Mit „White Knight“ findet die Cornerstone-Run-Trilogy von Kelly Meade (Kelly Meding) ihr Ende und auch dieses Buch habe ich wieder besseren Wissens direkt am Erscheinungstag angefangen – und erst aufgehört zu lesen als ich morgens um drei dann die letzte Seite beendet hatte. Stört ja nicht, wenn man sich am nächsten Tag vollkommen übermüdet an die Arbeit macht, wenn man dafür eine intensive Lesenacht genießen konnte. 😉
Dieser Roman dreht sich um Knight, den dritten der McQueen-Brüder. Knight ist ein weißer Wolf, was bedeutet, dass er emphatische Fähigkeiten hat. Weiße Wölfe sind bei den Gestaltwandlern ganz besonders selten und besonders geschätzt, da ihre Fähigkeiten es ihnen erlaubt die Stimmung im Rudel zu beeinflussen. Und bei einem Volk, das nicht nur dazu neigt sehr emotional zu reagieren, sondern bei dem auch immer wieder die Gefahr besteht, dass die einzelnen Mitglieder von den Bedürfnissen ihrer tierischen Seite überwältigt werden, kann dies überlebenswichtig für den Rudelzusammenhalt sein.
Für Knight war die Tatsache, dass er ein weißer Wolf ist, von klein auf eine Last. So wurde seine Mutter (die ebenfalls ein weißer Wolf war) getötet, als ein fremdes Rudel versuchte ihn zu stehlen, und auch der Konflikt mit den Hybriden scheint sich nur deshalb auf das Cornerstone-Rudel zu konzentrieren, weil die gefährlichen Wesen ihn in ihre Gewalt bekommen wollen. Das hat in den ersten zwei Bänden zu so einigen schrecklichen Ereignissen geführt, die Knight an die Grenzen seines Verstandes gebracht haben. Dabei hat er neben seinen eigenen psychischen Problemen noch mit dem Stress, der Trauer und den Verlusten des gesamten Rudels zu kämpfen, denn die Gefühle der anderen kann er nie vollständig abblocken.
Der weibliche Part in dieser Geschichte ist Shay Butler. Shay ist eine schwarze Wölfin und die einzige Überlebende des ersten Überfalls der Hybriden auf eine Loup-Garou-Ansiedlung. Das Erlebte hat die junge Frau fast in den Wahnsinn getrieben – und kaum fängt sie an alles einigermaßen zu verarbeiten, da wird sie von den Hybriden entführt. Mehr kann ich zum Inhalt leider nicht schreiben, wenn ich nicht die ersten beiden Bände spoilern will. Ich mochte beide Charaktere sehr gern, habe aber dieses Buch (zumindest anfangs) nicht so intensiv „miterlebt“ wie Rooks und Bishops Geschichten. Das lag zum einen daran, dass Knight schon in den anderen Büchern eine wichtige Rolle spielte und ich seine Situation schon früher beweint habe, und zum anderen daran, dass die Autorin zu Beginn dieses Romans noch einmal die Grundsituation aufrollt und den Leser auf den aktuellen Stand bringt. Dabei ist dieser Teil beim besten Willen nicht langweilig, man erfährt genügend neue Aspekte, um stets auf die nächste Szene neugierig zu bleiben, aber auf der Gefühlsebene packen einen solche Passagen dann weniger.
Dafür haben es dann die letzten Kapitel wieder in sich, so dass ich auch bei diesem Band der Cornerstone-Run-Serie nicht ganz auf meine emotionale Achterbahn verzichten muss. 😉 Der Kampf gegen die Hybriden findet seinen Höhepunkt (und Ende), wobei es vorher noch unerwartete Verbündete zu gewinnen gilt und Verräter entlarvt werden, die man so nicht mehr in Erinnerung hatte. Und wie schon in den anderen Büchern der Autorin, habe ich auch dieses Mal die Entwicklung der einzelnen Charaktere ganz besonders genossen. Shay ist eine selbstbewusste junge Frau, die genau weiß, was sie will – und die, nachdem sie die traumatischen Erlebnisse in ihrem Heimatort so langsam verarbeitet, alles tut, um ihre Fähigkeiten in den Dienst ihres neuen Rudels zu stellen.
Die Liebesgeschichte dreht sich in diesem Band weniger darum, dass die beiden Protagonisten nicht zusammen sein können, weil dies dem Wohl des Rudels nicht förderlich wäre. Sondern darum, dass beide Personen physische und psychische Probleme haben, die sie erst einmal so weit verarbeiten (oder sich überhaupt erst einmal eingestehen) müssen, dass sie überhaupt über eine Beziehung nachdenken können. Alles andere wäre – nachdem man die Annäherung der beiden schon in den ersten beiden Bänden mitverfolgen konnte – auch nicht der richtige Ansatz für die Handlung gewesen.
Auch wenn die „Cornerstone Run Trilogy“ streng genommen „nur“ eine nette romantische Urban-Fantasy-Reihe ist (ja, ich wiederhole mich 😉 ), habe ich das Lesen dieser drei Romane wirklich genossen. Ich mochte die verschiedenen Protagonisten, ich mochte den Weltenbau und die Schwierigkeiten, mit denen die Gestaltwandler Tag für Tag zu kämpfen haben, und ich mochte es, dass mich diese Geschichten emotional total ausgelaugt haben. Wenn die Autorin noch einmal einen Ausflug ins „Romantische“ macht, bin ich bestimmt wieder dabei, denn das kann sie genauso gut wie die actiongeladenen Urban-Fantasy-Geschichten.