„Melodie der Meerjungfrauen“ von Michelle Lovric habe ich spontan letzten Mittwoch aus der Bibliothek mitgenommen, weil ich Lust auf ein Kinderbuch hatte. Die Geschichte spielt in Venedig im Jahr 1899. Die Stadt droht unterzugehen und um einen Plan zur Rettung zu entwerfen, treffen sich diverse Wissenschaftler in der Lagunenstadt. Zu diesen Wissenschaftlern gehören auch die Eltern von Teodora, die von Neapel aus anreisen und ausnahmsweise ihre Tochter mitnehmen. Teo(dora) wünscht sich schon lange einmal Venedig besuchen zu dürfen, empfindet sie doch eine unerklärliche Sehnsucht nach dieser Stadt.
Kurz nach ihrer Ankunft findet Teo, die nicht nur Bücher über alles liebt, sondern auch in der Lage ist die gesprochenen Wörter eines Menschen als Schrift über seinem Kopf zu sehen, in einer Buchhandlung ein magisches Buch mit einer Meerjungfrau auf dem Cover. In dieser Buchhandlung lernt Teo auch den gleichaltrigenVenezianer Renzo kennen, der ein ebensolcher Büchernarr ist wie sie selber, doch so richtig gut verstehen sich die beiden anfangs nicht. Aufgrund der verschiedensten Vorfälle und den Informationen, die das magische Buch für Teo bereit hält, steht für die beiden Kinder schnell fest, dass Venedig von etwas Größerem als „nur“ dem Wasser bedroht wird. Ein uralter Feind versucht sich zu erheben und Macht über die Stadt zu gelangen.
Dass Michelle Lovric sich in Vendedig verliebt hat und der Stadt mit diesem Kinderbuch ein Denkmal setzen möchte, ist beim Lesen unübersehbar. Gemeinsam mit Teo entdeckt der Leser Venedig und erfährt von den Besonderheiten und historischen Ereignissen, die die Lagunenstadt geprägt haben. Dazu kommen noch viele fantastische Einfälle und Kreaturen wie die Meerjungfrauen, die Teo und Renzo zur Seite stehen, und das Ganze ergibt eine wunderbar unterhaltsame Geschichte rund um eine magische Bedrohung für eine besondere Stadt und zwei Kinder, die auserwählt sind, die Stadt zu retten.
Die Erzählweise von Michelle Lovric ist stellenweise etwas anstrengend. Es gibt sehr viele Abschweifungen in die Vergangenheit Venedigs, es werden Legenden erzählt und der unheimliche Bösewicht und seine Taten vorgestellt und dabei springt die Handlung schon mal von einer Zeit oder einem Ort zum anderen. Mir haben besonders die Kleinigkeiten gefallen, die Beschreibungen von kleinen Geschäften, der Duft des Gebäcks am Morgen in einem Café und ähnlich atmosphärische Momente. Die wie Hafenarbeiter fluchenden Meerjungfrauen mit einer Vorliebe für Curry fand ich zum Teil etwas überzogen, ebenso wie manch anderes „lustiges“ Element, aber ich kann mir vorstellen, dass es der Zielgruppe (Kinder ab 12 Jahren) gegenüber noch angemessen ist.
Bei einigen Rezensionen wird die Brutalität in diesem Roman kritisiert. Es kommt zu einigen Todesfällen und Erkrankungen, Angriffen durch Menschen, Geister und Tiere und dazu gibt es noch einige unappetitliche Beschreibungen. Ich persönlich fand das nicht schlimm und der Handlung angemessen. Die Geschichte einer so alten Stadt wie Venedig beinhaltet nun mal auch einige grauenhafte Episoden. Schrecklicher als ein durchschnittliches Märchen (also in der unbereinigten Version, in der die Bösen am Ende in glühenden Schuhen tanzen dürfen oder ähnliches) ist es nicht. Es hängt wohl vom einzelnen Kind ab, ob es die geschilderten Dinge im Rahmen der Handlung erträglich findet oder nicht.