„Love Like You’ve Never Been Hurt“ ist der erste Band der Summer-Lake-Romane und war Bestandteil eines dreiteiligen Bundles, das es mal umsonst als eBook gab. Da ich das Gefühl hatte, ich könnte man wieder einen netten, vorhersehbaren und wenig anspruchsvollen Liebesroman benötigen, hatte ich zugegriffen. Theoretisch hätte das Buch diese Kriterien auch erfüllt, wenn die Geschichte und die Charaktere nicht so unfassbar schrecklich gewesen wären. Vor allem ging mir die Protagonistin Emma auf die Nerven. Das fing schon beim ersten Zusammentreffen mit ihrem männlichen Gegenpart Jack an, als sie einen Blick auf ihn warf und sich sicher war, dass er jemand ist, der reihenweise Frauen flachlegt und dem man nicht vertrauen kann. Sie kennt den Mann nicht, findet nur, dass er großartig aussieht, gut riecht und schöne Augen hat und geht trotzdem davon aus, dass er grundsätzlich ein betrügender Mistkerl ist. Selbst als sie herausfindet, dass der Typ der langjährige Geschäftspartner ihres besten Freundes aus Kindheitstagen ist, kommt sie nicht auf den Gedanken ihren Freund zu fragen, was für ein Mensch Jack ist oder sich zu überlegen, ob ihr Freund jahrelang mit einem Mann zusammenarbeiten könnte, der bedenkenlos Frauen ausnutzen würde.
Aber Emma hat nicht nur wahnsinnige Vorurteile gegen gutaussehende Männer, die sich durchgehend nett, humorvoll und aufmerksam präsentieren, sie ist auch seit zehn Jahren wahnsinnig erfolgreich in ihrem Job als Drehbuchautorin, obwohl sie ihre Tätigkeit hasst. Denn Emma tut nichts anderes, als andere Leute Romane in eine verfilmbare Version umzuschreiben. Was so unbefriedigend ist. Und wofür sie in L.A. leben muss, obwohl sie die Stadt schrecklich findet und sich ständig nach dem kleinen Ort am Summer Lake sehnt, in dem sie aufgewachsen ist und wo noch ihr Großvater lebt. Außerdem hat sie ständig so viel zu tun und ihre Agentin überhäuft sie andauernd mit Aufträgen, obwohl Emma ihre Arbeit doch gar nicht machen mag. Und weil alles so doof ist, überlegt sich Emma, dass sie sich doch den Sommer freinehmen könnte, um ein Buch zu schreiben. Einfach so. Sie hat vorher anscheinend noch nie darüber nachgedacht, dass sie doch einen Roman schreiben könnte. Sie hat keine Idee, die sie verwirklichen möchte. Sie will einfach nur ihren Job hinter sich lassen und mal etwas anderes schreiben als andere Leute Geschichten. Was ich grundsätzlich verstehen kann, ich kapiere nur nicht, warum diese Figur zehn Jahre gebraucht hat, um auf die Idee zu kommen.
Auch Jack hat mich überraschend schnell auf die Palme gebracht, obwohl er anfangs wie ein sympathischer und verständnisvoller Mann wirkt und im Gegensatz zu Emma eigentlich sehr aufmerksam ist und versucht auf ihre Befindlichkeiten Rücksicht zu nehmen. Aber egal wie blöd Emmas Gründe für ihre „ich vertraue keinen gutaussehenden netten Männern und will keine Beziehung“-Politik sind, so kann ich einen Mann, der erst sagt, er akzeptiere es, dass sie nur Freundschaft will, und dann jede Gelegenheit nutzt um der Frau auf die Pelle zurücken, auch nicht als sympathischen Protagonisten annehmen. Wäre er wirklich ein netter und vertrauenswürdiger Mensch, dann würde er sie nicht immer wieder küssen oder seine Hände so auf ein Geländer legen, dass sie dazwischen gefangen wird oder ähnliches. Bei so einem Verhalten ist es mir egal, ob Jack ein liebevoller großer Bruder, ein verantwortungsvoller Geschäftspartner, ein guter Kumpel und in vielen anderen Dingen wirklich aufmerksam und rücksichtsvoll ist. Mir ist auch egal, dass das „nur“ ein Buch ist und von vornherein klar ist, dass die beiden eh am Ende der Geschichte ein Liebespaar sind. Das Verhalten ist nicht okay.
Angesichts dieser Kritikpunkte sind all die anderen Dinge, die mich geärgert habe, eigentlich nur Kleinigkeiten. Ich war z.B. bereit hinzunehmen, dass mir ständig erzählt wird, wie viel Emma zu tun hat und wie hart sie immer arbeitet – und dass es trotzdem kein Problem ist innerhalb einer Woche mal eben den Sommer frei zu nehmen. Ich konnte sogar damit leben, dass Emma keinen Moment lang darüber nachdenken muss, dass ein Sommer ohne Arbeit eben auch einen Sommer ohne Einkommen bedeutet. Allerdings fand ich es schon arg seltsam, dass sie anscheinend vergessen hat, dass sie ein Haus am Summer Lake besitzt, bis sie ein Freund daran erinnert, dass sie doch darin wohnen könnte. Wenn mir aber jemand erzählen will, dass zwei Männer, die in der Baubranche arbeiten, bis zum Herbst nicht viel zu tun haben und deshalb spontan wochenlang in ihrer Millionenfirma ausfallen können, um ein privates Projekt durchzuziehen (für das sie natürlich auch einen Handwerkertrupp mitbringen müssen, der anscheinend bis zu diesem Zeitpunkt beschäftigungsfrei rumhing), dann fängt es an an mir zu nagen. Ich erwarte ja nicht, dass ein simpler Liebesroman realistisch ist, aber wenn sich in einer Geschichte die Ungereimtheiten häufen und dazu noch die Charaktere entweder farblos (wie die Nebenfiguren in diesem Buch) oder nervig (wie die Protagonisten) sind, dann macht es wirklich keinen Spaß mehr.
Vor allem in der zweiten Hälfte ging es nur noch darum, dass Emma bei jeder Gelegenheit davon ausgeht, dass Jack sie enttäuschen wird und eigentlich lieber mit anderen Frauen als mit ihr zusammen wäre, während jede andere Figur in der Geschichte Emma davon zu überzeugen versucht, dass ihr Verhalten irrational ist und sie diejenige ist, die sich selber wehtut. Eine Runde lang hätte ich das ja noch akzeptieren können, aber 150 Seiten in Dauerschleife Dialoge lesen zu müssen, in denen immer wieder jede vorkommende Person versucht vernünftig mit Emma zu reden, während ihre gesamte Reaktion aus Selbstmitleid, „ich will mit niemandem reden“ und „er ist ja so sexy, aber er wird mir das Herz brechen“ besteht, ist überraschend anstrengend. Dummerweise habe ich es nicht fertig gebracht den Roman abzubrechen, weil ein Teil von mir immer noch davon ausging, dass das doch nicht alles gewesen sein konnte und dass da irgendwo noch so etwas wie eine Geschichte auf mich warten würde.
Nebenbemerkung 1:
Erschreckenderweise bin ich sogar versucht den zweiten Band auch noch anzufangen, weil ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, wie die Autorin irgendeinen Konflikt oder sonstige Handlung heraufbeschwören kann, wenn sich die Handlung um diese beiden netten, vernünftigen und superduper harmonischen Nebenfiguren geht, die einander im Prinzip schon während „Love Like You’ve Never Been Hurt“ gefunden hatten.
Nebenbemerkung 2:
Ooookay, der große Konflikt im zweiten Teil („Work Like You Don’t Need The Money“) besteht darin, dass sie denkt, sie wäre ihm gesellschaftlich und finanziell nicht ebenbürtig – sie besitzt ja nur eine Boutique mit mehreren Angestellten und kein Bauunternehmen -, weshalb eine Beziehung ja eh nicht funktionieren könnte, während er eigentlich keine Beziehung will, weil er noch vier Jahre arbeiten muss, bevor er seine Firma soweit hat, dass er sie zugunsten einer Familiengründung vernachlässigen kann. Kann mir bitte irgendwer verraten, warum diese Bücher auf den diversen Plattformen so gut bewertet werden, wenn ich nach drei Kapiteln schon wieder so genervt von den Protagonisten bin, dass ich am Liebsten meinen eReader verbrennen würde?