„Rise of the Jumbies“ von Tracey Baptiste ist die Fortsetzung von „The Jumbies“ und auch hier verwendet die Autorin wieder Legenden, die sie in ihrer Kindheit in Trinidad gehört hat, sowie Elemente afrikanischer Legenden. Die Geschichte spielt einige Wochen nach Corinnes Kampf gegen die Jumbie Severine. Für Corinne hat sich seitdem so einiges geändert. Denn jetzt, da ihre Nachbarn wissen, dass Corinnes Mutter eine Jumbie war, wird das Mädchen von vielen mit Misstrauen betrachtet und für die Angriffe der Jumbies verantwortlich gemacht.
Auch ihr Verhältnis zu ihren Freunden Dru, Malik und Bouki wurde durch diese Enthüllung etwas getrübt, denn obwohl sie ihr weiterhin zur Seite stehen, gibt es doch immer wieder Momente, in denen sie Corinnes Absichten zu hinterfragen oder sogar etwas Angst vor ihr zu haben scheinen. Trotzdem könnte das Mädchen sein Leben normal weiterführen, wenn nicht von einem Tag auf den anderen Kinder auf der Insel verschwinden würden. Die Suche nach dem Verantwortlichen für die Entführung der Kinder führt Corinne, Dru, Malik und Bouki in die Tiefen des Meeres, wo sie Mama D’Leau um Hilfe bitten. Doch Mama D’Leau ist nicht nur eine der mächtigsten Jumbies, sie gewährt ihre Hilfe auch nicht, ohne eine Gegenleistung dafür zu verlangen.
So gut mir „The Jumbies“ schon gefallen hatte, so fand ich „Rise of the Jumbies“ noch besser als das erste Buch rund um Corinnes Abenteuer mit den übernatürlichen Wesen. Nachdem Tracey Baptiste im Auftaktband der Reihe die Grundlagen gelegt hat, kann sie in „Rise of the Jumbies“ nicht nur tiefer in karibische und afrikanische Legenden eintauchen, sondern auch mehr Details rund um die Jumbies erzählen. Für Corinne bedeutet die Suche nach den verschwundenen Kindern und die damit verbundenen Abenteuer und Gefahren vor allem eine Suche nach ihrer eigenen Identität. Sie muss für sich herausfinden, was es bedeutet, dass sie zur Hälfte ein Mensch und zur Hälfte eine Jumbie ist, und sie muss einen Weg finden, damit ihre Nachbarn sie so akzeptieren, wie sie ist. Außerdem lernt sie – ebenso wie ihre Freunde – mehr über den Weg, den ihre Vorfahren auf die Insel genommen haben, und was mit denjenigen passierte, die nicht heil auf der Insel ankamen. Dabei flicht Tracey Baptiste kindgerecht, aber nicht beschönigend Details über den Handel mit schwarzen Menschen ein, die von Afrika aus unter schlimmsten Bedingungen in die verschiedenen Kolonien verschifft wurden.
Es gab so einige Szenen in „Rise of the Jumbies“, die mich wirklich berührt haben, und ich mochte es sehr, wie die Autorin immer wieder in ihrer Geschichte auf die Frage zurückkommt, ob „Vergessen“ oder „Erinnern und Auseinandersetzen“ der bessere Weg ist, um mit der Vergangenheit und der eigenen Identität umzugehen. Außerdem muss Corinne angesichts ihrer Herkunft und ihrer Verwandtschaft zu Severine natürlich auch darüber nachdenken, was es bedeutet, eine Familie zu sein und wie weit die Loyalität gegenüber Familienmitgliedern gehen muss, vor allem, wenn diese dir nicht so nahestehen wie andere Menschen, mit denen du nicht verwandt bist.
Mir gefällt es sehr, wie Tracey Baptiste all diese Themen anschneidet, ohne dem Leser dabei einen einfachen Weg zu bieten oder gar zu behaupten, dass es nur eine Lösung für all diese Fragen gibt. Stattdessen gestattet die Autorin dem Leser, sich seine eigenen Gedanken zu machen, mit Corinne und ihren Freunden mitzuleiden und zu hoffen, dass sie sich alle so weiterentwickeln, dass sie am Ende eine Antwort für ihre Fragen und Problemen finden werden. Und trotz all dieser nachdenklich machenden und berührenden Szenen gibt es immer wieder amüsante Dialoge oder Momente, die einen zum Schmunzeln bringen und dafür sorgen, dass die Atmosphäre in „Rise of the Jumbies“ nicht zu trüb wird und die Geschichte einen gut unterhält.