Obwohl ich bislang von Tansy Rayner Roberts vor allem humorvolle Fantasy gelesen habe, war es lustigerweise die Creature-Court-Reihe, die mich überhaupt erst auf die Autorin gebracht hatte. Irgendwie war ich über einen Kickstarter der Autorin gestolpert, mit dem sie die Neuauflage der drei Romane und die Veröffentlichung einer neuen Novella finanzieren wollte und weil die Bücher gut klangen und ich sehr viele Geschichten für einen überschaubaren finanziellen Beitrag bekommen sollte, habe ich mitgemacht. Am Ende hat das dazu geführt, dass ich mich seit ein paar Monaten mehr oder weniger systematisch durch Tansy Rayner Roberts‘ Veröffentlichungen lese und relativ hemmungslos die eBooks nachkaufe, die mir zur Vervollständigung der verschiedenen Reihen fehlen – für die Autorin hat sich mein Anteil an diesem Kickstarter definitiv gelohnt und ich beschwere mich auch nicht über all die Lesestunden, in denen ich mich bislang gut unterhalten gefühlt habe. 😉
Während bislang eigentlich alles sehr humorvoll gehalten war, was ich von Tansy Rayner Roberts gelesen habe, ist die Creature-Court-Reihe eher düstere Fantasy mit „Flappers“, Gestaltwandlern und einer nächtlichen Welt voller Kämpfe, Intrigen und Gefahren. Ich muss gestehen, dass bei „Power and Majesty“ der Flapper-Anteil relativ spät kommt und ich die Geschichte anfangs – dank der diversen Feiertage und Bezeichnungen – grob in „modernen“ römischen Zeiten einordnete. Aber auch ohne spürbaren 20er-Jahre-Anteil in den ersten Kapiteln fand ich die Grundidee hinter dieser Geschichte und den Ausbau der Welt von der ersten Seite an sehr cool. Den Großteil der Handlung verfolgt man aus den Perspektiven von Velody und Ashiol, die anfangs zwei vollkommen gegensätzliche Leben führen.
Während Velody zur Schneiderin ausgebildet wird und ihre größten Probleme in den ersten Jahren darin liegen, dass sie sich in der – für ein Mädchen aus einer Kleinstadt – überwältigend großen Stadt Aufleur nicht wohlfühlt, in die sie für sieben Jahre zur Ausbildung geschickt wird, kämpft Ashiol nachts über den Dächern von Aufleur um das Überleben der Stadt und gegen den Wahnsinn seines Herrschers. Velody weiß ebensowenig wie die restlichen Bewohner von Aufleur von den Ereignissen, die Nacht für Nacht unter und über der Stadt stattfinden. Ihr Leben wird von eher alltäglichen Begebenheiten und den diversen Feiertagen, die in Aufleur begangen werden, bestimmt. Einzig die Tatsache, dass sie – ebenso wie ihre beiden Freundinnen Delphine und Rhian – einige Erinnerungslücken bezüglich ihrer Vergangenheit hat, beunruhigt Velody. Erst als sie gegen ihren Willen in die Ereignisse rund um den Creature Court verwickelt wird, findet sie heraus, was diese Erinnerungslücken verursacht hat und welche Kämpfe in der Nacht gefochten werden.
Wirklich neu ist die Idee rund um den Creature Court eigentlich nicht. Die Autorin mischt da eine Gruppe von Gestaltwandlern mit einer gewalttätigen Lebensweise, seltsamen Abhängigkeitsverhältnissen, Sex und einer Spur von Vampirismus und packt dazu den großen nächtlichen Kampf gegen den Himmel. Keines dieser Elemente würde mich packen, wenn Tansy Rayner Roberts nicht auf der einen Seite wirklich toller Charaktere geschaffen hätte und es auf der anderen Seite nicht immer wieder großartige und überraschende Entwicklungen zwischen Velody und dem Creature Court geben würde. Da Velody erst als erwachsene Frau zu dieser dunklen Gesellschaft stößt und vollkommen unbelastet ist von all den Vorgeschichten, Intrigen und Verbindungen, sind ihre Handlungen für die anderen Beteiligten unberechenbar, während sie selbst alles dafür tut, um innerhalb der Möglichkeiten, die der Creature Court bietet, so menschlich wie möglich zu bleiben.
Durch all die überraschenden und ungewöhnlichen Elemente in „Power and Majesty“ fand ich diese Fantasygeschichte erstaunlich packend und erfrischend zu lesen. Ich habe die verschiedenen Charaktere mit all ihren Stärken und Schwächen schnell ins Herz geschlossen, und vor allem freue ich mich sehr, dass ich mit „The Shattered City“, „Reign of Beasts“ und „Cabaret of Monsters“ noch einige Geschichten in dieser seltsamen und düsteren Welt vor mir habe und noch mehr Abenteuer mit Velody, Ashiol und den anderen Mitglieder des Creature Court erleben darf. Ich freu mich wirklich darüber, dass es der Autorin so gut gelungen ist, aus vertrauten und inzwischen eigentlich wenig reizvollen Urban-Fantasy-Aspekten eine solch ungewöhnliche und unterhaltsame Geschichte zu schaffen.