Nachdem ich beim Lesen des ersten Bandes entdeckt hatte, was für riesige Unterschiede es zwischen den deutschen „Trixie Belden“-Romanen meiner Kindheit und den Originalausgaben gibt, wollte ich noch mehr dieser Bücher auf Englisch lesen. Besonders fällt mir natürlich ins Auge, wie seltsam es ist, wenn die vertrauten Figuren andere Namen haben als ich es gewohnt bin. Aber es ist auch unübersehbar wie viel stimmiger viele Szenen sind, wenn man weiß, dass sie im Bundesstaat New York in den 40ern und 50ern Jahren spielen.
In „The Gatehouse Mystery“ finden Trixie und ihre Freundin Honey in einem seit vielen Jahren verlassenen Torhaus einen großen geschliffenen Diamanten. Während Honey ihn gleich zur Polizei bringen will, möchte Trixie das Geheimnis um den kostbaren Stein natürlich ganz allein lösen. Sie ist sich sicher, dass der Diamant gestohlen worden sein muss und das der Dieb ihn im Streit mit einem Komplizen verloren hat. Dazu beschäftigt sie sich noch mit dem neuen Chauffeur der Familie Wheeler, der anscheinend mit jedem gut auskommt, nur nicht mit ihr. Und auch ihre beiden großen Brüder, die inzwischen aus dem Sommercamp zurückgekommen sind, halten das Mädchen auf Trab.
Es gibt (unabhängig davon, ob es sich um die deutsche oder englische Ausgabe handelt) viele Elemente, die diese Serie für mich immer noch unterhaltsam machen und die dafür sorgen, dass mir die Bücher auch nach all den Jahren noch am Herzen liegen. Erst einmal finde ich eigentlich alle Figuren sehr sympathisch, jede von ihnen hat Stärken und Schwächen – was sich besonders bei Trixie und ihren eigenmächtigen Aktionen und ihren vorschnellen Schlüssen zeigt. Dann mag ich es, dass es zwar immer wieder spöttische Kommentare über Trixies wenig mädchenhaftes Verhalten gibt (vor allem von Seiten ihres Bruders Mart), dass es aber genügend Szenen gibt, in denen die Jungen sich um das Kochen und den Abwasch kümmern, während die Mädchen beim Handwerken zugreifen. Ebenso gibt es die ehemalige Gouvernante und jetzige Hausverwalterin, die einfach großartig mit Autos umgehen kann, während der Pferdepfleger alles andere lieber tut als sich hinter ein Steuer zu setzen.
Mir gefällt es auch wie die (anfangs) fünf Teenager miteinander umgehen. Da wird geärgert und gespöttelt, aber einander auch gegenseitig geholfen. Ich habe beim Lesen nie das Gefühl, dass die Jungen und Mädchen zu gut sind, um real zu sein. Alle haben feste tägliche Aufgaben, die sie mal mehr, mal weniger pflichtbewusst erfüllen, und Eltern, die sie mal mehr, mal weniger an ihre Verantwortung erinnern. Obwohl Honey und Jim aus reichem Haus kommen, was allen fünf Figuren viele Möglichkeiten eröffnet, müssen sie sich viele Dinge erarbeiten. Das führt dazu, dass die Fälle, die Trixie und ihre Freunde lösen wollen, sich oft dem Alltag der Teenager unterordnen müssen. Was eben manchmal auch zu ganz neuen Herausforderungen führt.
Mir gefällt dieser Realismus, der dadurch entsteht. Bei Enid Blyton haben sich die „Juniordetektive“ oft in extremen Situationen wiedergefunden und dadurch ohne jeglichen Einfluss von Erwachsenen ihre Abenteuer erlebt. Das ist bei Trixie Belden so gut wie nie der Fall. Wenn Trixie einen Verdächtigen beobachten will, dann muss sie vorher die Hühner gefüttert haben oder dafür sorgen, dass jemand ihr diesen Job abnimmt. Bei einer Jugendbuchreihe rund um einen Haufen Teenager zwischen 13 und 16 Jahren entwickeln sich im Laufe der Zeit auch einige Zuneigungen. Auch den Teil finde ich hier schön dargestellt, es gibt wenig Drama – obwohl mindestens zwei Figuren zu Jähzorn neigen -, dafür Freundschaft und gegenseitigen Respekt, woraus sich manchmal eben mehr entwickelt.
Auch die Fälle, mit denen Trixie, Honey, Jim, Mart und Brian sich beschäftigen, sind relativ realistisch und (abgesehen von Jims Geschichte) nur selten wirklich tragisch. Da gibt es Betrüger und Diebe oder Jugendliche, die sich durch Einbrüche Extrataschengeld „verdienen“. Oft geht es um Kleinkriminalität und Dinge, die in dem ruhigen Ort, in dem die fünf Teenager leben, vorgefallen sind. Ich finde die relative Alltäglichkeit der Fälle angenehm, da es auf der einen Seite so verständlicher ist, dass Trixie und die anderen sich da einmischen, und auf der anderen Seite so immer wieder deutlich gemacht wird, dass auch so kleine kriminelle Vorfälle das Leben der Betroffenen sehr beeinflussen können. Viele andere Jugendbücher würden das groß thematisieren, hier hingegen habe ich das Gefühl, dass eher nebenbei und in kleinen Szenen deutlich gemacht wird, dass Vorverurteilungen und Vorurteile unangebracht sind.
So oder so, es macht mir auch heute noch einen riesigen Spaß gemeinsam mit Trixie, Honey, Jim, Mart und Brian Fälle zu lösen, mich über die Streiche des kleinen Bruders Bobby zu amüsieren und mit ihnen all die alltäglichen Begebenheiten zu erleben, die ihr Leben nun einmal ausmachen.