Nach „Der Kuss der Russalka“ und „Die Sturmrufer“ habe ich in den letzten Wochen „Im Bann des Fluchträgers“ in Angriff genommen – Nina Blazons erster Erfolg im Bereich Jugend-Fantasy. Währen die Autorin sich (wenn ich nach diesen drei Büchern gehen kann) immer mehr von der klassischen Fantasy entfernte, um eigene oder historische Elemente einzuflechten, fühlte es sich für mich in der umgekehrten Reihenfolge so an, als ob ich mit jedem Roman weiter in vertraute Gewässer vorstoßen würde.
„Im Bann des Fluchträgers“ beginnt an einem verregneten Tag vor einer Burg. Der Junge Ravin kommt aus dem Tjärgwald mit einer erschütternden Botschaft geritten: Sein Bruder Jolon, ein Heiler, hat einen Fluchträger berührt und liegt nun im Sterben. Doch so sehr sich die Königin Jolon verpflichtet fühlt und helfen möchte, so sehr ist sie mit dringenderen Probleme beschäftigt. Das ganze Land hat sich in der letzten Zeit verändert, es wird kälter, stürmischer und die unheimlichen Hallgespenster treten in erschreckender Anzahl auf. Während die Königin zusammen mit Gesandten aus den Nachbarländern versucht die Ursache für diese Veränderungen zu finden und dagegen vorzugehen, kann sie Ravin nur wenig Hilfe bieten.
Immerhin bekommt der Junge von dem Rat der Zauberer den Hinweis, dass vielleicht im Grenzland eine magische Quelle zu finden sei, die Jolon retten könnte. Doch ob es diese Quelle wirklich gibt oder nicht, können die Zauberer nicht sagen, den ihre Existenz wird nur durch Sagen belegt. Ihm wird der (natürlich eher unfähige *g*) Zauberlehrling Darian zur Seite gestellt und die beiden Jungen bekommen von der Königin zwei Regenbogenpferde, die schneller als jedes andere Tier die Strecke bewältigen können. Doch im Grenzland angekommen, müssen die beiden Reisenden entdecken, dass nicht eins der vielen Gerüchte stimmt, die sie bislang über diese Region gehört hatten. Statt dessen geraten sie in einen Krieg zwischen dem Herrschenden und einer kleinen Rebellengruppe und noch bevor Ravin und Darian sich umgucken können, sind sie mitten im Kampfgeschehen.
Wie schon bei „Die Sturmrufer“ kann ich Nina Blazons fantastische Welt wirklich genießen. Ihr gelingt es die (für mich) richtige Mischung aus vertrauten Elementen und ganz eigenen Geschöpfen und Gebräuchen in ihrer Geschichte zu verwenden. So muss ich mir nicht ständig den Kopf zerbrechen, was es jetzt schon wieder mit einer Anspielung, einem Brauch oder einem Volk auf sich hat, finde aber immer wieder kleine ungewöhnliche Dinge, die mein Interesse wecken.
Obwohl Ravin und Darian auf den ersten Blick als „der Naturbursche“ und „der unfähige Zauberlehrling“ sehr klassische besetzt sind, haben mir die beiden ebenso gut gefallen, wie die weiteren Charaktere, die die Autorin im Laufe der Geschichte einführt. Ihre Reaktionen und Beweggründe sind recht realistisch und zum Teil auch sehr vielschichtig und machen sie sympathisch. Allerdings sind sie mir nicht so weit ans Herz gewachsen, dass ich mit ihnen so sehr mitfieberte, dass ich alles um mich herum vergaß.
Dafür haben es mir mal wieder die ungewöhnlichen Nebenfiguren angetan, wie die Feuernymphe, die ihr Herz für Ravin entdeckt, und der Naj (ein Wassergeschöpf), der auf seine ganz eigene Art versucht die Reisenden vor einer Gefahr zu warnen. Nina Blazons Fabelwesen sind angenehm „unmenschlich“, nicht böse, nicht gut, sondern einfach von ihrer Neugier und ihren Instinkten und Bedürfnissen getrieben. Auch gefällt es mir, dass sie für viele Orte, Geschöpfe und Erscheinungen Märchen erfunden hat, die sie geschickt in die Geschichte einflechtet und die meine Fantasie angeregt haben. Obwohl das „überraschende“ Ende für mich etwas zu vorhersehbar war, hat mir das Buch so gut gefallen, dass ich mir gleich den zweiten Teil der Reihe ertauscht habe. 🙂