Donnerstagabend habe ich folgenden Satz getwittert: „Ich hab in 32 Stunden neben Arbeit, Haushalt und normalem Schlafpensum drei Bücher mit insgesamt 1428 Seiten gelesen. Ich brauch nen Entzug.“ Und dann setzte ich mich hin und las vor dem Schlafengehen noch ein Kinderbuch … Anscheinend hatte irgendein Teil von mir mal wieder das Bedürfnis nach einem Buchrausch, und den habe ich in den letzten Tagen auch – dank einem Haufen Bibliotheksbücher – befriedigt.
Angefangen habe ich Mittwochmittag (zu meiner normalen „Frühstückszeit“) mit „Tage wie diese“ von John Green, Maureen Johnson und Lauren Myracle. Das Buch hatte ich schon auf mehreren Blogs besprochen gesehen und am Ende hatte mich Katrin von den BuchSaiten dazu gebracht, es in der Bibliothek vorzubestellen.
Drei Autoren (darunter John Green, dessen „Eine wie Alaska“ mir so gut gefallen hatte), die drei (Liebes-)Geschichten für Jugendliche schreiben, die alle miteinander verknüpft sind, das klang reizvoll und war gut zu lesen. Hilfreich war auch, dass Mittwoch mein „PC-freier“ Nachmittag ist und dass ich mir – dank eines eingeklemmten Nervs, der gerade die rechte Hand etwas einschränkt, – auch nichts Dringendes vorgenommen hatte. So habe ich meine üblichen Mittwochsaufgaben erledigt und immer, wenn die Hand muckte, dann habe ich mich wieder meinem Buch widmen können.
„Tage wie diese“ habe ich einfach so runterlesen können, ich mochte alle drei Geschichten, trotz einer gewissen Vorhersehbarkeit, auch wenn ich nicht mit jeder Hauptfigur etwas anfangen konnte. Vor allem das Mädchen, um das es in der letzten Geschichte ging, wäre mir normalerweise schrecklich auf die Nerven gegangen – und ich halte es der Autorin zugute, dass sie so über Addie schreibt, dass ich die Handlung trotz der Egozentrik des Mädchens genießen konnte. Der Erzählstil hat mir bei allen drei Autoren gefallen, ebenso wie die verschiedenen seltsamen Ereignisse und das Einflechten der Figuren, die man schon aus den jeweils anderen beiden Geschichten kannte. Das war ein schöner, entspannter Nachmittag mit drei – mehr oder weniger – ungewöhnlichen Liebesgeschichten.
Und weil ich mich danach in einer Stimmung befand, in der ich „nett, dümpelig und vielleicht etwas romantisch“ lesen wollte, habe ich am Mittwoch nach dem Abendessen dann zu „Märchenprinz“ gegriffen. Das war eine Empfehlung von SusiB von Susis Bücherblog und ich habe das Buch schon seit Januar hier rumliegen. So langsam wurde es Zeit, den Roman endlich der Bibliothek zurückzugeben, aber vorher musste ich ja noch einen Blick reinwerfen, um zu entscheiden, ob ich es bis zum Samstag (Abgabetag) noch lesen wollte oder nicht.
So recht konnte mich das Buch anfangs nicht fesseln. In „Märchenprinz“ von Marian Keyes dreht sich alles um die Verlobung von Paddy de Courcy, einem irischen Politiker, und wie vier Frauen auf die Nachricht seiner bevorstehenden Hochzeit reagieren. Diese Frauen sind Lola (seine Freundin, aber nicht seine Verlobte), Grace (eine Journalistin, die Paddy vor langer Zeit kannte), Marnie (Graces Schwester und frühere Freundin von Paddy) und Alicia (Paddys Verlobte, die von ihrer bevorstehenden Ehe erst aus der Presse erfahren hatte). Die ersten 300 Seiten lang habe ich immer wieder überlegt, ob ich das Buch zur Seite lege, weil ich das Gefühl hatte, die Handlung würde mich nicht packen. Lola war so schrecklich jämmerlich, und gerade als ich mich einigermaßen an sie gewöhnt hatte, kam der erste Perspektivwechsel, aber auf der anderen Seite war ich auch neugierig darauf, was die anderen Frauen mit Paddy verband und was hinter den kleinen Untertönen steckte, die zwischen den Zeilen zu lesen waren. So habe ich nicht nur den Rest des Mittwochabends mit dem Buch verbracht, sondern es Donnerstag weitergelesen, bis ich es durchhatte (wobei ich nachmittags etwas mehr Zeit zum Lesen hatte als sonst, weil ich eine gute Stunde auf den Typen gewartet hatte, der sich unseren Obstbaum ansehen sollte). Und bei den letzten Kapiteln, die ich kurz nach dem Abendessen konsumierte, hatte mein Mann auch keine Chance mehr, mit mir ein Gespräch zu führen, weil ich dann in der Geschichte zu sehr drin war. Blöderweise hatte ich den Roman schon so gegen 20 Uhr durch und somit brauchte ich für den Rest des Abends ja noch weitere Lektüre. Aber da gab es ja noch das Buch, über das ich bei Grete (Buchjunkie) gestolpert war …
Auch „Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede“ von Haruki Murakami sollte ich so langsam wieder in die Bibliothek bringen (auch wenn ich den Titel eigentlich noch verlängern könnte), schön dünn ist das Buch auch und ich brauchte dringend eine Abwechslung von den (mehr oder weniger) tragischen Liebesgeschichten. Bei gerade mal 164 Seiten dauerte es auch nicht lange, das Buch zu lesen, um 22.15 Uhr war ich damit fertig – und ich hatte nicht einmal das Gefühl, ich hätte mich damit beeilt. Im Gegenteil, immer wieder bin ich über Passagen gestolpert, die ich meinem Mann gezeigt habe, die ich ihm vorlas oder bei denen mir Dinge einfielen, die ich ihm erzählen wollte. Oder ich hing einfach nur meinen Gedanken nach und habe für mich etwas aus Murakamis Gedanken zu seiner Einstellung zum Laufen und zum Schreiben gezogen. Vielleicht sollte ich dazu noch sagen, dass ich von Murakami noch nie einen Roman gelesen habe und dass ich kein Mensch bin, der jemals eine Langstrecke laufen wird. Trotzdem haben mich die Gedanken des Autors in diesem Buch, gerade weil sie oft so schlicht formuliert wurden oder gar unstrukturiert wirkten, so sehr beeindruckt, dass der Titel nun auf meine Wunschliste gewandert ist.
Nach dieser intensiven Lesephase hatte ich das Bedürfnis nach einer Auszeit, ich wanderte kurz an den PC, rechnete Seiten zusammen („Tage wie diese“ = 400 Seiten, „Märchenprinz“ = 864 Seiten, „Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede“ = 164 Seiten -> insgesamt 1428 Seiten), twitterte, fuhr den PC runter, wuselte durch die Wohnung und bemerkte, dass ich so noch nicht ins Bett gehen konnte. Auf der einen Seite war der Kopf noch zu voll, auf der anderen Seite juckte es in den Fingern schon wieder nach einem Buch.
So kam ich auf den Gedanken, noch einen Blick in „Der magische Dieb – Auf der Jagd nach dem Stein der Macht“ zu werfen. Eigentlich wollte ich nur herausfinden, ob es der richtige Frühstücksbegleiter ist – und dann konnte ich es nicht mehr aus der Hand legen. Ich weiß übrigens nicht mehr, wer mich auf dieses Kinderbuch gebracht hat, aber nach dem ersten Kapitel war mir die Hauptfigur schon so ans Herz gewachsen, dass ich noch ein bisschen weiterlesen wollte. Um halb eins bin ich dann übrigens ins Bett gegangen, hatte den Kopf voller magischer Theorien, ein weiteres Buch mehr auf meinem Wunschzettel, noch einmal 304 Seiten gelesen und das schöne Gefühl, dass ich mal wieder ein paar richtig schöne und entspannte Lesestunden hinter mir liegen hatte.
Trotzdem muss ich zugeben, dass ich nach 1732 Seiten in knapp zwei Tagen, doch eine kleine Leseauszeit benötige. Und dass ich am Freitag endlich „Nachtgeister“ angefangen habe, hat nur damit zu tun, dass ich beim Frühstück ungern einfach so in die Gegend gucke … 😉
Das klingt in der Tat nach einem berauschenden Leseerlebnis in nicht ganz zwei Tagen! Von den Autoren sagt mir übrigens nur Murakami etwas 😉
Abgesehen von John Green waren sie für mich auch alle neu. Richtig erwischt hat mich vor allem "Der magische Dieb" – und da es eine Trilogie ist, werde ich in Zukunft die Augen nach den weiteren Teilen aufhalten. 🙂
Das klingt in der Tat nach nem Rausch – ich glaub, so viele Bücher in so kurzer Zeit hab ich in den letzten 15 Jahren nicht geschafft!
Und da ich heute auf dem Flohmarkt nach kurzem Reinlesen ein Murakami-Buch eingesackt habe, hab ich natürlich mit besonderem Interesse deinen Eindruck zu "Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede" gelesen. Bin ja mal gespannt auf den Autor!
Ich lese auch sehr selten so viel hintereinander! ("Nachtgeister" habe ich inzwischen auch durch – und das Buch hat mir ein paar sehr ekelhafte Träume in der Nacht beschert. *g*)
Was Murakami angeht, so hege ich die Vermutung, dass dieses Buch wenig mit seinen Romanen zu tun hat. Aber spannend war es. 🙂
Wenn schon ein Lauf-Buch spannend ist, wie grandios muss dann erst ein Roman von ihm sein?! *g*
"Nachtgeister" steht hier auch noch rum … Gefällt mir das?
Wenn du so argumentierst … 😀 Dann fang mal mit dem Roman an und sag mir danach wie er dir gefallen hat. 🙂
Ich würde dir von "Nachtgeister" eher abraten. Meiner Meinung nach hättest du mit dem Buch (auch wenn es nicht so langatmig erzählt wird und ein anderes Grundthema hat) ein ähnliches Problem wie mit dem "Kinderdieb".
@Irina
Welches Murakami-Buch hast Du denn eingesackt? Ich würde nicht gerade mit "Tanz mit dem Schafsmann" beginnen. "Naokos Lächeln" fand ich persönlich toll.
Hmpf, und wieder mal kann mein Kommentar nicht gepostet werden und ich muss ihn nochmal schreiben. Ich sollte es mir angewöhnen, vorm "erstellen" alles zu kopieren :/
Also:
Liebe Winterkatze,
Ich beneide Dich gerade in diesem Moment ungemein: Wie gerne würde ich einfach mal einen Haufen Bücher einfach so weglesen. Ich glaub, im Herbst werde ich das machen, ich schliesse mich dann für eine Woche ein 😉 Aber ernsthaft: gibt es einen besseren Weg, seine Zeit zu verbringen? "Der magische Dieb" reizt mich, ihn auch auf meine Wunschliste zu schreiben 🙂 Und was den Murakami angeht, so habe ich ja schon an anderer Stelle gesagt, dass ich das Buch auch ganz fabelhaft finde.
Ich bin gespannt, ob Du auch noch andere Bücher von ihm lesen wirst. Ich hätte da übrigens eine gewisse Auswahl in der "Ausleihe" 😉
@Irina:
Seine Romane sind naturgemäß komplett anders als dieses kleine Laufbüchlein. Darf ich fragen, welches Du auf dem Flohmarkt ergattert hast?
So oder so schreibt Murakami aber ganz wunderbar, ja, geradezu grandios. Je nach Buch sind sie mal mehr und mal weniger skurril 🙂 Ich wünsche Dir auf jeden Fall sehr viel Spass mit dem Buch und hoffe, es gefällt.
@Sayuri: Oft gönne ich mir so eine Phase auch nicht, aber diesen Leserausch habe ich wirklich genossen. Und wenn mir nicht bewusst wäre, dass ich so langsam meine Aufnahmekapazität erreicht habe, dann würde ich den Rest des Wochenendes vermutlich auch mit der Nase im Buch verbringen.
"Der magische Dieb" hat mir wirklich gut gefallen – vielleicht wäre das ja auch etwas für eine kleine Nichte? Die Bücher scheinen ja nicht so bekannt zu sein, zumindest bin ich vorher noch nicht drüber gestolpert. 😉
Was die "Ausleihmöglichkeit" angeht, so werde ich da gern einmal drauf zurückkommen – nur muss vorher der SuB (und die Zahl der ausgeliehenen und noch nicht gelesenen Bücher) deutlich sinken. 😉
Danke für die Einschätzung, Winterkatze! 🙂
Ich hab von Murakami "Wilde Schafsjagd" mitgenommen. Ich hoffe, das war nicht auch ein Fehlgriff!
@Irina:
Oh, "Wilde Schafsjagd" liess in einer ehemaligen Leserunde mal die Gemüter hochkochen – es ist eins seiner sehr frühen (evtl. sogar das erste? da bin ich gerade unsicher) Werke und es ist, "wild" im Sinne von skurril. Ich weiss nicht, wie es ist, wenn das das erste Buch ist, was man von ihm liest. Ich hatte damals mit "Mr. Aufziehvogel" angefangen (auch schon recht skurril und v.a. umfangreich). Aber Natiras Tipp, sich von "Naokos Lächeln" in den Bann ziehen zu lassen und danach auch die skurrilsten Abgründe zu erkunden, ist vielleicht eine Überlegung wert. Es hängt davon ab, wie Du zu merkwürdigen Geschichten stehst. Ach, ein Fehlgriff ist Murakami für mich nur einmal gewesen (Kafka am Strand) und das hatte ich zum Glück aus der Bib. Ansonsten finde ich ihn eigentlich immer recht anregend 😉
Ach ich meinte nat.auch die schafsjagd,,den "tanz"wollen sayuri und ich ja erst noch lesen : ). Die jagd war schon abgefahren; 😉 Murakami webt in seinen romanen sehr gern surrealeaspekte ein, mal mehr, mal weniger. Auch ich bin von ihm fasziniert, muss aber zugeben, dass schafsjagd als eistiegsbuch mich vor weiteren murakami-buechern wohl abgeschreckt haette. Aber so kannte ich schon eine weniger skurille facette von ihm und bin sogar auf den tanz mmit dem schafsmann neugierig : )
Sayuri, ich hatte ehrlich gesagt gar nicht vor, mich in nächster Zeit ausführlich mit Murakami auseinanderzusetzen. Ich hab das Buch nur mitgenommen, weil ich quasi drübergefallen bin und dachte, ich probier's mal aus – nachdem man von diesem Autor ja zunehmend hört/liest. Aber wenn ich mal über "Naokos Lächeln" stolpere, kann ich das ja auch noch einsacken! 🙂
"märchenprinz" habe ich auch gelesen, allerdings auf englisch. eigentlich habe ich alles gelesen, was keyes bislang geschrieben hat 🙂 wasser melone und märchenprinz sind meine liebsten!
danke auch für den lieben kommentar wegen filou! ich werde noch im blog antworten …
Für mich war es der ersten Kontakt mit der Keyes – und ohne die Rezension von Susi hätte ich die Autorin wohl so schnell nicht ausprobiert. 😉
Was Filou angeht: Gern geschehen. Lass dir Zeit und kümmere dich gut um Püppie. 🙂
[…] die von drei unterschiedlichen Autor.innen geschrieben wurden, vor Jahren eigentlich gleich gern (HIER ist ein Leseeindruck von mir zu dem Buch zu finden) und hatte nicht das Gefühl, ich würde einen […]