Schlagwort: John Green

John Green: Margos Spuren

Bei diesem Roman von John Green mache ich es mir mal einfach und zitiere die Inhaltsangabe des Verlags:
„Schon als kleiner Junge war Quentin in die schöne, wilde Margo verliebt, und schon damals war sie ihm ein Rätsel: Niemand konnte so mutig und entschlossen sein wie sie – niemand wirkte urplötzlich so unnahbar. Und so ist es geblieben. Der schüchterne Quentin kann die beliebte, von Gerüchten umrankte Margo nur aus der Ferne bewundern. Bis sie plötzlich vor seinem Fenster steht und ihn um Hilfe bittet: Für eine Nacht wirft Quentin alle Ängste über Bord und wird Teil des Margo-Universums. Doch am nächsten Morgen ist Margo verschwunden. Um sie wiederzufinden, muss Quentin sein Leben auf den Kopf stellen. Und er muss sich fragen, ob er sie je wirklich gekannt hat.“

Beim Lesen dieser Inhaltsangabe habe ich mich übrigens gefragt, warum Margo auf einmal in der Nacht vor Quentins Fenster steht – doch das wird im Buch schnell geklärt: Quentin und Margo kennen sich seit ihrer Kleinkinderzeit und wohnen schon ebenso lange nebeneinander. Mit gerade mal neun Jahren haben die beiden beim Spielen sogar einen toten Mann gefunden – und ihre Reaktion darauf war schon damals typisch für ihren jeweiligen Charakter. Während Margo von der Leiche fasziniert war, den Fundort nicht verlassen wollte und am nächsten Tag vor Quentin stand und mit ihm zusammen herausfinden wollte, was mit dem Mann geschehen war, wollte Quentin nur nach Hause zu seinen Eltern, damit sie sich um alles kümmern, und die Angelegenheit dann vergessen. Kurz darauf begann für beide die Highschool und damit endete auch schon ihre Kindheitsfreundschaft.

Während Margo schnell einen Platz unter den tonangebenden Schülern fand, freundete sich Quentin – trotz seiner Unmusikalität – mit den uncoolen Mitgliedern des Schulorchester an. Ihm gefällt sein kleines, vorhersehbares Leben, er mag es, wenn jeder Tag gleich verläuft und wenn er sich nicht mit großen Überraschungen auseinandersetzen muss. So ist ihm auch bewusst, dass ein Mädchen wie Margo niemals mit einem Jungen wie ihm zusammensein würde – und doch kann er nicht aufhören, sie aus der Ferne zu bewundern und bei jeder Gelegenheit zu beobachten. So lässt er sich von ihr auch leicht dazu überreden, ihr eine Nacht lang zur Seite zu stehen.

Obwohl er darauf besteht, dass sie auf gar keinen Fall etwas Kriminelles machen dürfen, entwickelt diese Nacht eine ganz eigene Dynamik, und so zieht Quentin zusammen mit der unbändigen Margo ihren Zwölf-Punkte-Racheplan durch. Diese Nacht schafft eine ganze neue Verbindung zwischen den beiden – zumindest kommt es Quentin so vor. Umso betroffener ist er, als Margo am nächsten Morgen verschwunden ist – und schnell wird klar, dass das nicht einer ihre üblichen „Ausbrüche aus dem Alltag“ ist. Gemeinsam mit seinen Freunden Ben und Radar (benannt nach dem Charakter aus der Serie „MASH“) macht sich Quentin auf die Suche nach Margo und stellt schnell fest, dass er sein in all den Jahren aufgebautes Bild von dem Mädchen deutlich auf den Kopf stellen muss …

Abgesehen vom Ende hat mir das Buch sehr gut gefallen. Obwohl mir Quentin etwas zu brav, Margo etwas zu „unglaublich“, Ben etwas zu pubertierend und Radar etwas zu genial war 😉 , mochte ich die Charaktere. Ich habe mit Quentin mitgelitten, der sich sicher war, dass Margo nicht mehr am Leben sein würde, wenn er sie findet. Ich konnte Margos Freiheitsdrang zwar nicht nachvollziehen, aber ihre Faszination an ihren verrückten Plänen, ihre Neugierde auf das, was hinter den Fassaden ist, und ihren Frust darüber, wie sich ihr Leben entwickelt. Wie schon bei den anderen beiden Geschichten von John Green („Eine wie Alaska“ und „Tage wie diese“) gefällt mir seine Darstellung von Freundschaft. Obwohl Quentin vollkommen überzogene Forderungen an seine Freunde Ben und Radar stellt, sind die beiden für ihn da. Ben ist zwar zwischenzeitlich etwas genervt von der Margo-Besessenheit seines Freundes, während Radar vorsichtig versucht, ihm klarzumachen, dass Quentin die Menschen in seiner Umgebung doch sehr schablonenhaft wahrnimmt, aber trotzdem machen sie sich eine Menge Gedanken darüber, wie sie ihm bei der Suche nach dem Mädchen helfen können.

So ist die Botschaft, die der Autor in diesem Buch verbreitet, unübersehbar, aber trotzdem habe ich mich beim Lesen gut unterhalten gefühlt. Ich konnte sogar locker über die Highschool-Party-Saufszenen hinwegsehen. Aber mit dem Ende von „Margos Spuren“ bin ich nicht ganz so glücklich. Auf den letzten Seiten gibt es ein regelrechtes Rennen gegen die Zeit, voller amüsant-skurriler Szenen (auch wenn ein paar etwas fäkalhumorig waren) und dann verpuffte für mich die Spannung, die sich aufgebaut hatte, und ich war von der Auflösung des Ganzen enttäuscht. Ich hatte kein Happy-End erwartet und auch nicht die schlimmste Möglichkeit angenommen, aber ich hatte mir von John Green einen Schluss erhofft, der mehr Biss hat und weniger dümpelig wirkt. So habe ich das Buch zwar mit dem Gefühl beendet, dass ich ein paar witzige, nachdenkliche und schöne Stunden beim Lesen verbracht habe, aber das Ende wird wohl dafür sorgen, dass ich für einen Reread eher einen andere Geschichte heranziehen würde …

John Green: Eine wie Alaska (Hörbuch)

Obwohl ich eine sehr emotionale Leserin bin, berühren mich Hörbucher normalerweise weitaus weniger. Doch „Eine wie Alaska“ hat zum ersten Mal dafür gesorgt, dass ich so richtig mitgelebt habe und dabei habe ich das Hörbuch sogar wegen des Umzuges für ein paar Wochen unterbrechen müssen. Miles ist ein recht gewöhnlicher Junge mit einem ungewöhnlichen Hobby. Er sammelt die letzten Worte verstorbener Berühmtheiten. Und da er an seinem Wohnort keine Freunde hat und darauf hofft, dass das Leben an einem anderen Ort vielleicht doch noch etwas mehr für ihn parat hält, bittet er seine Eltern darum auf ein Internat gehen zu dürfen.

In Cluver Creek angekommen wird er von seinem Mitbewohner gleich in die kleine Clique rund um Alaska eingeführt und natürlich verliebt sich Miles Hals über Kopf in das unkonventionelle Mädchen – so wie all die anderen Jungen eigentlich auch. Alaska diskutiert und trinkt und raucht, ist von sich und ihren Ansichten überzeugt und bringt die andern mit ihren impulsiven Handlungen regelmäßig in Schwierigkeiten. Und doch gibt es an ihre eine verletzliche Seite, die sich immer wieder zeigt, und die letztendlich auch dazu führt, dass Alaska eines Nachts eine tödliche Dummheit begeht.

Anfangs ist es etwas irritierend, dass die Kapitel wie ein Countdown auf einen bestimmten Tag aufgebaut sind, aber so steigert sich auch die Neugierde darauf, was an zu diesem Zeitpunkt passieren wird (vor allem, wenn man den Klappentext nicht liest, der mal wieder ein bisschen zuviel verrät!). „Eine wie Alaska“ beginnt wie eine leichte und amüsante Schulgeschichte über Teenager, die Grenzen austesten, Streiche spielen, erste Erfahrungen in der Liebe sammeln und versuchen das Leben zu verstehen, in dem sie über Bücher und Philosophien diskutieren.

John Green drückt sich weitaus gehobener aus, als ich es einem durchschnittlichen Jugendlichen zutrauen würde, aber da die Sprache innerhalb der Geschichte stimmig ist, wirkt es nicht unpassend. Der Sprecher Andreas Fröhlich liest selbst die komplexeren Sätze so gut, dass man nie Verständnisprobleme hat, und ihm gelingt es jedem Charakter eine erkennbares Profil zu verschaffen. Miles ist der brave und etwas unsichere Junge, sein Mitbewohner wirkt forsch und Alaska übt sogar auf den Zuhörer einen gewissen Reiz aus.

Für mich war Alaskas Geheimnis recht schnell durchschaubar, aber es hat mich nicht gestört, dass ich das Gefühl hatte mehr zu wissen als die Figuren in dem Hörbuch. Während Miles und sein Mitbewohner noch versuchen mit dem fertig zu werden, was Alaska getan hat, rannen mir die Tränen über’s Gesicht und ich habe so richtig schön mitgelitten. Am Ende der Geschichte hatte ich eine emotionale Achterbahn hinter mich gebracht – und genau so sollte ein richtig gutes Hörbuch sein!