Während „Nur über meine Leiche“ eher humorvoll angelegt ist und „Der Fall Greenfield“ in meinen Ohren etwas gemächlich erzählt wird, fand ich „Tief in der Nacht“ und „La Boutique“ wirklich gut gemacht (auch wenn die eine oder andere Wendung ein bisschen vorhersagbar war).

Inhaltlich fand ich die „Non-Paul-Temples“ wirklich nett, und wer wie ich eine Schwäche für Whodunit-Geschichten hat, der sollte mal in die Box reinhören. Allerdings muss sich derjenige auf eine altmodische Umsetzung der Handlung gefasst machen, denn abgesehen von „Tief in der Nacht“ stammen alle Hörspiele aus den 60er-Jahren und wurden damals fürs Radio produziert. Dies bedeutet nicht nur, dass sämtliche Rollen von Theaterschauspielern übernommen werden – was man deutlich heraushört -, sondern auch, dass die Geräuscheffekte deutlich weniger ausgereift sind, als man es heute gewohnt ist.

Ich persönlich mag diesen altmodischen Charme und freue mich, dass man versucht hat, auch das in den 90er-Jahren produzierte Hörspiel mit dieser speziellen Atmosphäre zu produzieren. Ich finde es niedlich, dass man deutlich merkt, dass die meisten Sprecher mit dem Englischen nicht besonders vertraut sind, und musste beim Hören ständig an die Fernsehausstrahlungen von Durbridges Theaterstücken denken, die es in meiner Kindheit gab. Es ist lange her, dass ich eines dieser Theaterstücke gesehen habe und auch die Romane des Autors hatte ich schon viele Jahre nicht mehr in der Hand, aber es hat mir wirklich Spaß gemacht, mal wieder ein paar Durbridge-Krimis zu erleben. Der Autor hat mich nie so sehr gepackt wie andere, aber diese Hörspielabende waren wunderbar entspannend und unterhaltsam!