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Truman Capote: Frühstück bei Tiffany

Es gibt wohl kaum jemanden, der nicht zumindest schon von dem Film „Frühstück bei Tiffany“ gehört hat – und die meisten werden diesen Film auch kennen (und vielleicht sogar lieben). Das Drehbuch basiert auf einer Novelle von Truman Capote und obwohl mir das bekannt war, bin ich eigentlich nie auf den Gedanken gekommen, die Geschichte mal zu lesen. Doch im letzten Jahr habe ich die schöne Ausgabe von Kein & Aber von einer guten Freundin geschenkt bekommen und bin vor kurzem endlich dazu gekommen das Buch zu lesen.

Da ich durch den Film und Audrey Hepburn sehr vorbelastet bin, war es ungemein faszinierend das Original zu lesen und nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden zu gucken. Ich weiß nicht, ob er schon eine bestimmte Frau vor Augen hatte, als Truman Capote diese Geschichte – oder eher Episode – aus dem Leben von Holly Golightly und dem Erzähler schrieb, aber für die Verfilmung wollte er (und ich weiß gerade nicht mehr, wo ich die Information gefunden hatte) eigentlich Marilyn Monroe als Hauptdarstellerin haben! So nett ich die Schauspielerin finde, so hätte sie meiner Meinung nach überhaupt nicht gepasst. Viel zu weich (Mimik, Stimme und Figur!) wäre sie für die Rolle der Holly gewesen. Vor allem, da auch Truman Capote seine Hauptfigur als eine eher knabenhaft-schlanke Frau beschrieb.

Doch trotz all der Unterschiede und trotz all der Dinge, die mir vertraut waren und die ich wiedererkannt habe, hat mich „Frühstück bei Tiffany“ auch für sich überzeug. Holly Golightly mit den Augen des Erzählers kennenzulernen, zu erleben, wie ihre Umwelt auf sie reagiert und wie sie – zwischen Berechnung und Naivität schwankend – versucht ihren Weg im Leben zu finden, ist einfach großartig zu verfolgen. Doch im Gegensatz zum Film hat man nicht das Gefühl, dass die Geschichte erst einmal einen Abschluss gefunden hat.

Zusammen mit dem Erzähler lernt man Holly Golightly kennen. Anfangs nur als exzentrische Nachbarin, die den neu eingezogenen Schriftsteller regelmäßig aus dem Bett klingelt, weil sie in der Nacht nach Hause kommt, ohne einen Schlüssel dabei zu haben. Dann als verwirrende und bezaubernde Frau, die vor einem Verehrer Zuflucht sucht und später in vielen kleinen – immer persönlicher werdenden – Begegnungen. Der Erzähler ist ungemein fasziniert von dieser ungewöhnlichen Persönlichkeit und mit ihm der Leser.

Ich glaube, dass Holly gerade deshalb so fesselnd ist, weil sie auf den ersten Blick zwar so leicht und unabhängig durchs Leben zu gehen scheint, aber doch eigentlich eine traurige Figur ist, die vor Beziehungen flüchtet und sich doch nach einem Zuhause sehnt. Gleich zu Beginn des Buches weiß man, dass der Erzähler seine ehemalige Nachbarin schon sehr lange Zeit nicht mehr gesehen hat und dieses Wissen schwingt bei jeder Szene mit. Immer wieder habe ich mich gefragt, wo der Wendepunkt ist, der dafür sorgte, dass Holly und der Schriftsteller den Kontakt verloren haben.

Jede kleine Szene habe ich genossen – und ehrlich gesagt auch immer wieder das Gelesene mit dem Film verglichen und keines für besser oder schlechter befinden können. Beide Geschichten haben ihre ganz eigene Gewichtungen und auch wenn mich das angedeutete Happy End des Films immer wieder rührt, so hat mich das Lesen des Buches genauso befriedigt. Ich bin sehr froh, dass meine Freundin mir diese wunderschöne Geschichte geschenkt hat und ich so tolle Momente mit Holly Golightly verbringen konnte!

Oh, und ich sage ja selten ein Wort zur Ausgabe, aber diese hier hat wirklich ein paar lobende Erwähnungen verdient! Nicht nur, dass der schwarze Seideneinband wunderschön anzuschauen ist und sich ebenso schön anfühlt, sondern auch die Modeskizzen von Hubert de Givenchy (der unter anderem das kleine schwarze Kleid, das Audrey Hepburn in der Verfilmung trägt, entworfen hat) – eine davon ist in Silber auf dem Cover zu sehen, drei weitere sind im Buch abgedruckt – sind einen Blick wert und tragen ihren Teil dazu bei, um die richtige Stimmung beim Lesen zu erzeugen.