Auch „Bill The Vampire“ ist ein Modern-Magic-Bundle-Titel und so spannend es auch ist, dass ich keine Ahnung habe, was mich bei all den Romanen erwartet, die ich in dem Bundle gekauft habe: Auf „Bill The Vampire“ hätte ich doch recht gut verzichten können. Ich wundere mich im Nachhinein nur, wo all die guten Bewertungen auf den diversen Portalen herkommen. Auch Rick Gualtieri hat seine Geschichte anscheinend für den typischen nerdigen spätpubertierenden männlichen Leser geschrieben. Doch während ich „Hard Day’s Night“ unterhaltsam und die Protagonisten auf ihre unbeholfene Art sympathisch fand und auch mit „Days Gone Bad“ – von ein paar Kleinigkeiten abgesehen – in dieser Beziehung gut zurechtkam, fühle ich mich von Bill, seinen „schlagfertigen“ Bemerkungen, seinen Unterhaltungen mit seinen ebenso nerdigen Mitbewohnern und vor allem von seiner Sicht auf Frauen wirklich genervt.
Nachdem Bill an einem Samstagnachmittag einen Haufen Geld bei seinem Dealer für Miniaturen und D&D-Regelwerk-Erweiterungen ausgegeben hat, wird er in der U-Bahnstation von einem Mädchen angesprochen. Genauer gesagt von einem dieser Mädchen, die einen Typen wie ihn normalerweise nicht einmal sehen würden. Kurz darauf lädt Sally ihn sogar noch zu einer Party ein, die am gleichen Abend in SoHo stattfinden wird. Während Bill zwischen „Was will sie von mir? Wieso habe ich heute so ein Glück?“ und „Wie bekomme ich sie flachgelegt?“ schwankt, stellt er fest, dass auf der Party vor allem Leute zugegen sind, die den optischen Anforderungen eines TV-Serien-Casting-Teams entsprechen. Nur er und eine Handvoll anderer Männer sehen aus, als ob sie nicht dazugehörten – und schau an, wenig später stellt Bill fest, dass er und die anderen Außenseiter weniger als Gäste denn als abendlicher Snack zu einer Vampirparty eingeladen wurden.
Da es Bill aber gelingt, einen besonders einflussreichen Vampir bei seinem Fluchtversuch zu erheitern, bekommt er eine Gnadenfrist. 90 Tage lang steht er nun unter dem Schutz dieses Vampirs und muss seinen Nutzen für die Vampire von SoHo beweisen – was gar nicht so einfach ist, wenn man bedenkt, dass er den Anführer genau dieser Vampire gerade sehr blöd hat dastehen lassen. Wenn man mal davon absieht, dass Bill nun etwas stärker als früher ist, Blut zum Überleben benötigt und bei direkten Sonnenlicht in Flammen aufgeht, ändert sich für ihn eigentlich nicht viel. Er kann weiterhin seinem Job als Games-Programmierer nachgehen, während seine Mitbewohner Tom und Ed herauszufinden versuchen, welchen Regeln Bill von nun an unterworfen ist. (Die Sache mit der Kirche funktioniert übrigens nicht, während Bill nun anfängt zu kokeln, wenn er die Optimus-Prime-Actionfigur seines Freundes anfasst.)
Die Geschichte hätte nett und unterhaltsam werden können, wenn Bill nicht so unglaublich nervig gewesen wäre. Abgesehen davon, dass er regelmäßig den Leser anspricht (was ich wirklich nicht mag), ständig auf alles mit „witzigen“ Einzeilern reagiert (die definitiv nicht amüsant, sondern eher ein Armutszeugnis bezüglich seines Intellekts sind) und er bei jedem Gespräch mit einer Frau zwischen „oh, sie nimmt mich wahr“ und „wie bekomme ich sie nackt auf den Rücken?“ schwankt, entwickelt er keinerlei Eigeninitiative. Jeder einzelne Schritt in der Geschichte wird durch äußere Umstände (der Anführer der SoHo-Vampire will ihn loswerden) erzwungen und ohne die Einsatzbereitschaft seiner Freunde Tom und Ed oder die vorausschauende und intrigante Art von Sally wäre Bill innerhalb der ersten 24 Stunden seines Vampirdaseins draufgegangen. Was mir einige Stunden voller „Boah, ist das bescheuert!“- und „Ich hasse den Protagonisten“-Momente erspart hätte.
Ich frage mich nun nicht nur, wie es diese Geschichte überhaupt zur Veröffentlichung durch einen Verlag geschafft hat, sondern auch, was für Leser es sind, die auch noch ganze sechs Bände mit dieser Hauptfigur ertragen haben. Vor allem, da ich bei meiner Suche nach einer Erklärung für all die guten Wertungen über eine Diskussion gestolpert bin, die davon zeugt, dass es in all diesen Fortsetzungen (weiterhin) keinerlei Charakterentwicklung geben wird. „Bill The Vampire“ ist für mich bislang eindeutig der Tiefpunkt des Modern-Magic-Bundles.